Egon Flaig - Die Niederlage der politischen Vernunft

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Dass menschenrechtliche Prinzipien universal sein sollen, ist ein Gebot der Vernunft, das uns die Aufklärung auferlegt hat. Indes, wie sind die Erfordernisse dieses Universalismus zu erfüllen in der jeweiligen konkreten Weltlage? Das vermag uns nur eine politische Vernunft zu sagen, welche sich – anders als Kants praktische Vernunft – in Zeithorizonten bewegt. Aber eben diese Vernunft verliert heute rasch Terrain an antiuniversalistische Theorien, die kulturelle Sonderrechte propagieren und verfälschte Vergangenheiten produzieren. Dabei gerät die gute Gesinnung zum Maßstab des Handelns und die Entrüstung zum Mittel geistiger Auseinandersetzung.
Um zu ermessen, was hierbei auf dem Spiel steht, verlangt Egon Flaig geistesgeschichtliche Rückbesinnung. Er fragt zum einen, welche Diskurse eine antiuniversalistische Einstellung legitimiert und vorangetrieben haben; und er erörtert zum anderen, weshalb die politische Vernunft auf historische Verankerung angewiesen ist. Denn allein aus einem kulturellen Gedächtnis heraus, das sich der Aufklärung verpflichtet weiß, gewinnen wir die Orientierung für politisches Handeln im Geiste eines emanzipatorischen Universalismus.

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Ein weitgehender Schwund der Urteilskraft kann demnach Intellektuelle befallen, die professionell mit politischer Diagnose befaßt sind, sobald es um Themen geht, die ihre Identität, ihre wesentliche Zugehörigkeit berühren. Als Remedium dient die zweite Maxime des Kantischen sensus communis , nämlich das Gebot, die »erweiterte Denkungsart« zu pflegen, also sich auf die Standpunkte anderer zu stellen und deren Ansichten und Gründe so zu durchdenken, als seien es die eigenen. Der reflektierende Mensch soll sich »über die subjektiven Privatbedingungen« des eigenen Urteils erheben. 16Das bedeutet, sich in Gedanken in ein Unbeteiligtsein versetzen, somit ein »interesseloses« Betrachten üben und eine ästhetische Haltung einnehmen. Wer betrachtet, also Kontemplation betreibt, erhebt sich per definitionem über die besonderen Bedingungen seines subjektiven Urteils. Der Gegensatz zwischen Zuschauer und Akteur kommt hier zur Wirkung, wie Hannah Arendt sagt: »Der Akteur ist per se parteilich.« 17Umgekehrt hat der Soziologe Pierre Bourdieu betont, wie wichtig es für den sozialen Erfolg von Akteuren ist, daß sie sich auf den sozialen Feldern routiniert und mühelos bewegen, was ihnen desto besser gelingt, je intensiver sie die Zwänge, Gebote und Vorurteile ihres sozialen Feldes verinnerlichen und sich einverleiben, um sich einen Habitus anzueignen, der sie befähigt, quasi automatisch die Lösungen zu finden, die sie benötigen, um sich zu behaupten. Eben diese Absorbierung des Geistes ist das größte Hindernis für die unparteiliche Reflexion, für das, was Bourdieu die ›scholastische Weltsicht‹ nennt. Wenn nicht das kluge Verhalten im Hinblick auf den sozialen Erfolg zählt, sondern die Möglichkeit, vorurteilslose Einsichten zu gewinnen, dann gilt: »Also ist der Rückzug aus der direkten Beteiligung auf einen Standpunkt außerhalb des Spiels eine conditio sine qua non allen Urteils.« 18Denn der Zuschauer hat die größte Chance, unparteilich zu sein, und ist daher der ideale Richter.

Diese »erweiterte Denkungsart« spielte bei der Grundlegung der Geisteswissenschaften im 19. Jahrhundert eine überragende Rolle. So vor allem bei Friedrich Schleiermacher, dem Begründer der wissenschaftlichen Hermeneutik; so auch bei den Historikern Leopold von Ranke, Johann Gustav Droysen und Jacob Burckhardt. Hermeneutisches Training in einer universitären Fachwissenschaft bietet freilich keine Gewähr dafür, daß man ein geschärftes Urteilsvermögen auch für andere Dinge hätte; und Propheten sind wir alle nicht. Anderseits ist nicht zu bestreiten, daß bei Intellektuellen eine Korrelation zwischen diagnostischer Begabung und prognostischer Treffsicherheit besteht. Dabei ist die »erweiterte Denkungsart« maßgeblich. Doch diese zu gebrauchen in politischen Belangen ist um so schwieriger, je mehr die Intellektuellen sich engagieren und je ›parteilicher‹ ihre Engagiertheit sie macht. Die diagnostischen Fähigkeiten vermindern sich in der Folge erheblich, die prognostischen verschwinden ganz.

Urteilskraft und Geschichtlichkeit

Damit die so bestimmte Urteilskraft in den Dienst der politischen Vernunft treten kann, muß sie eine zusätzliche Gegebenheit berücksichtigen. Sie kann nicht operieren, ohne die Geschichtlichkeit zu beachten. Geschichtlichkeit ist etwas Fundamentaleres als jene Zeithorizonte, deren die politische Vernunft, wie oben gesagt, gewärtig sein muß. Das erhellt sich, sobald man die vier Momente der Geschichtlichkeit freilegt.

Geschichtlichkeit ist jene Dimension der menschlichen Existenz, die mit der Wandelbarkeit gegeben ist. Die menschlichen Gruppen bewegen sich durch die Zeit, indem sie sich von Generation zu Generation fortsetzen, erhalten und bewahren. Sie unterliegen der Notwendigkeit, kulturelle Errungenschaften weiterzugeben; und ihnen eröffnet sich stets die Möglichkeit, neu zu beginnen. Die Modalitäten dieser Weitergabe sind die ›Basis‹ jeder menschlichen Geschichte und Kultur; sie sind mindestens ebenso wichtig wie der Austausch mit der Natur mittels Technik und Ökonomie. Unvermeidlich wandeln sich die Gruppen und ihre Kulturen; denn es ist unmöglich, daß sie sich über die Generationen identisch reproduzieren. Die geringsten Abweichungen setzen bereits Wandlungen in Gang. Die Geschichtlichkeit enthält in sich vier konstitutive Momente:

1. Die Kosten. Nichts in der Geschichte ist umsonst. Alles ist unter hohen Kosten errungen worden. Denn bei jeder Veränderung gibt es Gewinner und Verlierer – und außerdem Widerstand. Bestimmte Errungenschaften, die wir als universalisierbare ansehen, waren nur zu erwerben durch Mühe und Opfer. Solche Kosten zu berücksichtigen gehört nicht nur zum politischen Pathos von Neugründungen, sondern auch zur tragischen Seite der geschichtlichen Besinnung. Es gilt, nie zu vergessen, daß die Menschen unentwegt ›bezahlen‹ müssen. Immer müssen sie auf irgend etwas verzichten, oder es gar vorsätzlich verwerfen.

2. Die Verlierbarkeit. Alles ist verlierbar. Keine einzige kulturelle Errungenschaft ist ein Besitz für immer. Jederzeit droht der Rückfall, nämlich nicht ein Zurückgehen in der zeitlichen Schrittfolge, sondern ein Absturz in jeweils historisch unterschiedliche Abgründe. Abstürze nehmen viele Formen an. Die Menschheit kann der wichtigsten Errungenschaften verlustig gehen: Menschenrechte, Demokratie, Wissenschaft. Das kann, wenn genügend Faktoren zusammenwirken, jederzeit geschehen. Und endgültig können diese Verluste bereits werden nach zwei Generationen.

3. Die Unerfüllbarkeit. Die Wünsche der Menschen, wie auch immer kulturell ausgerichtet, sind tendenziell unstillbar; die vorhandenen Ressourcen sind jedoch immer endlich und die natürlichen Gegebenheiten oftmals ausgleichslos defizitär. Dieser Widerspruch ist eine Quelle von Entbehrung und Benachteiligung, von Unzufriedenheit und Unglück. Er ist ohne radikale Erlösung des Irdischen nicht zu beheben.

4. Die Sinnqualität menschlichen Handelns und Duldens. Sinn ist verliehene Bedeutung. Indem Menschen unterscheiden, was für sie bedeutsam ist und was nicht, nehmen sie Ausschnitte aus der Welt wahr, interpretieren das Wahrgenommene, orientieren sich im gedeuteten Weltausschnitt und erhalten Motivationen, die ihren Willen bestimmen in Form von Absichten und Zwecken. 19Ohne die unaufhörlichen Vorgänge der Sinngebung und der Umsemantisierung von Gedeutetem wäre menschliches Leben – als soziales – nicht möglich. Und Sinnhaftes ist grundsätzlich verstehbar, von Fremden und von Nachfahren.

Diese vier Eigenschaften sind unabdingbare Momente des menschlichen Daseins in der Zeit, also der kollektiven Existenz. Es sind im strengen Sinne historische Existentiale. Ich benutze den Begriff ›Existential‹ also anders als Ernst Nolte, der darunter empirische Phänomene der Geschichte faßte, wie etwa Staat, Adel, Revolution. Sie sind insofern ›transzendental‹, als sie notwendigerweise die Empirie begleiten und konstituieren. Die politische Urteilskraft hat sie zu beachten – unablässig und bei jedem Detail. Daraus ergibt sich eine Maxime: Denke historische Errungenschaften unter der Prämisse, daß sie erstens verlierbar sind, zweitens unter – oft hohen – Kosten erreicht wurden, drittens niemals allen sozialen Akteuren in gleichem Maße zugute kommen, viertens mit spezifischem Sinn versehen sind.

Wird diese Maxime nicht befolgt, gelangt die Urteilskraft notwendigerweise zu Irrtümern. Die Geschichtlichkeit ist somit eine Art Apriori der Politischen Vernunft. Dennoch ist sie keine transzendentale Gegebenheit der menschlichen Erkenntnisfunktionen. Vielmehr ist die Geschichtlichkeit ein ontologischer Sachverhalt. Denn obschon wir an die Geschichtlichkeit unserer Umwelt keinen Gedanken verschwenden, funktioniert unsere Urteilskraft reibungslos, wenn wir sie im Alltag gebrauchen und sie nicht in den Dienst der Politischen Vernunft stellen. Im Alltag funktioniert sie sogar desto besser, je energischer sie lebenspraktischen Zwecken dienen darf. Geht es dagegen um Belange der politischen Vernunft, dann ist es ein transzendentales Prinzip kantischen Typs, die obige Maxime zu befolgen.

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