Leipzig - Die utopische Kommune 1989 – 2015

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So vielschichtig wie die Stadt ist auch diese besondere Sammlung von zehn Leipziger Kurzgeschichten. Zusammengenommen bilden sie ein Prisma, in welchem sich die Zeitgeschichte zwischen 1989 und 2015 vielgestaltig bricht und dabei den Blick auf Individuelles und Intimes freigibt. – Auf das Leben, die Liebe und die Hoffnung in Leipzig. Mit dabei: Der Siegerbeitrag des Autorenwettbewerbes »Leipzig – Die utopische Kommune«: »Ein kleines Blatt vom Baum der Geschichte« von Gisela Kohl-Eppelt.

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LEIPZIG

DIE UTOPISCHE KOMMUNE 1989 – 2015

Zehn Kurzgeschichten

Zusammengetragen von der

Initiative Ost-Passage Theater

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2015

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.

Copyright (2015) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte bei den Autoren!

Umschlagbild © Felix Almes

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015

www.engelsdorfer-verlag.de

INHALT

Cover

Titel LEIPZIG DIE UTOPISCHE KOMMUNE 1989 – 2015 Zehn Kurzgeschichten Zusammengetragen von der Initiative Ost-Passage Theater Engelsdorfer Verlag Leipzig 2015

Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2015) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte bei den Autoren! Umschlagbild © Felix Almes Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015 www.engelsdorfer-verlag.de

Vorwort

Gisela Kohl-Eppelt: Ein kleines Blatt vom Baum der Geschichte

Hanskarl Hoerning: Erstbesiedlung

Reinhard Bernhof: Fete im Punkthochhaus

Mark Gärtner: Nachts die Karli

Helma Ritter: Was wir nicht wussten

Marlen Deneser: Goethes Erbschleicher – von Gretchenfragen und notorischer Torschlusspanik

Markus Böhme: Temporary Art

Sophie Bouchbouk: Draußen

Armin Chiriac: Das Jubiläum

Mandus I. Craiß: Leipzig – Friedhof der Träume

VORWORT

Leipzig als Stadt konkreter Utopie

Leipzig ist berühmt dafür, eine Stadt voller „Helden“ zu sein, zogen doch die Bürger/​-innen im „Wendejahr“ 1989 zu Tausenden mutig gegen die DDR-Obrigkeit auf die Straße und traten für neue politische Wege ein. Dass Leipzig damit auch die „Stadt der Utopien“ ist, rückt dabei weniger in den Blickwinkel. Dabei war gerade das „Wendejahr“ 1989 der historische Kristallisationspunkt eines utopischen Dranges nach anderen Perspektiven und neuen Möglichkeiten.

Aber auch schon vorher gingen von Leipzig weithin wahrnehmbare utopische Impulse aus. Denn Leipzig ist ebenso berühmt für den bedeutendsten Entwurf einer Philosophie der Utopie im 20. Jahrhundert, der mit dem Namen Ernst Bloch verbunden ist. Bloch lehrte und forschte in den 50er und 60er Jahren an der Leipziger Universität und veröffentlichte in dieser Zeit sein Hauptwerk, „Das Prinzip Hoffnung“, bevor er von der allzu engen marxistisch-leninistischen Philosophie seiner Institutskollegen vertrieben wurde. „Das Prinzip Hoffnung“ prägt den Begriff der „konkreten Utopie“ bis heute. Bloch versteht den Menschen als in besonderem Maße experimentierfreudig, als einen Weltveränderer, der stets eine Zukunft für sich gestalten will. Die konkreten Utopien der Menschen, die in ideologischen Überzeugungen, religiösen Einstellungen und politischen Haltungen, aber auch in individuellen Zukunftsplänen, Wünschen und Tagträumen formuliert, entfaltet und gelebt werden, stellen für ihn den wahrhaft bedenkenswerten Stoff einer humanistisch inspirierten Kultur dar. Für Bloch sind es gerade diese konkreten Utopien, aus denen das Zukünftige, das Neue vorscheint, und nicht etwa aus den abstraktrationalen, kollektiven Planungsfantasien und damit real unerreichbaren Utopie-Entwürfen. Bloch hat mit dieser Einsicht das notwendige Ende des sozialistischen Projektes gedanklich dreißig Jahre vorweggenommen. Und in diesem Sinne sind die konkreten Utopien der Menschen nicht nur eine wichtige Orientierung für jede/​-n Einzelne/​-n, sie sind zugleich auch der Stoff für einen ernst zu nehmenden Blick in die Zukunft. Das gilt auch für Leipzig.

Konkrete Utopien als Leipziger Standortfaktor

Konkrete Utopien spielen für Leipzig heute eine größere Rolle als noch zu Zeiten Blochs. Denn Leipzig wird heute, 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, gerade vor dem Hintergrund der hier gelebten konkreten Utopien wahrgenommen. Die Feuilletons der großen deutschen Verlagsanstalten und Nachrichtendienste überschlagen sich mit euphorischen Kommentaren zu Leipzig als Kreativstadt: So urteilte die Zeit über Leipzig als „Ort zum Träumen“ oder die FAZ sieht in Leipzig das „Disneyland des Unperfekten“. Von edlen Wilden in einer postkommunistischen Nische wird da munter fabuliert.

Einen großen Teil dieser Attraktivität bezieht Leipzig aus seiner Ausstrahlung als Großstadt, wo dank des vergleichsweise hohen Wohnungsleerstands und der vielen unerschlossenen, alten Industriebrachen potenziell erschwingliche Orte schlummern und darauf warten, von kreativen Geistern wachgeküsst zu werden. Keine deutsche Stadt dieser Größe kann eine so hohe Zahl an selbstverwalteten Haus- und Wohnprojekten, Nachbarschaftsinitiativen, Gartenkooperativen, Kunst- und Kulturräumen vorweisen. Dass diese längst kein Nischendasein mehr führen (müssen), zeigt sich schon an der zunehmenden internationalen Wahrnehmung. So fand 2014 der große Jahreskongress der internationalen Post-Wachstums-Bewegung nicht zufällig in Leipzig statt. Und auch bundesweit zieht die Stadt immer mehr junge Freigeister in ihren Bann, wie die ständig steigenden Zuzugszahlen belegen. Schöner wohnen, anders arbeiten, besser leben – Leipzig ist vor dem Hintergrund all der Postindustrieromantik ein Laboratorium neuer Ideen und neuer Formen des Zusammenlebens, ein El Dorado konkreter Utopien.

Dass das konkret utopische Denken eng mit den kulturellen Eigenarten der Menschen verzahnt ist, davon gibt Leipzig als Kulturstadt ein ebenso beredtes Bild. Während in anderen großen deutschen Städten die Leuchttürme der einstigen „Hofkultur“ noch heute ihre Schatten weit vorauswerfen, war und ist Leipzig seit jeher durch eine äußerst lebendige und vielseitige „Bürgerkultur“ geprägt. Und diese hat sich in den letzten 25 Jahren durch zwei neue Quellen aufgefrischt: die eher exklusive „Subkultur“ und die eher inklusive „Soziokultur“. Beides sind Lernwerkstätten des Zukünftigen, bieten erste Ankerpunkte für ganz heterogene soziale Schichten und leisten damit einen entscheidenden Beitrag zur Nachwuchsförderung, zur Bildung des Publikums und zum Erstaufschluss kunst- und kulturferner Milieus. Kunst und Kultur sind dort untrennbar mit dem Politischen und Sozialen verknüpft. Sie experimentieren an den ökonomischen und sozialen Fundamenten, zeigen neue Formen der Teilhabe und Mitbestimmung auf und sind nicht zuletzt oft avantgardistischer Impulsgeber für die Sparten. Die Frage, wie sich Kunst und Kultur auch neben und jenseits der deutschen Subventionskultur produzieren und reproduzieren lassen, ist deshalb für den postindustriellen Standort Leipzig von zentraler Bedeutung. Wenn es in Zukunft gelingt, mehr kreativwirtschaftlich stabile Modelle zu profilieren, die für andere Städte Modellcharakter haben, wäre dies ein essentielles Alleinstellungsmerkmal der Stadt und damit ein echter Standortfaktor. Leipzig ist zur Kultur bestimmt.

Dass solche Experimente auch fehlgehen, enden, scheitern können, lehrt die Geschichte. Umso wichtiger ist ihre historische Bedeutung in der Erinnerung. Und gerade hierfür braucht es eine Topografie der konkreten Versuche oder gar eine Archäologie konkreter Utopien, kurzum ein „Archiv der Ideen“. Für eine solche Leipziger „Archivierung“ wollen wir als Initiative Ost-Passage Theater mit dem Buch „Leipzig – Die utopische Kommune 1989 – 2015“ zum Stadtjubiläum der 1000-jährigen Ersterwähnung Leipzigs, im Rahmen des Kongresses Kultur|Standort. Bestimmung, einen Beitrag leisten.

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