„Eure Noten sind ja richtig gut“, der Vater lachte und nahm Lucia und Lukas in die Arme. „Da kann ja der Urlaub beginnen, ruft doch bitte mal Omi und Opa an, die sind schon ganz gespannt und ihr wisst ja, sie geben für jede Eins zehn Euro und für eine Zwei fünf Euro Taschengeld extra, na, das lohnt sich ja bei euch.“ Sofort liefen die Kinder zum Telefon und riefen ihre Großeltern an. Was freuten die sich über die guten Noten und Omi rief zu Opa:
„Das kostet uns ja eine ganz schöne Summe.“
„Ach, Omi, wir brauchen doch kein Geld, nicht, dass ihr noch sparen müsst und euch vielleicht nichts mehr leisten könnt“, sagte Lucia.
„Ach, meine Süße“, sagte da die Omi, sie nannte Lucia schon seit sie ein Baby war „meine Süße“, „so schlimm steht es mit unseren Finanzen noch nicht, ich wollte Opa nur mal ärgern.“ Sofort reagierte Opa und schrie von hinten:
„Für meine Enkelkinder gebe ich das letzte Hemd, hab ich überhaupt eins?“ Da mussten alle lachen.
„Na, dann kann ja das Kofferpacken beginnen. Morgen fahrt ihr für ein paar Tage zu eurem Uropa nach Frankfurt. Der ist schon ganz aufgeregt und kann es kaum abwarten, euch Frankfurt zu zeigen.“
„Ja, Omi“ sagte Lucia „wir sind auch gespannt, deine Heimat kennen zu lernen.“
Uropa Heinz ist Omi Kiesels Vater und noch sehr rüstig. Er hat in Frankfurt, nicht weit vom Zoo, eine schöne kleine Wohnung in einer seniorengerechten Wohnanlage. Lucia und Lukas wollten schon immer einmal einige Tage bei Uropa Heinz verbringen, und die Schule von Omi Kiesel sehen, und auch die Großmarkthalle, in der Omi Kiesel viele, viele Jahre gearbeitet hat. Denn die Großmarkthalle wurde damals – kurz bevor Omi Kiesel in Rente ging – geschlossen. Das Gebäude wurde an die Europäische Zentralbank verkauft und die baut direkt in die ehemalige Großmarkthalle ihr neues Hochhaus hinein.
„Ein bombastischer Bau entsteht hier“, sagte Uropa Heinz jedes Mal am Telefon, und diesen wollten nun Lucia und Lukas sehen.
Gleich nach dem Frühstück ging es los. Der Vater holte den Wagen aus der Garage und die Koffer wurden ins Auto gepackt.
Die Mutter nahm Lucia und Lukas noch einmal in den Arm und sagte: „Denkt dran, Kinder, keinen Unfug anstellen und immer auf Uropa Heinz hören.“
„Das ist doch klar, Mami, wir werden die besten Urenkel der Welt sein, mach dir mal keine Sorgen.“ Sie stiegen ins Auto, winkten noch einmal und dann fuhren sie endlich nach Frankfurt. Die Fahrt war nicht allzu lang, denn Frankfurt liegt nur etwa 30 Kilometer von Hochhausen entfernt. Doch für Lucia und Lukas war jede Minute Fahrt zu lang. Kurz vor dem Ende der Autobahn konnte man schon die Hochhäuser von Frankfurt erkennen.
„Das ist ja ein toller Anblick, die Skyline von Frankfurt“, sagte Lukas.
„Ja, das ist es“, erwiderte Lucia, „und das Wetter ist auch super, die Ferien fangen ja toll an.“ Kaum bogen sie in die Rhönstraße ein, sahen sie auch schon Uropa Heinz, der vorm Haus stand und kräftig winkte. Was für eine Freude für Uropa Heinz, seine Urenkelkinder begrüßen zu können und sie auch noch für einige Tage bei sich zu haben. Lucia und Lukas stiegen aus dem Auto und rannten auf ihn zu. Er umarmte beide herzlich und sagte:
„Wie schön, dass ihr da seid, ich freue mich auf unsere gemeinsamen Ferientage.“
„Hoffentlich hast du dir nicht zu viel zugemutet“ sagte der Vater von Lucia und Lukas.
„Nein, niemals“, Uropa Heinz lächelte, „ich bin noch kein alter Tattergreis und wenn es mir doch zu viel werden sollte, rufe ich euch an.“
„Na, dann wünsche ich euch schöne Tage.“ Der Vater verabschiedete sich und fuhr zur Arbeit. Nachdem die Koffer ausgepackt waren, setzten sich alle an den Wohnzimmertisch. Uropa Heinz hatte belegte Brötchen und Kakao serviert.
„Hm, wie lecker“, sagte Lucia und Lukas.
„Ja, Kinder, ihr müsst doch bei Kräften bleiben, bei dem, was wir alles unternehmen wollen.“ Und dann stellten sie eine Liste auf, was sie sich alles anschauen wollten, und das war nicht wenig.
„Uropa, als erstes müssen wir unbedingt die Schule von Omi sehen und die Großmarkthalle mit dem neuen Bürogebäude von der Europäischen Zentralbank.“
„Ihr werdet staunen, Kinder, so etwas habt ihr noch nicht gesehen, gleich morgen werden wir uns beides anschauen.“ Uropa Heinz kratzte sich nachdenklich am Kopf.
„Und übermorgen gehen wir in den Zoo. Und dann ins Senckenberg-Museum, die Dinosaurier anschauen“, sagte sofort Lukas, „da freue ich mich am meisten drauf.“
„Ich möchte ins Städel-Museum“, sagte Lucia, „ich muss unbedingt etwas für meinen Kunstunterricht tun.“ Im Städel-Museum waren nämlich viele alte Meister ausgestellt und ein Teil des Museums befand sich sogar unter der Erde und hatte ein Glasdach.
„Am fünften Tag gehen wir alles behutsam an, schauen uns im Palmengarten das tolle Palmenhaus an und fahren eine kleine Runde mit dem Tretboot“, sagte Uropa. „Und dann ist natürlich der Maintower dran, wir fahren mit dem Fahrstuhl ganz nach oben, von dort hat man einen fantastischen Ausblick über die ganze Stadt und ihre Umgebung. Man ist den Hochhäusern so nahe, dass man glaubt, man könnte sie anfassen“, sagte Uropa Heinz.
„Wow, da freue ich mich schon riesig drauf“, Lukas klatschte vor Freude in die Hände und Lucia meinte:
„Ich nehme meinen Zeichenblock mit und versuche einen Teil der Aussicht zu zeichnen.“
„Bei der Besichtigung des Flughafens müssen wir uns viel Zeit nehmen, außerdem ist da noch der Kaisersaal, der Dom und das Goethehaus!“, sagte Lukas.
„Ja, wir haben viel vor, Kinder“, sagte Uropa „und so wie wir uns das alles aufgeschrieben haben, machen wir das auch.“
„Ja, Omi sagt immer, in Frankfurt gibt es viel zu sehen und es ist so schön hier“, sagte Lucia.
Omi Kiesel liebte ihre Heimatstadt, auch wenn sie nicht mehr dort wohnte, und sie konnte es gar nicht leiden, wenn jemand schlecht über Frankfurt sprach. Dann sagte sie immer, diese Menschen gehen blind durch die Stadt und sehen nicht die schönen Dinge, den Dom, den Chinesischen Park oder Bornheim mit seinen kleinen engen Straßen und den gemütlichen Apfelweinkneipen. Oder Bockenheim, wo Goethe die Universität besuchte, die Leipziger Straße, die ihren ganz besonderen Flair hat und in der man prima einkaufen kann, die Freßgass, die Alte Oper, die Goethestraße mit den teuren Geschäften, die Zeil mit dem neuen Einkaufszentrum „MyZeil“, die Kleinmarkthalle, die „Oase der Sinne“ und vieles mehr.
„Ach, es ist halt alles so schön in Frankfurt“, sagte Omi oft und dann schaute sie immer verträumt und war einige Minuten ganz still. Ja, Omi Kiesel liebte ihr Frankfurt, da gab es keinen Zweifel.
„Also, Kinder, so machen wir das“, sagte Opa zufrieden, „aber jetzt gehen wir ein wenig an die Luft und einkaufen, ihr dürft auswählen, was wir uns heute Abend gemeinsam kochen. Aber nicht nur Süßigkeiten.“
„Aber, Uropa, wir sind doch keine Babys mehr, wir essen sehr viel Obst und Gemüse, natürlich auch ab und zu ein wenig Eis oder Schokolade.“
„So ist es richtig, Kinder, von jedem etwas, dann kann man auch Schokolade oder Eis essen. Wir gehen zu Ali, der hat in der Bergerstraße ein türkisches Lebensmittelgeschäft. Er hat das beste und frischeste Obst und Gemüse von der Stadt. Er wird sich freuen, wenn ich mit euch reinschaue und einen Tee bekomme ich bestimmt auch. Nach dem Essen spielen wir Trionimus 1.“
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