Fast jeder, der den Namen Bismarckstein hört, erwartet ein Denkmal für den ersten Reichskanzler des Deutschen Reiches. Dabei hat der mysteriöse Stein in Blankenese eigentlich gar nichts mit Bismarck zu tun! Vielmehr symbolisiert er ein Naturerlebnis und den idealen Spot für Romantiker: Er befindet sich nämlich in einem kleinen Park auf dem Waseberg, dem mit 88,4 Metern immerhin dritthöchsten Berg Hamburgs. Vom Blankeneser Strandweg oder mit dem Bus geht es zum Park hinauf, kenntlich gemacht durch eine schon etwas verwitterte Felsmarkierung.
Bismarckstein auf dem Waseberg
Die für Hamburger Verhältnisse beachtliche Steigung von zehn Prozent auf 70 Höhenmeter dient mittlerweile sogar bei Radrennen als Herausforderung für die Teilnehmer! Dann steht man oben, auf einem winzigen Plateau mit Rasenfläche, Bänken und einer Tafel. Doch was hat es mit dem Bismarckstein auf sich? Im Jahr 1890 entschloss sich der Kaufmann Anton Julius Richter, Mitbegründer der Holstenbrauerei und leidenschaftlicher Bismarckverehrer, das Gelände auf dem Waseberg zu erwerben und dort ein imposantes Bismarckdenkmal zu erbauen. Dazu kam es jedoch nie. An seiner Stelle kaufte 1910 die Gemeinde Blankenese das gesamte Waldstück und verwandelte es zum ersten öffentlichen Gemeindepark mit einem Highlight: dem noch heute beliebten Aussichts- und Fotopunkt.
Der 1863 errichtete Aussichtsturm aus Ziegelsteinen wurde zwar von der Natur zurückerobert, aber der Blick reicht auch ohne Turm weit über die Elbe mit der Insel Neßsand mit Schweinesand und bei gutem Wetter bis ins Alte Land. Da könnte man glatt vergessen, auch noch einen Blick auf das Ehrendenkmal von 1935 zum Gedenken an Marinegefallene aus dem Ersten Weltkrieg zu werfen: „Was auch die See verschlang, die Zeit verschlang das Weh, ewig bleibt die See“, besagt das Zitat von Hans Leib.
Auf dem Waseberg
Läuft man vom Bismarckstein zurück ans traumhaft schöne Blankeneser Elbufer und weiter in Richtung City, erwartet den Spaziergänger etwa in Höhe des Jollenhafens Mühlenberg eine weitere Überraschung: In einem Parkstreifen thront ein mannshoher Stein, der aus der Ferne aussieht wie ein Grabstein. In der Tat handelt es sich laut Inschrift um einen Gedenkstein: „Dank dem schwedischen Volk für Brot in der Not, 1946 – 1950, Blankeneser Bürgerverein“, darunter dasselbe in schwedischer Übersetzung. Recherchen zu dieser unverhofften Erinnerung an die Nachkriegszeit ergeben, dass der Stein 1966 aufgestellt wurde. Er gedenkt der sogenannten Schwedenspeisung durch das Schwedische Rote Kreuz unter Führung von Graf Bernadotte, wovon in den Nachkriegswintern schätzungsweise 40.000 bedürftige Hamburger Kleinkinder zwischen drei und sechs Jahren profitierten. Sie erhielten täglich Suppe, Brot und ab 1947 auch Lebertran sowie wenn nötig warme Kleidung oder Schuhe. Diese selbstlose Hilfe durch das im Krieg neutrale Schweden war zunächst kostenlos, erst später von einem geringen Entgelt abhängig.
Gedenkstein zur Schwedenspeisung
Es ist eine schöne Geste der Blankeneser Bürgerschaft, gerade an einer Stelle, wo vieles vom Hamburger Wohlstand zeugt und die Menschen Zerstreuung suchen, an die Zeit zu erinnern, als Hamburg in Trümmern lag, Notstandsgebiet war und uneigennützige Hilfe zum Überleben benötigte und auch bekam.
Info
Lage:
Bismarckstein: im Stadtteil Blankenese auf dem Waseberg
Gedenkstein Schwedenspeisung: beim Jollenhafen Mühlenberg am Blankeneser Elbufer
Anreis e mit dem ÖPNV:Bismarckstein: Mit der S1 ab Hamburg Hauptbahnhof bis Blankenese und von dort mit Bus 488 bis Waseberg. Von dort sind es nur noch 200 Meter zu Fuß bis zum Park. Ab dem Aussichtspunkt kann man einen schönen Spaziergang von gut zwei Kilometern entlang des Elbufers (in Richtung Hamburg City) bis zum Gedenkstein an die Schwedenspeisung unternehmen und von dort in etwa 20 Minuten (1,6 Kilometer) zurück zum S-Bahnhof Blankenese laufen.
Aktivitäten:Neben Spaziergängen eignen sich der Waseberg und das Blankeneser Elbufer wunderbar zum Joggen oder Fahrradfahren. Wer das berühmte Treppenviertel in Blankenese noch nicht kennt, kann auch einen Abstecher dorthin unternehmen.
GRÜNE OASE INMITTEN DER STADT
Mit etwa 205 Hektar ist der Altonaer Volkspark im Stadtteil Bahrenfeld Hamburgs größter öffentlicher Park, und doch ist er im Gegensatz zum Stadtpark nicht überlaufen und bietet ein echtes Wald- und Naturerlebnis inmitten des urbanen Treibens. Seinen denkmalgeschützten Kern sowie versteckte Einkehrmöglichkeiten entdeckt oft nur, wer zufällig darüber stolpert.
Freilichtbühne im Volkspark
Biegt man einige Hundert Meter hinter dem S-Bahnhof Stellingen und südlich des Volksparkstadions in den Wald ein, heißt es tief durchatmen und allen Trubel zurücklassen – wenn hoch aufragende Laubbäume die Geräusche von Motoren, Sirenen und Stimmengewirr verschlucken und stattdessen nur noch Vogelgezwitscher und das sachte Knacken von Ästen unter den Füßen vernehmbar sind; wenn im Schatten der Baumkronen an heißen Sommertagen die Luft ein paar Grad kühler wird und der Duft nach Wald in die Lunge strömt. Mit viel Glück lassen sich sogar ein Habicht, Waldkauz oder Grünspecht beobachten, die neben weiteren Vögeln im Volkspark brüten. Eine ganz besondere Rarität ist der Baumfalke.
Mitten im Wald verbirgt sich der sogenannte Tutenberg, ein geometrisch angelegter, runder Hügel umgeben von Hecken, zu dessen Steinkreis beziehungsweise Freilichtbühne an der Spitze mehrere Treppen hochführen. Von dort bietet sich ein schöner Blick über den umgebenden Wald. Manch einer behauptet sogar, es handle sich um einen magischen Kreis, in dem man sich etwas wünschen dürfe!
Dahliengarten im Volkspark
Die Wege im Park sind so verwinkelt und vielseitig wie die ständig wechselnden Szenen, und am besten lernt man ihn kennen, indem man die vielen Wegschilder ignoriert und sich treiben lässt. So stößt man früher oder später auf das Fachwerkhaus-Restaurant Das Bauernhaus, das hausgemachte Speisen und Kuchen anbietet und in dessen großem Garten am Wochenende Familien aus der City brunchen. Oder einige Hundert Meter weiter auf einen knallrot gestrichenen Biergarten im Schatten der Bäume, direkt am großen Grillplatz vor der Bahrenfelder Trabrennbahn. Klempau’s Paulaner Biergarten ist selbst an heißen Sommerabenden selten überfüllt, und wer sein Picknick mitgebracht hat oder grillen möchte, kann sich vom Biergarten die kühlen Drinks mit auf die Wiese nehmen.
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