Anne Morelli - Die Prinzipien der Kriegspropaganda

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In der Moderne mussten die Kriegsfürsten immer darauf bedacht sein, ihre Expansionspolitik der eigenen Bevölkerung als humanitäre oder defensive Notwendigkeit schmackhaft zu machen. Im ersten Weltkrieg sollten England, das 'perfide Albion', in die Schranken gewiesen und der 'Erbfeind' Frankreich niedergerungen werden. 'Wir aber', so versicherte der deutsche Reichskanzler im Jahre 1915, 'haben den Krieg nicht gewollt.' Selbst den Überfall auf Polen im Jahre 1939 verstand Hitler als Defensivhandlung darzustellen: 'Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen.' Bis heute hat sich daran nichts geändert: 'Sadam Hussein verfügt über ein ganzes Arsenal von Massenvernichtungswaffen'. 'Die serbische Soldateska schickt sich an, einen Genozid an der albanischen Mehrheit im Kosovo zu begehen'. 'Die Sicherheit der westlichen Welt steht auf dem Spiel'. Anne Morelli hat Die Prinzipien der Kriegspropaganda aufdecken können, die offensichtlich so etwas wie die zehn Gebote der Kriegsfürsten für die 'Heimatfront' darstellen. Sie werden mit historischen Beispielen aus den Kriegen der letzten einhundert Jahre belegt – und zwar mit Beispielen von beiden Seiten der jeweiligen Konflikte. Allen offiziellen Verlautbarungen, so das Fazit der Autorin, muss im Konfliktfall mit systematischem Zweifel begegnet werden. Denn ihre Wahrheit kann erst geprüft werden, wenn es zu spät ist – nach dem Krieg.

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Anne Morelli

Die Prinzipien der Kriegspropaganda

Aus dem Französischen von

Marianne Schönbach

Die französische Originalausgabe erschien bei den Éditions Labor Brüssel - фото 1

Die französische Originalausgabe erschien bei den Éditions Labor, Brüssel, unter dem Titel: Principes élémentaires de propagande de guerre. Utilisables en cas de guerre froide, chaude ou tiède … © der Originalausgabe 2001, Éditions Labor, Quai du Commerce 29, B-1000 Brüssel.

Die deutsche Ausgabe basiert auf einer aktualisierten Fassung der Autorin aus dem Jahre 2004.

Zweite Auflage 2014

© der deutschen Ausgabe: zu Klampen Verlag

Röse 21 · D-31832 Springe

e-mail: info@zuklampen.de

www.zuklampen.de

Satz: thielenVERLAGSBUERO, Hannover

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015

Umschlag: Matthias Vogel (paramikron), Hannover

ISBN 978-3-86674-444-8

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar.

Inhalt

Cover

Titel Anne Morelli Die Prinzipien der Kriegspropaganda Aus dem Französischen von Marianne Schönbach

Impressum Die französische Originalausgabe erschien bei den Éditions Labor, Brüssel, unter dem Titel: Principes élémentaires de propagande de guerre. Utilisables en cas de guerre froide, chaude ou tiède … © der Originalausgabe 2001, Éditions Labor, Quai du Commerce 29, B-1000 Brüssel. Die deutsche Ausgabe basiert auf einer aktualisierten Fassung der Autorin aus dem Jahre 2004. Zweite Auflage 2014 © der deutschen Ausgabe: zu Klampen Verlag Röse 21 · D-31832 Springe e-mail: info@zuklampen.de www.zuklampen.de Satz: thielenVERLAGSBUERO, Hannover 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015 Umschlag: Matthias Vogel (paramikron), Hannover ISBN 978-3-86674-444-8 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar.

Danke, Lord Ponsonby!

1. Wir wollen keinen Krieg

2. Das feindliche Lager trägt die alleinige Schuld am Krieg

3. Der Feind hat dämonische Züge (oder: »Der Teufel vom Dienst«)

4. Wir kämpfen für eine gute Sache und nicht für eigennützige Ziele

5. Der Feind begeht mit Absicht Grausamkeiten. Wenn uns Fehler unterlaufen, dann nur versehentlich

6. Der Feind verwendet unerlaubte Waffen

7. Unsere Verluste sind gering, die des Gegners aber enorm

8. Unsere Sache wird von Künstlern und Intellektuellen unterstützt

9. Unsere Mission ist heilig

10. Wer unsere Berichterstattung in Zweifel zieht, ist ein Verräter

Von Lord Ponsonby zu Jamie Shea

Nachweise und Anmerkungen

Danke, Lord Ponsonby!

Als ich an der Freien Universität Brüssel das Lehrgebiet »Historische Quellenkritik« übernahm, empfahl mir mein einstiger akademischer Lehrer, Professor Stengers, zwei Werke zur privaten Lektüre und auch als Basis für meine Lehrveranstaltungen. Erstens legte er mir Jean Norton Crus Studie über Augenzeugenberichte ans Herz, das viele unserer Vorstellungen über den Wahrheitsgehalt persönlicher Kriegsberichte in Frage stellt.1 Zweitens empfahl er mir das aufwühlende Buch von Arthur Ponsonby, das 1928 unter dem Titel Falsehood in Wartime in London erschienen war.2

Vorab ein paar Sätze über Arthur Ponsonby, denn immerhin verdankt das vorliegende Buch seine Entstehung dieser faszinierenden Persönlichkeit und seinen Überlegungen zur Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Baron Arthur Ponsonby (1871 – 1946) stammte aus einer der bedeutendsten Familien Großbritanniens. Da sein Vater Privatsekretär der englischen Königin Victoria war, wurde Arthur auf Schloß Windsor geboren.

Nach standesgemäßem Studium in Eton und Oxford entschied sich Ponsonby für eine diplomatische Laufbahn und zog später als Mitglied der Liberalen Partei (schon das in Anbetracht seiner Herkunft äußerst gewagt!) ins Unterhaus ein. Aus Protest gegen den Kriegsbeitritt seines Landes im Jahr 1914 wechselte er (damals für einen Aristokraten geradezu ungeheuerlich!) zur Labour Party über, die er zunächst im Unter-, dann im Oberhaus repräsentierte. In den von der Labour Party geführten Regierungen war er erst Unterstaatssekretär im Außenministerium, dann Verkehrsminister, schließlich Führer der Labouropposition im Oberhaus. Als sich die Labour Party 1940 den Kriegsbefürwortern anschloß, blieb Arthur Ponsonby seiner pazifistischen Einstellung jedoch treu und brach mit seiner Partei.

Im Oktober 1914 hatte er zusammen mit drei sehr angesehenen englischen Liberalen (Norman Angell, Edmund D. Morel und Trevelyan) und dem damaligen Führer der Labour Party, Ramsay Mac-Donald, die Union of Democratic Control gegründet, die sich als öffentlich operierende Kontrollinstanz der britischen Außenpolitik verstand. Trotz der Verfolgungen, denen ihre Mitglieder ausgesetzt waren,3 veröffentlichte die Union während des Ersten Weltkriegs und auch später Pamphlete, in denen sie die offizielle Propaganda der britischen Regierung bekämpfte. Bald dehnte sie ihre Aktivitäten auch aufs Ausland aus, vor allem durch ihre Monatszeitschrift Foreign Affairs , die den Untertitel trug A Journal of International Understanding . In Frankreich war der Union of Democratic Control die Société d’étude sur la guerre und die Union populaire pour la paix angeschlossen, die sich unter anderem für die Veröffentlichung des Buches von Georges Demartial, Comment on mobilisa les consciences ,4 einsetzte.

Als eingefleischter Pazifist wußte Arthur Ponsonby5 natürlich, daß Krieg immer mit unzähligen Greueltaten, Gewaltakten und Barbarei einhergeht. In seinem Buch ging es ihm jedoch in erster Linie darum, die Lügen zu benennen und zu analysieren, die im Ersten Weltkrieg erfunden und propagiert wurden, um den jeweiligen Bevölkerungen der kriegführenden Länder Wut, Angst und Haß einzuflößen, um also die Leidenschaften der Menschen zu entfachen und dadurch – zumindest in Großbritannien, wo es keine allgemeine Wehrpflicht gab – möglichst viele Freiwillige rekrutieren zu können. So zählte er nicht nur die Lügen auf, die in Deutschland, Frankreich, Italien und in den Vereinigten Staaten verbreitet worden waren, sondern vor allem die aus seiner Heimat Großbritannien, wo Lord Northcliffe für die offizielle Propaganda zuständig war.

Auf diese Weise hat Arthur Ponsonby einige entscheidende Mechanismen der Kriegspropaganda herausgearbeitet, die sich in zehn »Geboten« zusammenfassen lassen. Im vorliegenden Buch habe ich diese zehn »Gebote« in zehn Kapiteln systematisch untersucht. Bei jedem einzelnen Prinzip der Propaganda versuche ich zu belegen, daß es nicht nur im Ersten Weltkrieg eine Rolle spielte, sondern seither immer wieder von den Konfliktparteien verwendet wurde.

Es geht mir hier nicht darum, die guten oder bösen Absichten der unterschiedlichen Kriegsparteien zu sondieren. Ich will nicht herausfinden, welche Partei Lügen und welche die Wahrheit propagiert, welche in gutem Glauben handelt und welche nicht. Mein Ziel war einzig und allein, die Prinzipien der Kriegspropaganda, die von allen Konfliktparteien in gleicher Weise verwendet werden, anschaulich zu beschreiben und ihre Mechanismen zu verdeutlichen. Die klassischen Prinzipien Ponsonbys, das sei noch gesagt, lassen sich zwar am Beispiel »heißer« Kriege am einfachsten demonstrieren. Sie werden in »kalten« oder »lauwarmen« Kriegen aber mit ebenso viel Erfolg angewendet.

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