Franziska Steinhauer - Katzmann und das verschwundene Kind

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Dresden im November 1918: Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs leiden die Menschen Hunger, viele Familien sind verarmt, die Spanische Grippe fordert täglich neue Opfer. Auch in der sächsischen Metropole kündigen sich revolutionäre Veränderungen an. Da verschwindet plötzlich spurlos ein kleines Mädchen. Schnell meint man die Schuldigen ausgemacht zu haben: eine Familie von Roma, die am Rande der Stadt lagert. Der ermittelnde Kommissar ist ratlos und sucht Hilfe bei seinem alten Jugendfreund Konrad Katzmann, dem frischgebackenen Dresden-Korrespondenten der Leipziger Volkszeitung. Mit kriminalistischem Gespür und Abenteuerlust stürzt sich der junge Reporter in die Recherche. In einer spektakulären Rettungsaktion bewahrt Katzmann die „Zigeuner“ vor der Lynchjustiz aufgebrachter Bürger und kommt schließlich auch dem wahren Täter auf die Spur … Es geschah in Sachsen ist ein Kettenroman um den jungen Dresdener Journalisten Konrad Katzmann, der in fiktiven Kriminalfällen das Sachsen des frühen 20. Jahrhunderts wieder lebendig werden lässt. Die erfolgreiche Cottbuser Krimiautorin Franziska Steinhauer, bekannt für ihre psychologisch ausgefeilten Kriminalromane, führt in Band eins dem Leser einen Täter mit erschreckenden sexuellen Vorlieben vor.

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Franziska Steinhauer Katzmann und das verschwundene Kind Der erste Fall - фото 1

Franziska Steinhauer

Katzmann und das

verschwundene Kind

Der erste Fall

Kriminalroman

Jaron Verlag

Franziska Steinhauer, erfolgreiche Cottbuser Krimiautorin, ist bekannt für ihre psychologisch ausgefeilten Kriminalromane. Mit besonderem Geschick verknüpft sie mörderisches Handeln, Lokalkolorit und Kritik an aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Zuletzt erschienen von ihr «Wortlos» (2009), «Mord im Hause des Herrn» (2009), «Gurkensaat» (2010) sowie der Krimi zur Frauen-Fußball-WM «Spielweise» (2011). (www.franziska-steinhauer.de)

Originalausgabe

1. Auflage 2011

© 2011 Jaron Verlag GmbH, Berlin

1. digitale Auflage 2013 Zeilenwert GmbH

Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.

www.jaron-verlag.de

Umschlaggestaltung: Bauer + Möhring, Berlin

ISBN 9783955520502

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titelseite Franziska Steinhauer Katzmann und das verschwundene Kind Der erste Fall Kriminalroman Jaron Verlag

Impressum Franziska Steinhauer, erfolgreiche Cottbuser Krimiautorin, ist bekannt für ihre psychologisch ausgefeilten Kriminalromane. Mit besonderem Geschick verknüpft sie mörderisches Handeln, Lokalkolorit und Kritik an aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Zuletzt erschienen von ihr «Wortlos» (2009), «Mord im Hause des Herrn» (2009), «Gurkensaat» (2010) sowie der Krimi zur Frauen-Fußball-WM «Spielweise» (2011). (www.franziska-steinhauer.de) Originalausgabe 1. Auflage 2011 © 2011 Jaron Verlag GmbH, Berlin 1. digitale Auflage 2013 Zeilenwert GmbH Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien. www.jaron-verlag.de Umschlaggestaltung: Bauer + Möhring, Berlin ISBN 9783955520502

PROLOG Juni 1918

EINS

ZWEI

DREI

VIER

FÜNF

SECHS

SIEBEN

ACHT

NEUN

ZEHN

ELF

ZWÖLF

DREIZEHN

VIERZEHN

FÜNFZEHN

SECHZEHN

SIEBZEHN

Die Reihe

PROLOG

Juni 1918

ER BEWEGTE SICH überraschend behende. Schob den schweren, unerwartet sperrigen Sack durch Gebüsch und dichtes Gestrüpp. Selbst hier brannte die Sonne heiß auf seinen Rücken, und er fluchte leise. Hätte das nicht noch ein paar Tage warten können, bis es wieder kühler war? Nein, konnte es nicht! Natürlich nicht. Schon jetzt ging ein unangenehmer Gestank von diesem Sack aus, der rasch ungewollte Aufmerksamkeit erregt hätte. Nein, das Ding musste verschwinden. Heute. Die hereinbrechende Dunkelheit würde ihm die Arbeit erleichtern. Doch bis dahin galt es, die Zeit zu nutzen und den besten Platz zu finden.

Er hatte Glück gehabt. Mit dem Sack auf dem Gepäckträger hatte er quer durch die Stadt radeln müssen, um dieses Waldstück zu erreichen. Niemand hatte von ihm und seiner Fracht Notiz genommen, obwohl die Straßen und Gehwege so voller Leute gewesen waren, dass man hätte annehmen können, das in Zeiten von Pest oder Krieg abgesagte Vogelwiesenfest fände in diesem Jahr wieder statt. Dieses ursprünglich als Schützenfest veranstaltete Vergnügen erfreute sich über die Jahre immer größerer Beliebtheit, die Besucher verschuldeten sich gar für den Besuch. Diese glücklichen Zeiten für Pfandleiher waren nun vorbei. Ihm war das gleichgültig. Er fand sein Vergnügen in vollkommen anderen Dingen. Seine Freuden wollte er nicht mit anderen teilen.

Nur einmal war die Situation brenzlig geworden, als ein großer Hund angefangen hatte, sich für sein Gepäck zu interessieren, und nur schwer davon zu überzeugen gewesen war, in dem Sack befänden sich nur ein paar Werkzeuge.

Die Kleine war selbst schuld. Wie die anderen auch.

«Wenn du mir kein Eis kaufen willst, sage ich Mama, wo du mich anfasst. Ich glaube, dann gibt es Ärger», hatte sie gesagt und ihn dabei mit demselben kalten Blick gemustert wie seine Frau. Was danach passiert war, hatte ihn selbst überrascht. Und er gab sich größte Mühe, nicht eine Sekunde davon zu vergessen.

Am liebsten hatte sie laut und hemmungslos gelacht. Ansteckend. Mit ihr war wieder Farbe in sein Leben gekommen. Für einige Zeit war sie zum Wichtigsten in seinem Denken geworden. Nun ging es nur noch darum, ihren Kadaver gut zu verbergen. Er konnte sich problemlos vorstellen, was seine Frau mit ihm anstellen würde, käme sie dahinter. Wie aufs Stichwort begannen die Narben auf seinem Rücken zu brennen und zu jucken.

Je tiefer er in den Wald eindrang, desto ruhiger und kühler wurde es. Schon bald fand er die Stelle, die er am Vortag ausgesucht hatte, zog den versteckten Spaten aus dem aufgeschütteten Reisighaufen und begann zu graben. Nach zwei Stunden sah er sich zufrieden um: Er würde vor dem Winter nicht noch einmal kommen müssen - niemand konnte hier ein Grab erahnen.

Und plötzlich spürte er ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Er breitete die Arme aus, atmete gierig die Waldluft tief in seine Lungen und wusste sofort, was das zu bedeuten hatte: Er war tatsächlich frei. Frei für die Nächste.

EINS

«ABER DAS IST DOCH nicht möglich!» Verzweifelt warf die blonde Frau beide Hände hoch in die Luft und ließ sie dann, als habe sie plötzlich alle Kraft verlassen, wieder in den Schoß fallen.

«Wir geben uns alle erdenkliche Mühe», versicherte Kommissar Fritz Ganter und wiegte seinen schweren Kopf bekümmert von einer Seite zur anderen. «Jeder Polizist draußen auf der Straße weiß inzwischen Bescheid. Alle halten Ausschau nach Trude. Wir haben mit ihren Freundinnen gesprochen, mit der Lehrerin, aber niemand konnte uns weiterhelfen.»

Fritz Ganter, untersetzt und von ausgesprochen unsportlichem Naturell, beobachtete betroffen, wie sich die Augen der Mutter mit Tränen füllten. Natürlich konnte er, selbst Vater einer Tochter, ihren Kummer nachfühlen. Es war nicht leicht zu begreifen, wie ein blonder Engel auf dem Weg zur Schule verschwinden konnte, als sei er vom Erdboden verschluckt worden.

Er verstand es auch nicht.

Sein wie für die Ewigkeit gezogener Scheitel rötete sich leicht, und unter dem mit Pomade fixierten Kurzhaarschnitt bildete sich trotz der Kälte im Bureau ein Film feinster Schweißtröpfchen. Als Frau Winterstein vor wenigen Tagen angab, ihre Tochter sei von der Schule nicht nach Hause gekommen, hatte er sich nicht ausmalen können, wie sich dieser Fall entwickeln würde. Kein Problem, war sein erster Gedanke, bis zum Abend bringen wir die Kleine nach Hause zurück. Doch das Mädchen fand sich nicht wieder ein. Das wirklich Irritierende war aber, dass niemand das Kind gesehen hatte. Weder am Tag seines Verschwindens noch danach. Nicht einmal die neugierige und überaus schwatzhafte Frau Janker, die im Parterre direkt gegenüber der Schule wohnte und wirklich alles mitbekam, was in der Straße vor sich ging.

Es gab nur drei Möglichkeiten. Erstens: Das Kind war tot. Der weiße, zarte Körper lag irgendwo leblos mit einer blutroten Wunde quer über den Hals. Doch daran mochte Fritz Ganter gar nicht denken. Die andere Möglichkeit, so schien ihm, war auch nicht viel besser: Das schmächtige Kind in der Hand eines Wüstlings, der es in irgendeinem Keller gefangenhielt. Auch eine dritte Variante konnte er nicht ausschließen. Entgegen der Darstellung der Mutter war es möglich, dass es sich bei dem Mädchen um eines von der abenteuerlustigen Sorte handelte. Konnte es also sein, dass niemand sie gesehen hatte, weil sie das selbst so wollte? War der Augenstern der Mutter schlicht durchgebrannt?

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