Horst Bosetzky
Aufruhr am Alexanderplatz
Von Gontards fünfter Fall
Criminalroman
Jaron Verlag
Horst Bosetzkyalias –ky, emeritierter Soziologieprofessor, lebt in Berlin und gilt als »Denkmal der deutschen Kriminalliteratur«. Mit einer mehrteiligen Familiensaga, zeitgeschichtlichen Spannungsromanen und biographischen Romanen (wie »Kempinski erobert Berlin«, 2010, und »Der König vom Feuerland« über August Borsig, 2011) avancierte er zu einem der erfolgreichsten Autoren der Gegenwart. Im Jaron Verlag erschienen von ihm daneben mehrere Titel für die erfolgreichen Krimiserien »Es geschah in Berlin« (zuletzt »Razzia«, 2013) und »Es geschah in Preußen« (zuletzt »Mamsellenmord in der Friedrichstadt«, 2012). Zusammen mit dem bekannten Rechtsmediziner Prof. Dr. Gunther Geserick veröffentlichte er Kriminalgeschichten unter dem Titel »Berliner Leichenschau« (2013).
Originalausgabe
1. Auflage 2013
© 2013 Jaron Verlag GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.
www.jaron-verlag.de
Umschlaggestaltung: Bauer + Möhring, Berlin
1. digitale Auflage 2013: Zeilenwert GmbH
ISBN 978-3-95552-034-2
Cover
Titel Horst Bosetzky Aufruhr am Alexanderplatz Von Gontards fünfter Fall Criminalroman Jaron Verlag
Impressum Horst Bosetzky alias –ky, emeritierter Soziologieprofessor, lebt in Berlin und gilt als »Denkmal der deutschen Kriminalliteratur«. Mit einer mehrteiligen Familiensaga, zeitgeschichtlichen Spannungsromanen und biographischen Romanen (wie »Kempinski erobert Berlin«, 2010, und »Der König vom Feuerland« über August Borsig, 2011) avancierte er zu einem der erfolgreichsten Autoren der Gegenwart. Im Jaron Verlag erschienen von ihm daneben mehrere Titel für die erfolgreichen Krimiserien »Es geschah in Berlin« (zuletzt »Razzia«, 2013) und »Es geschah in Preußen« (zuletzt »Mamsellenmord in der Friedrichstadt«, 2012). Zusammen mit dem bekannten Rechtsmediziner Prof. Dr. Gunther Geserick veröffentlichte er Kriminalgeschichten unter dem Titel »Berliner Leichenschau« (2013). Originalausgabe 1. Auflage 2013 © 2013 Jaron Verlag GmbH, Berlin Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien. www.jaron-verlag.de Umschlaggestaltung: Bauer + Möhring, Berlin 1. digitale Auflage 2013: Zeilenwert GmbH ISBN 978-3-95552-034-2
Eins
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Siebzehn
Achtzehn
Neunzehn
Zwanzig
Einundzwanzig
Zweiundzwanzig
Als Christian Philipp von Gontard erwachte, brauchte er einige Sekunden, um sich zu orientieren. Die niedrige Zimmerdecke … Er war offensichtlich nicht auf seinem Gut in Wutike. Die Stille draußen … Das war auch nicht seine Wohnung in der Berliner Dorotheenstraße. Endlich erkannte er, wo er sich befand: in Wahn. Nicht etwa im Wahn, sondern in Wahn. Genauer gesagt, in der Wahner Heide nahe Köln. Er schlug die Bettdecke beiseite, setzte sich auf und massierte seine Schläfen. Der Abend mit den Kameraden war lang gewesen, und anderthalb bis zwei Flaschen Wein bei einer Feier war er nicht gewohnt.
Man schrieb das Jahr 1838, und man hatte ihn, den jungen Lieutenant des 3. Garde-Feldartillerie-Regiments, abkommandiert auf den Schießplatz Wahner Heide. Der war nach Ende der Freiheitskriege gegen Napoleon angelegt worden, als unter Prinz August von Preußen die Artillerie neu organisiert worden war. Man hatte eine möglichst gefechtsnahe Ausbildung und jederzeit einsatzbereite Truppen haben wollen und zu diesem Zweck in der Nähe von Garnisonsstädten Übungsplätze eingerichtet. Für die 1816 in Köln aufgestellte 7. Königlich Preußische Artilleriebrigade hatte die Gemeinde Wahn ab 1817 ein Gelände, das man als Truppenübungsplatz nutzen konnte, zur Verfügung stellen müssen. Die Größe dieses »Revue-Platzes« war der Reichweite der Geschütze und der Sprengwirkung der zur Verfügung stehenden Artilleriegranaten angepasst gewesen. Doch der rasante Fortschritt in der Militärtechnologie führte dazu, dass die Reichweite der Geschütze ständig zunahm.
Einquartiert hatte man Gontard im Dorf Altenrath östlich des Schießplatzes, und zwar beim Bäcker Georg Engels. Dessen Vorfahren waren allesamt Töpfer gewesen, doch nachdem dieses Gewerbe zum Erliegen gekommen war, hatte man sich anderen Betätigungen zuwenden müssen.
Gontard hatte gelacht, als ihm der Bäcker davon berichtet hatte. »Das Beschicken eines Ofens steckt Ihnen offenbar im Blut. Bei Ihren Ahnen waren es die aus Ton geformten Krüge, die in den Ofen kamen, bei Ihnen sind es die Brotlaibe.«
»Vor allem meine Kuchen. Den Kirschstreusel müssen Sie unbedingt einmal probieren!«
Viel lieber hätte Gontard Marie probiert, die Tochter des Bäckers, doch kaum hatte ihre Mutter seine begehrlichen Blicke bemerkt, warnte sie ihn auch schon: »Passen Sie nur auf, Herr Lieutenant! Unser Mariechen ist verlobt, und ihr Verlobter, der Drickes, ist ein Schmied, wo der hinlangt, da wächst kein Gras mehr.«
Also beschränkte sich Gontard darauf, Marie verstohlene Blicke hinterherzuwerfen. Seinem Freund Friedrich Kußmaul schrieb er nach Berlin, sie sei ein wahres Zuckerpüppchen.
Wenn die Engels’ mit Gontard redeten, bemühten sie sich, ein auch ihm verständliches Deutsch zu sprechen, wenn sie aber unter sich waren oder vergaßen, dass er mit am Tisch saß, dann verfielen sie in ihren rheinischen Dialekt.
So geschah es auch an diesem Morgen, als Gontard mit einiger Verspätung am Frühstückstisch erschien und sich dafür entschuldigte.
Die Bäckersfrau winkte ab. »Wer lang schlöf, dä schlöf sich wärm, wer fröh opsteit, dä friss sich ärm.«
Und gleich danach verkündete der Hausherr mit einem Blick aus dem Fenster: »Et Wedder wed jot: Die Aape klimme.«
Gontard sah ihn verständnislos an. »Wie?«
»Das Wetter wird gut: Die Affen klettern.«
Auch als Maries Mutter noch einmal auf ihren künftigen Schwiegersohn zu sprechen kam, konnte sich Gontard den Sinn ihrer Worte nicht so recht erschließen. »Wenn dä stirv, möht mer demm sing Mul extra dutschlage.« Das sollte heißen, dass der Drickes ein Schwaadlappe war – also einer, der dauernd schwätzte und dem man nach seinem Tod sogar noch den Mund totschlagen musste.
Marie fragte Gontard, ob er nicht zum Mittagessen vom Schießplatz zurück nach Altenrath kommen wolle.
Das Frühstück mit der Familie Engels hätte für ihn ewig dauern können, doch war es Zeit, sich zu erheben und zur Kirche St. Georg zu laufen, wo der Kutschwagen hielt, der ihn und seine Kameraden abholte und zum Schießplatz brachte.
Dort hatte Richard von Randersacker das Sagen, geboren am 4. Januar 1799 in Schramburg als Sohn eines Woiwoden und mit seinen Eltern aus Livland nach Preußen gekommen, nachdem man in Preußen und Österreich den Grafenstand der Familie anerkannt hatte. In Polnisch-Livland, Kurland und Litauen gehörte ihm ein von der Düna durchströmtes Gebiet von 35 Quadratmeilen mit rund 15 000 Seelen. Vermählt war er mit der Freiin Magdalene von Lixna.
Randersacker war nach dem Besuch der Liegnitzer Ritterakademie 1815 zur Artillerie gekommen. Am Ende der Befreiungskriege war er zur Garde-Artillerie nach Berlin versetzt worden. 1825 hatte man ihn zum Premier-Lieutenant befördert, danach reichte er seinen Abschied ein, weil ihm die Verwaltung und der Erhalt seiner Besitzungen sehr am Herzen lagen. Nach Ausbruch des Novemberaufstands in Polen Ende 1830 war er zur Landwehr einberufen worden und hatte die 5. Artillerie-Brigade übernommen. Dort war er 1833 zum Hauptmann ernannt worden und später zum Major aufgestiegen. Seit 1837 fungierte er als Director in der Abteilung für Artillerie-Angelegenheiten im Kriegsministerium in Berlin.
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