Der Natur bis ans Ende vertrauen
Andrew Taylor Still
IMPRESSUM
Der Natur bis ans Ende vertrauen, 3.Auflage Copyright © 2013 bei JOLANDOS JOLANDOS, Am Gasteig 6, 82396 D-Pähl ISBN 978-3-936679-31-1 (Print) ISBN 978-3-941523-15-9 (Ebook / MOBI) ISBN 978-3-941523-37-1 (Ebook / EPUB) www.jolandos.de, info@jolandos.de
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ZITATQUELLE
Das große Still-Kompendium. 2. Auflage © JOLANDOS, 2005 ISBN 978-3-936679-64-9
LEKTORAT
Christian Hartmann
KORREKTORAT
Jutta Burghardt
UMSCHLAGGESTALTUNG & SATZ
Christian Hartmann
GRAFIKEN
Simone Stricker
DRUCK / PRINTVERSION
Buchproduktion Thomas Ebertin
www.buchproduktion-ebertin.de
EBOOK-GESTALTUNG
Corinna Rindlisbacher
www.ebokks.de
Jede Verwertung von Auszügen der deutschen Ausgabe ist ohne Zustimmung von JOLANDOS unzulässig und strafbar. Dies gilt für jegliche Form der Vervielfältigungen und Verbreitung.
EINFÜHRUNG
OSTEOPATHIE
BEOBACHTUNGEN
NATUR
PHILOSOPHIE
MEDIZIN
SCHULE
RELIGION
DIVERSES
STILL ÜBER STILL
FUßNOTEN
AB = Autobiografie
PO = Die Philosophie der Osteopathie
PMPO = Die Philosophie und mechanische Prinzipien der Osteopathie
FP = Forschung und Praxis
EINFÜHRUNG
KURZBIOGRAFIE 1
A. T. Still kam am 6. August 1828 in einer winzigen Hütte in Lee County, Virginia, zur Welt. Sein Vater, Abram Still (1796–1867), war als methodistischer Wanderprediger und autodidaktischer Landarzt für seine flammenden Reden bekannt. 2Er dürfte Andrews ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein sich selbst und anderen gegenüber entscheidend mitbestimmt haben, denn im Methodismus spielt gerade der verantwortungsvolle Umgang mit der Schöpfung während des Erdenlebens eine zentrale Rolle für die Vervollkommnung nach dem Tod.
Da es in den ländlichen Einöden kaum studierte Mediziner gab, fungierten die Prediger zusätzlich als Laien- und Landärzte. Zudem führte das meist sehr große Allgemeinwissen der Methodistengeistlichen dazu, dass sie ganz nebenbei auch als weltliche Aufklärer tätig waren. Insofern erfüllten die Wanderprediger jener Zeit in nahezu vorbildlicher Weise das Ideal des hippokratischen Arztes: Körperarzt, Philosoph und spiritueller Begleiter. A. T. Still, der seinen Vater als Heranwachsender oft auf dessen mehrtägigen Ausritten zu den Mitgliedern seiner Gemeinde begleitete, erlernte so nicht nur die Grundfertigkeiten medizinischer Betreuung, sondern erfuhr auch, dass gute Medizin stets mit einer gewissen spirituellen Betreuung einhergeht.
Als die spirituelle Betreuung ganz von den christlichen Kirchen übernommen wurde, verschwand aus dem ärztlichen Denken auch die Philosophie als natürliches Produkt des Spannungsfeldes zwischen Spiritualität und Weltlichkeit. Somit wandelte sich die ganzheitliche Medizin des antiken Griechenland schon bald in eine reine Körpermedizin, die bis heute Bestand hat. Lediglich in der psychosomatischen Medizin findet man noch die Grundstrukturen des hippokratischen Idealarztes.
Neben dem Vater prägte Stills Mutter, die Arzttochter Martha Poague Moore (1800–1888), seine toleranten und pragmatischen Persönlichkeitsanteile. Während der oft mehrwöchigen Abwesenheit ihres Mannes übernahm sie sämtliche haus- und landwirtschaftlichen Aufgaben. Stills offene Bewunderung für die weibliche Geschicklichkeit, seine für damalige Verhältnisse äußerst provokante Toleranz gegenüber Frauen, sowie seine Überzeugung, dass theoretisches Wissen nur gepaart mit praktischen Fähigkeiten einen Wert besitzt, dürften auf die Art und Weise zurückzuführen sein, wie seine Mutter diese Herausforderungen meisterte. In späten Jahren schrieb er:
„Das Pionierleben mit einer sensiblen Mutter hatte mehr mit der Entfaltung der osteopathischen Wissenschaft zu tun, als es jede andere Ausbildung möglicherweise gehabt hätte.“ 3
Schon früh nahm der Vater den jungen Andrew mit auf seine Ausflüge, und man kann vermuten, dass dabei dessen universelles Interesse am Menschen erstmals geweckt wurde. Wie viele andere gleichaltrige Jungs wandte er sich aber zunächst mit ganzer Leidenschaft der Jagd zu. Noch bevor er mit irgendeinem medizinischen Buch in Berührung kam, begann Still, Anatomie und Verhaltensweise von Tieren genauestens zu studieren. Inmitten der endlosen Weiten des amerikanischen Westens verinnerlichte er nach und nach die Vollkommenheit, Harmonie und Unfehlbarkeit der sich ihm offenbarenden Natur und sein Durst nach einem tiefen Verständnis innerer Zusammenhänge wuchs. Mit dem Erwachsenwerden weitete er deshalb sein Forschungsgebiet schon bald auch auf den Menschen aus. Um dessen Anatomie besser zu verstehen, exhumierte er Leichen von Indianern und begann so, ohne je zuvor ein entsprechendes medizinisches Fachbuch gelesen zu haben, mit seinen ersten anatomischen Studien. 4
Dass sich seine Schulbildung aufgrund der damaligen Verhältnisse nur auf das Notwendigste beschränkte, brachte nicht nur Nachteile mit sich. Es gab, Ihm auch die Möglichkeit, der sich ihm bietenden Vielfalt der Natur mit empfänglichem, durch keine intellektuellen Voreingenommenheiten verstelltem Blick zu begegnen. Seine Wahrnehmung der Wirklichkeit wurde nicht durch ein theoretisches Gerüst gefiltert, sondern die Theorie oder besser das medizinphilosophische Konzept der Osteopathie entstand zuallererst aus seinen sinnlichen Erfahrungen und seinem gesundem Menschenverstand. Damit lebte er wie kaum ein anderer den von Ralph W. Emerson begründeten Amerikanischen Transzendentalismus , der die Überwindung alter und allgemeingültiger Weltbilder einfordert und jedem das Recht zugesteht, sich durch sinnliche Eindrücke von der Welt und anschließende Reflexion sein eigenes Weltbild zu schaffen. Diese für die damalige Zeit völlig neue Freiheit führte zu enormen gesellschaftlichen Umgestaltungen und bildet noch immer die Grundlage für die enorme Dynamik und das besondere Selbstverständnis der amerikanischen Bevölkerung.
Begabt mit einem außergewöhnlichen praktischen Geschick und getrieben von seinem Wissensdurst experimentierte der junge Still in den 1850ern mit allem, was seinen Weg kreuzte. Und nur das, was sich als erfolgreich, praktikabel und wirksam erwies, verfolgte er weiter. Theorien, die der Praxis nicht standhielten, warf er – ohne Rücksicht auf deren Reputation – über Bord. Als kritischer Empiriker reinsten Wassers musste er zwangsläufig in Konflikt mit der damals etablierten ‚heroischen Medizin‘ geraten, die überwiegend aus Aderlässen, dem Verabreichen von hochgiftigen Brechmitteln bzw. Alkohol und später Morphium sowie aus unsterilen Inokulationen (Impfungen) und oftmals fragwürdigen chirurgischen Eingriffen bestand.
Ihm Zuge seiner Begeisterung für Maschinen und deren Nutzen bei der anstrengenden Feld- und Hausarbeit begann Still, verschiedenste Geräte zu entwerfen – von der Schneebrille über den automatischen Heuaufsammler bis hin zum preisgekrönten Butterrührer. Auch hier zeigt sich wieder, dass er nicht nur ein genauer Analytiker, sondern auch ein patenter Praktiker war, der eine Theorie erst dann anerkannte, wenn sie sich in der Umsetzung eindeutig bewährt hatte.
Inzwischen hatte er eine rudimentäre medizinische Ausbildung in Kansas City absolviert, die er aber aufgrund ihrer miserablen Qualität nie der Erwähnung wert fand. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sein Diplom abzuholen – auch ein Hinweis darauf, dass er Status und Titeln grundsätzlich keine Bedeutung beimaß. Auf die Frage eines Journalisten, wie er denn betitelt werden wolle, antwortete Still – damals schon ein betagter und berühmter Mann – trocken: „D.O., M.D., oder was immer Sie wollen.“ 5
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