Die oben genannte Einteilung findet sich ähnlich auch in anderen psychologischen Systemen – als Beispiel seien hier deshalb die Grundannahmen nach der RET (Rational-Emotive-Therapy) genannt. Die jeweiligen Grundannahmen lassen sich mit den u. g. Techniken ebenfalls bearbeiten.
Die Vorstellung/Grundannahme, dass
es für einen erwachsenen Menschen unbedingt notwendig ist, von jeder Person in seiner sozialen Umwelt geliebt und akzeptiert zu werden, z. B. „Ich muss immer geliebt werden“,
man vollständig kompetent und erfolgreich unter allen möglichen Bedingungen sein muss, damit man sich selbst als angemessen einschätzen kann, z. B. „Ich darf keine Fehler machen“,
bestimmte Menschen schlecht, boshaft, schurkisch sind und dass sie streng verurteilt und bestraft werden müssten für ihre Schlechtigkeit,
es eine Katastrophe ist, wenn die Dinge nicht so sind, wie man sie gern haben möchte,
man über ein Geschehen, das gefährlich und furchterregend ist, sehr besorgt sein und ständig an die Möglichkeit denken muss, dass es tatsächlich eintritt,
menschliches Unglück durch äußere Umstände bedingt ist und dass Menschen wenige oder gar keine Möglichkeiten haben, ihre Sorgen und ihr Unglücklichsein zu beeinflussen,
es leichter ist, bestimmte Situationen, Schwierigkeiten im Leben, Dinge, für die man selbst verantwortlich ist, zu erleiden, als sich mit ihnen auseinanderzusetzen,
die eigene Vergangenheit sehr wichtig und bestimmend für die gegenwärtige Situation ist und dass ein Einfluss, der einen früher einmal nachhaltig beeinträchtigt hat, unbedingt wieder denselben Effekt haben muss, wenn er erneut auftritt
man sich große Sorgen über die Probleme und Schwierigkeiten anderer Leute machen muss,
es eine bestimmte richtige, präzise und perfekte Lösung für jedes menschliche Problem gibt und dass es eine Katastrophe ist, wenn diese korrekte Lösung nicht gefunden wird,
man von anderen abhängig ist und jemanden braucht, der stärker ist als man selbst, auf den man sich verlassen kann.
D. Einzelarbeiten
Auch wenn in den Theorien nur von einem/einer „Persönlichkeitstyp/“Schuldfixierung“ ausgegangen wird, ist es sinnvoll, den Prozess für alle Grundtypen zu durchlaufen, da erst alle Typen gemeinsam die menschliche „Urschuld“ in ihrer Gesamtheit repräsentieren.
Um es noch mal deutlich zu machen, es gibt so was wie eine Urschuld/Sünde“ natürlich gar nicht – diese ist eine psychische Illusion – vom menschlichen Geist selbst erschaffen (eine insbesondere im christlichen Kulturkreis verbreitete Erfindung) – jeder Mensch ist „schuldfrei“.
Allerdings haben die daraus resultierenden „Muster“ zumindest psychisch gesehen eine starke Wirkung und sind hervorragende Mittel der Kontrolle.
Wichtig: Die entdeckten Grundannahmen/Konzepte/Strukturen sollten auch nicht abgelehnt werden. Es geht nicht darum diese Grundannahme zu heilen, zu transformieren, loszuwerden, wir sind OK so, wie wir sind. Sie sollten vielmehr als das gesehen werden, was sie ist sind - „Illusionen/Konstrukte der Psyche“ – wenn auch äußerst hartnäckige – sodass es möglich wird, die Fixierungen zu lockern.
Im Folgenden werden unterschiedliche Methoden dargestellt, wie mit den Schuldfixierungen gearbeitet werden kann. Diese sind die Glaubenssatzarbeit, die schamanische Reise und die Meditation.
1.Glaubenssatzarbeit
a) „The Work“:
Die dargestellten Fragen stellen die Technik „The Work“3 vor, die sich so – oder in abgewandelter Form auf alle möglichen Glaubenssätze/Situationen anwenden lässt. Bei dieser Technik geht es u. a. darum, Glaubenssätze/Grundannahmen/Situationen zu hinterfragen, aufzulösen und die Fixierungen mit ihnen zu lockern.
Die einzelnen Schritte 1) – 5) sollten alle durchlaufen werden – ein Reflektieren der Fragen und der eigenen Antworten ist hierbei unabdingbar – bei den Fragen 3) und 4) sollte zusätzlich noch in sich hineingespürt werden. Die sog. Umkehrung 5) dient als Hinweis und muss nicht angenommen oder gelebt werden – eine Reflektion über die „Gegenansicht“ hilft jedoch bei der Lockerung der Glaubensmuster. Die Antworten und Umkehrung stellen auch keine Wahrheit (die es nach Ansicht des Autors möglicherweise gar nicht gibt) im üblichen Sinne dar – es geht um den Prozess – nicht um das Finden von Lösungen.
Im Rahmen der „Urschuld-Befreiung“ sollten die Sätze der Grundannahmen (z. B. Schuldfixierung, Kompensation, Grundangst, unbewusstes Kindheitsgebot, etc.) mit Hilfe der Frage-Technik untersucht werden – natürlich können auch „persönliche“ Sätze verwendet werden – die o. g. Beispiele sind eben nur Beispiele – wenn auch recht verbreitete und treffende. Die einzelnen Fragen/Erläuterungen der Punkte 1) – 5) sind der Vollständigkeit halber entsprechend komplett aufgeführt – für den jeweiligen Glaubenssatz ist natürlich das jeweils Passende auszuwählen.
Der kursive Text stellt exemplarisch ein Beispiel zum Thema „Urschuld“/Persönlichkeitstyp dar.
b) Der Glaubenssatz
z. B. Nr. 2
Ich bin wertlos. Ich habe keinerlei Bedeutung.
Ich muss beweisen, dass ich nicht wertlos bin.
c) Die Fragen
1) Ist das wahr? – Ist das die Realität? (Wie ist die Wirklichkeit?)
Wie ist die Realität/Wirklichkeit? Wie sind die Fakten? Ist es wahr im wörtlichen Sinne?
Welchen Beweis hast du? In wessen Macht steht das? Zu wessen Verantwortungsbereich gehört das?
Ja, ich fühle mich häufig wertlos, also bin ich es auch. Ich habe für die Menschheit noch nichts Sinnvolles geleistet.
Ja, denn ansonsten werde ich nicht gesehen. Ich muss mich anstrengen – sonst habe ich für die anderen und mich keinen Wert und sie lieben mich nicht.
2) Kannst du wirklich hundertprozentig wissen, dass dein Glaubenssatz wahr ist? Ist das wirklich die Realität? Kann ich wirklich wissen, dass es besser wäre, wenn meine Vorstellung wahr wäre?
Kannst du wissen, dass es besser für dich wäre, wenn die Realität so wäre, wie du es dir vorstellst? Auf lange Sicht? Kannst du wissen, dass es für andere besser wäre, wenn die Realität anders wäre? Kannst du es hundertprozentig wissen?
Nein, hundertprozentig wissen kann ich das natürlich nicht – vielleicht ist doch etwas wertvoll an mir. Für meine Freunde und Familie habe ich anscheinend schon etwas Bedeutung und ich bin für sie wertvoll. Jedenfalls kann ich tatsächlich nicht hundertprozentig wissen, ob ich wertlos bin.
Nein, wenn ich es mir recht überlege, so muss ich gar nichts beweisen. Ich bin – das reicht eigentlich aus und müssen muss ich gar nichts.
3) Wie reagierst du, was geht in dir vor, wenn du diesen Gedanken denkst? Was hast du davon, dass du denkst, deine Wunschvorstellung sollte wahr werden und dann siehst du die Wirklichkeit?/Was hast du davon, wenn du erfolglos denkst, deine Vorstellung sollte sich verwirklichen? Wie behandelst du dich selbst? Wie fühlt sich das an? Wie behandelst du andere? Wie fühlt sich das an? a) Kannst du einen friedvollen Grund sehen, an diesem Gedanken festzuhalten, einen Grund, der keinen Stress verursacht? b) Kannst du einen Grund sehen, diesen Gedanken loszulassen? (Bitte versuche aber nicht, ihn loszulassen.)
Ich fühle mich klein, unbedeutend. In mir entsteht ein Gefühl der Hilflosigkeit. Ich ziehe mich zurück.
Ich setze mich selbst unter Druck- ich ackere und ackere, um anderen zu beweisen, dass ich ein wertvoller Mensch bin. Dieser Satz setzt mich innerlich unter Druck.
4) Wer oder wie wärst du ohne diesen Gedanken? Wie würdest du dich fühlen, wenn du nicht an dieser Vorstellung festhalten würdest?
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