Ein Bauteil kann nur bis zur Sorptionsfeuchte bzw. Ausgleichsfeuchte ohne Zwang trocknen. Die Ausgleichsfeuchte {Ausgleichsfeuchte} wird auch Gleichgewichtsfeuchte genannt. Alle mineralischen Baustoffe nehmen aus der Umgebungsluft mehr oder weniger Wasser in gasförmiger Weise auf und geben dieses auch wieder unter bestimmten Randbedingungen an die Umgebungsluft ab.
Je nach Materialeigenschaften, Temperaturbedingungen und Feuchtegehalt der Umgebungsluft sowie des Baustoffs stellt sich ein Gleichgewicht zwischen der Aufnahme von Wasserdampf und der Abgabe von Wasserdampf an die Luft ein. Zu jeder Bauteil- und Lufttemperatur, unter Beachtung der entsprechenden Luftfeuchte, gehört somit ein bestimmter Feuchtegehalt des mineralischen Baustoffs.
Unter Zuhilfenahme von Trocknungsmaßnahmen kann ein Bauteil aus mineralischen Baustoffen unterhalb der zu erwartenden Sorptionsfeuchte bzw. Ausgleichsfeuchte bei sonst üblicher Nutzung zeitbegrenzt abgetrocknet werden. Nach Wiederherstellung der üblichen Randbedingungen im Nutzungszeitraum wird in diesem infolge des Feuchteausgleichs zwischen umgebender Außen- und Raumluft und dem Bauteil ein Feuchteanstieg bis zur Sorptionsfeuchte erfolgen.
Durch veränderte bauphysikalische und konstruktive Randbedingungen im und am Bauteil können die Feuchtebelastungen im Bauteil im Einzelfall reduziert werden. Gleichfalls kann der Zeitraum einer Trocknung bis in den Bereich der Ausgleichs- bzw. Sorptionsfeuchte wie folgt positiv beeinflusst werden:
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Die Ausgänge der Kapillaren müssen offen sein (z. B. Oberfläche sandstrahlen). |
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Das Wasserdampfdruckgefälle muss möglichst groß sein (z. B. Klimatisierung). |
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Der Wasserdampfübergang an der Oberfläche ist zu optimieren (z. B. Luftzirkulation an der Bauteiloberfläche). |
Eine merkliche Verkürzung des Trocknungszeitraums von Bauteilen bis zur Ausgleichsfeuchte kann schon dadurch erfolgen, dass vorhandene Putzschichten von den betreffenden Wänden entfernt und die Bauteil- bzw. Mauerwerksoberflächen zusätzlich sandgestrahlt werden. Jede Putzschicht verzögert die Trocknung der Mauerwerkswände, da sie einen Diffusionswiderstand darstellt. Abhängig von Materialart und Bauteildicke führt dies zu einer Verlangsamung des anfänglichen Trocknungsverhaltens. Gipsputze sind grundsätzlich zu entfernen, weil der Gips den Wasserdampftransport erheblich behindert und die Festigkeit verringert wird.
Grundsätzlich ist zu versuchen die kapillaren Wassertransporte möglichst lange aufrecht zu erhalten. Diese Flüssigkeitstransporte sind bei der Reduzierung von Feuchtebelastung in Bauteilen effizienter als die Wasserdampfdiffusion.
Sie kann wie folgt gegliedert werden:
Trocknungstechniken
Die „technische Bautrocknung“ ist ein Oberbegriff für unterschiedliche technische Verfahren zur Entfeuchtung bzw. Austrocknung von Baustoffen, Bauteilen und ganzer Gebäudeteile. Die Festlegung der jeweiligen Trocknungsverfahren ist abhängig von den Zielen sowie den örtlichen, materialspezifischen und baulichen Gegebenheiten.
technische Trocknung |
indirekte Bauteiltrocknung durch Raumlufttrocknung |
Kondensationstrocknung |
Adsorptionstrocknung |
direkte Bauteiltrocknung |
Hohlraumtrocknung |
thermische Trocknung |
Tab. 2: Gliederung der technischen Trocknung nach Hankammer (Quelle: Jürgen Weber nach Hankammer [5] [5] Hankammer, G.; Resch, M.; Böttcher, W.: Bautrocknung im Neubau und Bestand. Technik, Geräte, Praxis. Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln 2014, S. 59 [6] ÖNORM, B 3355: 2017-03-01 Trockenlegung von feuchtem Mauerwerk – Bauwerksdiagnose, Planungsgrundlagen, Ausführung und Mauerwerk [7] Balak, M.; Pech, A.: Mauerwerkstrockenlegung. Von den Grundlagen zur praktischen Anwendung. 2. Aufl., Springer Verlag, Wien 2008
)
Indirekte Bauteiltrocknung durch Raumlufttrocknung
Die indirekte Bauteiltrocknung {Bauteiltrocknung, indirekte} durch Raumlufttrocknung (Luftentfeuchtungsverfahren) ist ein für die Bautrocknung gebräuchliches Verfahren. Zu beachten ist bei dem Einsatz von indirekter Bauteiltrocknung durch Raumlufttrocknung, dass die meisten Luftentfeuchtungsgeräte {Luftentfeuchtungsgeräte} erst ab 30 bis 40 % relativer Luftfeuchte effektiv arbeiten.
Luftentfeuchtung |
Verfahren |
Funktion |
Bemerkung |
Kondensationstrocknung(Kältetrocknung) |
Feuchte Raumluft wird in einem Gerät angesaugt und durch ein Kühlsystem geführt. An den Kühllamellen bildet sich Kondenswasser, das in einem Behälter aufgefangen wird. Getrocknete Luft verlässt das Gerät. Der Wasserbehälter wird in Zeitabständen entleert. |
•relativ hohe Raumlufttemperaturen erforderlich•effektiv bei hohen Raumluftfeuchten•eignet sich für Sofortmaßnahmen•ständige Betreuung wegen Behälterentleerung notwendig |
Adsorptionstrocknung(Sorptionstrocknung) |
Feuchte Raumluft wird durch ein Segment eines rad- und wabenförmigen Trocknungselements (Rotor) mit großer Oberfläche geführt. Der Rotor ist mit einem stark hygroskopischen Material beschichtet, das die Feuchtigkeit unabhängig der Temperatur der durchgeführten Luft entzieht. Die getrocknete Luft wird an den Raum wieder abgegeben. Die aufgenommene Feuchtigkeit wird im Gegenstromverfahren erhitzt und verdampft im Gerät. Die entstehende feuchte Regenerationsluft im Gerät wird über Schläuche aus dem Raum geführt. |
•keine hohen Raumlufttemperaturen notwendig, daher auch Einsatz in Kellern und außerhalb von Gebäuden möglich•Einsatzgebiete sind Trocknung von Decken- und Wandkonstruktionen, von Dämmstoffen in verschiedenen Konstruktionen•Einsatz von Folienzelten erhöht die Effektivität, da dadurch das zu trocknende Luftvolumen verkleinert wird |
Lüftung/Heizung |
Die Raumluftfeuchte wird durch eine Beheizung und intensiven Luftaustausch (Quer- oder Diagonallüftung) herabgesetzt. Die Beheizung kann mit mobilen Heizgeräten erfolgen. |
•sehr zeit- und arbeitsintensives Verfahren•kein effektives aber preiswertes Verfahren•Die Kosten für Nutzungseinschränkung der Räume sind erheblich. |
Tab. 3: Entfeuchtungsverfahren (Quelle: Jürgen Weber)
Kondenstrockner können nur dann wirtschaftlich betrieben werden, wenn der Raum bzw. das Gebäude geschlossen ist und die Lufttemperatur deutlich über +10 °C liegt. Eine Bautrocknung unter einer Raumtemperatur von +10 °C ist nicht zweckmäßig. Bei diesem Klima ist kein ausreichendes Dampfdruckgefälle zwischen Baustoff und Raumluft vorhanden. Den optimalen Wirkungsgrad entwickeln Kondenstrockner bei Temperaturen von 15 °C bis 25 °C.
Bild 5: Kondenstrockner ohne und mit Ventilator (Quelle: Jürgen Weber)
Da die Trocknung mit Kondenstrocknern gegenüber der Trocknung durch Heizen und Lüften keine großen Spannungen im Bauteil oder dessen Schichten verursacht, gilt dieses Trocknungverfahren als Substanzschonend.
Bild 6: Teile eines Kondensationstrockners (Quelle: Sprint Sanierung GmbH, Köln)
Adsorptionstrockner verbrauchen gegenüber einem Kondensationstrockner etwa die dreifache Energiemenge und sind in Anschaffung bzw. Miete teurer. Sie können u. a. sinnvoll zur Trocknung von schwimmenden Estrichen, Hohlräumen in Bauteilen, Installationsschächten, Trockenbauwänden und in Flachdächern eingesetzt werden. Adsorptionstrockner können eingesetzt werden, wenn niedrige Temperaturen am Einsatzort vorhanden oder besonders niedrige Luftfeuchtigkeiten erforderlich sind. Die Geräte können Luft teilweise auf unter 5 % relative Luftfeuchte trocknen.
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