Copyright © Claudius Verlag, München 2018
www.claudius.de
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt, München
Layout: Mario Moths, Marl
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2018
ISBN 978-3-532-60038-2
Cover
Titel
Impressum Copyright © Claudius Verlag, München 2018 www.claudius.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden. Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt, München Layout: Mario Moths, Marl E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2018 ISBN 978-3-532-60038-2
Vorwort: Krise der Ökumene oder Ökumene der Profile?
1. Probleme der Ökumene aus protestantischer Perspektive
Die Kirchen und die Öffentlichkeit: Anspruch und Wirklichkeit
Kirche der Pluralität, Kirche der Meinungsvielfalt
Ökumene als Komplexitätsreduzierung?
Die Kirchen im Bedeutungsschwund
Christentum und Religion außerhalb der Kirchen
Zwischenbilanz
2. Vier Aspekte eines evangelischen Profils
Zum Verständnis religiöser Gleichheit
Luthers Entdeckung des religiösen Gleichheitsgedankens
Das Amt der Pfarrerin oder des Pfarrers und die religiöse Gleichheit – ein Widerspruch?
Selbstverantworteter Glaube
Religiöse Gleichheit im Blick auf die katholische Kirche
Haupt- und Ehrenamt vor dem Hintergrund religiöser Gleichheit
Zum Verständnis der Kirche
Zum katholischen Kirchenverständnis
Sichtbare und unsichtbare Kirche
Evangelische Kirche als Kirche der Freiheit
Volkskirche
Ortskirchengemeinde
Kirchliches Selbstverständnis und Ökumene
Zum Verständnis des Glaubens
Luthers Entdeckung der religiösen Subjektivität als Ausgangspunkt für ein evangelisches Verständnis des Glaubens
Evangelische Ausdrucksgestalten des Glaubens
Wandlungen der evangelischen Glaubenspraxis seit der Reformation
Zum katholischen Verständnis des Glaubens
Katholische Ausdrucksgestalten des Glaubens
Zum Verständnis der Religion
Religion als Gewissensreligion
Zur Aktualität von Luthers Verständnis des Gewissens
Luthers Verständnis des Gewissens und die katholische Kirche
Luthers Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche aus heutiger Sicht
3. Volkskirche mit protestantischem Profil
Die Schwellensituationen des Lebens
Gottesdienst, Andacht und Gebet
Kirche, Kultur und Bildung
Die Kirche und die Stationen des Lebens
4. Plädoyer für eine Ökumene der Profile
Innerevangelische Ökumene
Interreligiöse Ökumene
Konfessionelle Ökumene
Anmerkungen
VORWORT: KRISE DER ÖKUMENE ODER ÖKUMENE DER PROFILE?
Es ist merkwürdig still geworden um das, was noch bis vor kurzem ein mitunter emsiger Motor kirchlichen und religiösen Lebens vor Ort war – die vielfältigen und fleißigen ökumenischen Basisgruppen. Es brummte und summte in den Gesprächskreisen konfessionsverschiedener Ehepaare, in gemeinsamen Lektürekreisen, bei liturgischen Feiern und Wallfahrten. Vom Friedensgebet bis zum gemeinsamen Kochen – in der Ökumene vor Ort pulsierte das kirchengemeindliche Leben. Jedenfalls galt dies für die Ökumene zwischen den beiden großen Konfessionskirchen, der katholischen und der evangelischen. Um sie soll es in dem vorliegenden Band gehen, der sich als ein Traktat versteht und zwar im unmittelbaren Sinn des Wortes als „religiöse Flugschrift“, die als „Streitschrift“ verfasst ist.
In nicht wenigen Fällen hatten die ökumenischen Arbeitskreise vor Ort gar die Funktion von kirchlichen Aufsichtsräten. Alles gemeindliche Leben – hier wie dort – stand mit ihnen in Verbindung. Sie koordinierten und organisierten, sie hoben manches besonders hervor und sorgten auch dafür, dass anderes eher im Hintergrund blieb. Vor allem galt es, das Geschehen zu zertifizieren: Nur das sollte realisiert werden, was ökumenisch veranstaltet werden, was mit dem ökumenischen Geist in Einklang gebracht werden konnte. Die Ökumene vor Ort war das Maß aller Dinge.
In einigen Fällen sind diese ökumenischen Organisationszentralen krachend implodiert. Es kam zu Zerwürfnissen auf beiden Seiten. Im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts war es katholischerseits mancherorts zu Aufweichungen bei der Praxis der Eucharistiefeier gekommen. Vor allem auf Drängen konfessionsverschiedener Ehepaare wurde hier und da die Teilnahme des konfessionellen Partners der „anderen Seite“ stillschweigend geduldet. Doch dann kam von römischer Seite die harsche Erinnerung an kirchenrechtlich zementierte Ausschlussformeln. Gelegentlich führte diese Entwicklung auch zu einem geräuschlosen Traditionsabbruch – Ökumene und keinen interessiert’s. Enttäuscht wandten sich die Menschen, die gerade über die gemeinsame Feier des Mahles Hoffnung geschöpft hatten, wieder von der Kirche, von den Kirchen ab.
Wo es vor noch nicht allzu langer Zeit schnurrte und tickte, da sind die Menschen heute ziemlich schnell vor allem eines: genervt. Was soll das mit diesem Hickhack, das ohnehin – wenn überhaupt – nur ausgesuchte Spezialisten verstehen? Otto Normalverbraucher kann mit diesen Debatten schon längst nichts mehr anfangen. Und so oder so haben wir heute doch ganz andere Probleme als diese Diskussionen über Ewiggestriges, und dann auch noch in puncto Religion, womit man heute niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlockt.
Immer wieder wird in unseren Tagen auch darauf verwiesen, dass sich religiöses Wissen im freien Fall befinde. Erschreckend sind die Ergebnisse der Umfragen, was denn Pfingsten oder gar der Buß- und Bettag bedeuten. Selbst Weihnachten und Ostern sind in Gefahr geraten. So hörte ich unlängst auf einem Weihnachtsmarkt, wie einer eine andere fragte, warum der Adventskranz eigentlich nicht sechs Kerzen haben könne. Das Wissen in Sachen Religion erodiert dramatisch. Trotzdem schätzen wir uns im Vergleich etwa mit dem laizistischen Frankreich noch glücklich. Muss man nicht dankbar sein für das Wenige, das bei uns noch in einer gewissen Selbstverständlichkeit vorhanden ist? Ist angesichts dieser Misere eine kritische Rückfrage nach dem, was die beiden Großkonfessionen voneinander unterscheidet, nicht Frevel?
Unlängst war ich bei der Verabschiedung eines katholischen Kollegen in den Ruhestand. Ohne jemandem zu nahe zu treten: Es war eine ziemlich bombastische Inszenierung. Mehrere Dutzend Ministranten, zahlreiche Ortsvereine (u.a. Feuerwehr, Schützen, Kaninchenzüchter) mit ihren stattlichen Fahnen, der Gemeinderat, die Kirchenverwaltung, die Pfarrer, auch die evangelischen, und was weiß ich noch alles zogen in einem schier endlos scheinenden Tross in weihrauchgeschwängerter Luft in die Kirche ein – eine für die, die so etwas mögen, gewaltige Inszenierung.
„Endlich habe ich einmal Kirche erlebt, wie sie sein soll!“, meinte eine Bekannte nach dem Spektakel zu mir. Endlich war Kirche einmal richtig zeitgemäß, so diese Einschätzung. Nichts war mehr zu sehen von diesen völlig überflüssigen konfessionellen Unterschieden – eine große Inszenierung, die allen gleichermaßen ans Herz ging. Die konfessionellen Spezifika, die das Salz in der Suppe sind, wurden einem konturlosen Einheitsgetue geopfert. Als das Lied „Großer Gott, wir loben Dich“ – mit Pauken unterlegt – gesungen wurde, habe ich gestandene Mannsbilder weinen sehen. „Grad schee war’s!“ Der Kabarettist Christian Springer hat unlängst gesagt, dass man in Bayern katholisch sei, „weil’s grad schee is“.
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