Egon Flaig - Die Niederlage der politischen Vernunft

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Dass menschenrechtliche Prinzipien universal sein sollen, ist ein Gebot der Vernunft, das uns die Aufklärung auferlegt hat. Indes, wie sind die Erfordernisse dieses Universalismus zu erfüllen in der jeweiligen konkreten Weltlage? Das vermag uns nur eine politische Vernunft zu sagen, welche sich – anders als Kants praktische Vernunft – in Zeithorizonten bewegt. Aber eben diese Vernunft verliert heute rasch Terrain an antiuniversalistische Theorien, die kulturelle Sonderrechte propagieren und verfälschte Vergangenheiten produzieren. Dabei gerät die gute Gesinnung zum Maßstab des Handelns und die Entrüstung zum Mittel geistiger Auseinandersetzung.
Um zu ermessen, was hierbei auf dem Spiel steht, verlangt Egon Flaig geistesgeschichtliche Rückbesinnung. Er fragt zum einen, welche Diskurse eine antiuniversalistische Einstellung legitimiert und vorangetrieben haben; und er erörtert zum anderen, weshalb die politische Vernunft auf historische Verankerung angewiesen ist. Denn allein aus einem kulturellen Gedächtnis heraus, das sich der Aufklärung verpflichtet weiß, gewinnen wir die Orientierung für politisches Handeln im Geiste eines emanzipatorischen Universalismus.

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Damit die Urteilskraft auf politischem Gebiet überhaupt zu Einsichten und Erkenntnissen führt, die den Ansprüchen der politischen Vernunft genügen, müssen die vier Prämissen auf bewußte Weise in die logischen Operationen eingeschaltet werden. Geschehnisse und Zustände sind so zu überdenken, daß die Reflexion ihre Gegenstände stets verknüpft mit den Kategorien ›Verlierbarkeit‹, ›Kosten‹, ›Unerfüllbarkeit‹ und ›Sinnqualität‹. Das erfordert einen zusätzlichen Aufwand des Bewußtseins, eine geistige Tätigkeit, um eine methodische Regel zu befolgen. Dieses Vermögen des menschlichen Geistes ist nicht gegeben, sondern technisch erworben, ist eine kognitive Fertigkeit zum Gebrauch einer Reflexionsform. Dieses Vermögen kann abstumpfen und völlig abhanden kommen. Es kann sich auch brillant entfalten. Bei Politikern, Publizisten, Historikern und Wissenschaftlern zeigen sich atemraubende Unterschiede in der Qualität der Urteilskraft. Daran trägt die Besonderheit der vierten Prämisse die größte Schuld. Sie ist die komplexeste, und ihr Vollzug erfordert methodische Operationen, die ohne Übung nicht zu erlernen sind: Erstens ist die Besonderheit von Kulturen zu berücksichtigen. Denn die Fähigkeit, einen endlichen Ausschnitt der Welt mit Bedeutung und Sinn zu bedenken, erhalten die Menschen von ihrer jeweiligen Kultur. Zweitens sind die Zeithorizonte zu gewärtigen: Die Sinnqualität menschlichen Handelns und Duldens ist immer bezogen auf eine gedeutete Vergangenheit und eine erwartete Zukunft; sie ist nicht bloß kulturspezifisch, sondern sie benötigt und erzeugt Zeithorizonte. Drittens ist zwar aller Sinn dem Verstehen zugänglich. Doch Verstehen ist immer Fremdverstehen, obschon die Grade der Fremdheit eine enorme Skala umfassen. Demnach erfordert Verstehen – besonders wenn es um fremde oder um vergangene Kulturen geht – ›Übersetzungen‹.

Auf ähnliche Weise wie wir fremde Sprachen lernen und mit Fremden in deren Sprache Gespräche führen und einander verstehen, ist es möglich, die Vergegenständlichungen fremder Kulturen dem Verstehen zugänglich zu machen – auf methodisch geregelte Weise – auch über die Jahrtausende hinweg. Um fremde Semantiken zu erschließen, ist der eigene Geist zu öffnen für Bedeutsames, das innerhalb unserer Kultur nicht oder anders bedeutsam ist. Das ist weniger eine Sache der Vernunft als vielmehr der Urteilskraft. Unvoreingenommenheit ist dabei maßgeblich, also die »erweiterte Denkungsart« Kants, das ästhetische Vermögen, Fremdes betrachten zu können, ohne es sofort verwerfen oder bejahen zu müssen. Viertens dürfen normative Einstellungen nicht die Reflexion beschränken: Die Sinnhaftigkeit ist ein Apriori menschlichen Handelns und Duldens; und das bedeutet: Selbst die schrecklichsten Taten können für die Handelnden sinnhaft sein. Vor allem an den beiden letzten Aspekten scheitert die Entfaltung von Urteilskraft häufig und nachhaltig.

Wo die vier Prämissen fehlen, dort bleibt die Urteilskraft beschränkt. In vielen Kulturen kann sie nicht entstehen, weil dort die spezifische Öffentlichkeit fehlt. Wo das Politische nicht als autonome soziale Sphäre besteht, dort können Menschen dieses Vermögen nicht entwickeln. Und Diktaturen beschädigen es oft umfassend. Fehlt es, dann werden die Urteile verkürzt, stumpf und letztlich ›grundlos‹. Das läßt sich ablesen an der epidemischen Ausbreitung des Selbstverständlichen. Indes, nichts ist selbstverständlich. Alles, was existiert, ist geronnenes Resultat, ist entstanden. Das Selbstverständliche ist etwas ›Unmittelbares‹, etwas fraglos Gegebenes, dessen Genese einem nicht in den Sinn kommt. Wird diese Genese vergessen, verdinglicht sich ihr geronnenes Resultat zu etwas ›Unmittelbarem‹. Alle Selbstverständlichkeit ergibt sich aus solcher Verdinglichung. Die politische Vernunft wird sofort paralysiert, wenn das Wissen um die Geschichtlichkeit nicht (mehr) vorhanden ist.

Einen Paradefall dafür bietet die Modernisierungstheorie von Jürgen Habermas. Er hat vor der Wucht kultureller Divergenz immer die Augen verschlossen. Symptomatisch ist seine Annahme, der Fundamentalismus werde von alleine verschwinden, weil er eine Rebellion gegen die Modernisierung sei:

»In der Moderne fallen rigide Lebensformen der Entropie anheim. Fundamentalistische Bewegungen lassen sich als den ironischen Versuch begreifen, der eigenen Lebenswelt mit restaurativen Mitteln Ultrastabilität zu verleihen. Die Ironie besteht im Selbstmißverständnis eines Traditionalismus, der ja erst aus dem Sog gesellschaftlicher Modernisierung hervorgeht und eine zerfallene Substantialität nachahmt. Als Reaktion auf den überwältigenden Modernisierungsschub stellt er selber eine durch und durch moderne Erneuerungsbewegung dar.« 20

Unter der inklusiven Formel der ›Modernisierung‹ soll demnach sich eine Konvergenz der Kulturen vollziehen, und die ›multiplen Modernitäten‹ sollen letztlich in eine Weltgesellschaft einmünden – ganz so, als seien liberale Grundwerte weltweit bereits hegemonial – vielleicht noch nicht politisch, aber jedenfalls moralisch. Gewiß, die Globalisierung setzt alle Kulturen unter den Druck von ›Modernisierungen‹. Doch die Eliten der verschiedenen Kulturkreise reagieren darauf ganz unterschiedlich, denn es sind viele Formen von Modernisierung möglich. Diejenige des aufklärerischen Universalismus ist nur eine unter mehreren. Auch der Nationalsozialismus war eine solche Modernisierung. Samuel Huntington hat eine scharfe Divergenz zwischen mehreren Kulturen prognostiziert. Und die ist – was den islamischen Raum angeht – eingetreten. Gerade jene Historiker, die ein besonderes Augenmerk auf ›globale Trends‹ richten, haben festgestellt, daß manche kulturelle Räume wichtige rechtliche Innovationen nicht mitvollzogen. Jürgen Osterhammel hat darum den islamischen Kulturkreis aus dem großen Trend zur Liberalisierung ausgenommen, da dort der Widerstand gegen die Abschaffung der Sklaverei vehement geblieben ist. 21

Daß Gesellschaften auf den kulturellen Wandel mit Versuchen reagieren, die eigenen Traditionen übermäßig zu stabilisieren, ist ein Dauerphänomen der Geschichte. Schon immer gab es die fundamentalistische Rückkehr zu den reinen Ursprüngen; sogar Innovationen und Reformationen präsentierten sich meist als Kehre hin zum Alten. Es ist daher falsch, im Fundamentalismus ein modernes Phänomen zu sehen; und es ist makaber, ihn auf ein ›Selbstmißverständnis‹ zurückzuführen. Die 3 000 Toten des 11. September 2001 ebenso wie die 130 Toten vom September 2015 oder die Tausende von Abgeschlachteten in Nigeria sind keinem ›Selbstmißverständnis‹ von Muslimen zum Opfer gefallen. Der Begriff beansprucht, die Akteure besser zu verstehen, als sie selber es tun; und er behauptet, daß der Fundamentalismus sofort endet, sobald die Akteure beginnen, sich selber zu verstehen. Anspruch wie Behauptung sind grotesk, aber logisch, nämlich rücklaufende Stauwellen jener programmatischen Geschichtslosigkeit der Frankfurter Schule überhaupt und von Habermas im besonderen. In seinem Geiste sind die normativen Grundlagen der aufgeklärten Zivilgesellschaft dermaßen überzeugend, daß die kulturelle Vielfalt die Menschen nicht davon abhalten wird, sich immer weiter von aufklärerischen Werten durchdringen zu lassen. Der Durchbruch zur Weltgesellschaft ist eigentlich schon gelungen, muß sich nur noch vollends verwirklichen. Und zu dieser Verwirklichung kommt es, sobald die Fundamentalismen ihr Selbstmißverständnis aufgeben. Daß sie dazu vorläufig nicht bereit sind, schuldet sich der Weigerung ihrer Gläubigen, endlich sich selber zu verstehen. Eine solche Weigerung ist, diskurstheoretisch definiert, keine kognitive Angelegenheit, sondern ein moralischer Defekt. Wir haben es nicht mit Feinden zu tun, sondern letztlich mit Uneinsichtigen. Kriege sind folglich obsolet, vielmehr sind Polizeiaktionen – eventuell in kriegerischem Umfang – angemessen.

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