HANS MESSNER
Das KANALTAL
Zwei Flüsse
Drei Kulturen
Vier Sprachen
IMPRESSUM
ISBN: 978-3-9904-0372-3
© 2015 by Styria Regional in der
Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG
Wien – Graz – Klagenfurt
Alle Rechte vorbehalten
Bücher aus der Verlagsgruppe Styria gibt es in jeder Buchhandlung und im Online-Shop
Lektorat: Nicole Richter
Covergestaltung: Maria Schuster
Buchgestaltung, Illustrationen: 2 LIONS DESIGN [Carolina Santana]
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
Cover
Titel HANS MESSNER Das KANALTAL Zwei Flüsse Drei Kulturen Vier Sprachen
Impressum IMPRESSUM ISBN: 978-3-9904-0372-3 © 2015 by Styria Regional in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG Wien – Graz – Klagenfurt Alle Rechte vorbehalten Bücher aus der Verlagsgruppe Styria gibt es in jeder Buchhandlung und im Online-Shop Lektorat: Nicole Richter Covergestaltung: Maria Schuster Buchgestaltung, Illustrationen: 2 LIONS DESIGN [Carolina Santana] 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
Wo Mitteleuropa gelebt wird Grenzüberschreitende Gipfelziele in den westlichen Julischen Alpen
Von den Römern bis in die Gegenwart
Wirtschaftsleben im Laufe der Geschichte
Menschen am Schnittpunkt dreier Kulturen
Die Küche des Tals
Giusi, Alfredo & Freunde: Kanaltaler brillieren in Rom
Der Kanaltaler Kulturverein
Paolo Montanaro: Künstlername „Paul vom Kanaltal“
Slowenische Kulturträger im Kanalska dolina
Tarvis: Einkaufsstadt und naher Süden
Renato Carlantoni: Il Sindaco spricht Kärntnerisch
Familie Tosoni: Händler mit Qualitätsphilosophie
Familie Pecoraro: Fische aus Marano Lagunare
Familie Schmalzl Kranner: Gastronomie und Prominenz
Edi Kranner: Ein Leben zwischen Markt und Gastwirtschaft
Glück auf in Raibl
Evelyn Sima: Modeexpertin aus Radenthein, Tarvis und Rateče
Camporosso: Das Dorf am Fuße des Monte Lussari
Benvenuta Plazzotta: Wirtin mit Wirtschaftsstudium
Familie Zamò: Winzer entspannen in den Bergen
Der Heilige Berg Monte Lussari
Kornelia Geissler-Sandrini: Von Arnoldstein nach Tarvis
Vor dem prächtigen Panorama der Saisera
Irma Keil Gelbmann: Kunsthandwerk und Backstube
Ugovizza: Wo die Feuerwehr Deutsch kommandiert
Lucia Mischkot: Die kulinarische Bahnhofsvorständin
Malborghetto: Auf Napoleons Spuren
Raimondo Domenig: Der Historiker des Tales
Pontebba: Wo das Kanaltal beginnt oder endet
Sport und Freizeit zwischen Tal und Berg
Familie Mazzolini: Die Wirte vom Alten Schilift
Ciclovia Alpe Adria
Der Autor
Bildnachweis
Weitere Reiseführer
Grenzüberschreitende Gipfelziele in den westlichen Julischen Alpen
Wo Mitteleuropa gelebt wird
Das enge Tal der Slizza ist für Reisende so etwas wie das Tor zum Süden. Egal, ob man sich diesem Süden auf der Autobahn oder auf der Bundesstraße nähert. Dabei befindet man sich auf altem Kärntner Boden. Mit dem verlorenen Ersten Weltkrieg, dem Untergang der Monarchie und den Verträgen von Saint-Germain wurde das Kanaltal schließlich Italien zugesprochen. Das gilt für den gesamten Verlauf von der Grenze bis nach Pontebba. Das Kanaltalmit seinen weiteren offiziellen Namen Val Canale/Val Cjânal/Kanalska dolinaist ein Tal mit zwei Flüssen, die allerdings in unterschiedliche Richtungen fließen. Die Fellamündet in den Tagliamento und dann in die Adria, während die Slizza/Gailitz/Ziljicaüber Gail, Drau und Donau ihre lange Reise ins Schwarze Meer antritt.
Einen interessanten Aspekt brachte bei einem Gespräch der Obmann des Kanaltaler Kulturvereines, Alfredo Sandrini, ein. Er erklärte uns, dass das Kanaltal geografisch von der Mündung der Gailitz in die Gail bis hinunter nach Pontebba reicht. Die Gailitz mündet bei Arnoldstein in Kärnten in die Gail. Und Orte wie Dogna, Chiusaforte oder Carnia liegen nicht im Kanaltal. Denn in Pontebba beginnt Richtung Süden hin das Eisen- oder Fellatal (Canal del Ferro).
Wir befinden uns hier am Schnittpunkt dreier Kulturen. Germanen, Slawen und Romanen trafen bzw. treffen im Dreiländereck aufeinander. Und diese drei Kulturkreise begegnen uns in den Orten rund um Tarvis und natürlich im Kanaltal selbst.
Doch hier begegnen sich nicht nur drei Kulturkreise, es werden auch vier Sprachen gesprochen. Italienisch, Furlanisch, Deutsch und Slowenisch sind üblich, wobei mehrere meiner Gesprächspartner, eher ältere Jahrgänge, darauf pochten, Windische zu sein. Es ist überwiegend ein slowenischer Dialekt, der hier gesprochen wird, und er ist dem im Kärntner Gailtal gesprochenen sehr ähnlich. Korrekt ist, so betonen die Slowenen, die Bezeichnung „slowenischer Dialekt“. Wobei sich sprachlich von Ort zu Ort Unterschiede ergeben und vieles ineinanderfließt. Gerade deshalb funktioniert dieses Zusammenleben wohl so gut.
Wie auch immer! Ich würde es so formulieren: Im Kanaltal findet täglich „Mitteleuropa“ statt, hier wird der mitteleuropäische Gedanke tatsächlich gelebt. Und dies nicht erst seit Erfindung der Europäischen Union. Italiener, Friulaner, Slowenen und Kärntner Kanaltaler leben in diesem Tal. Kroaten, Ungarn, Slowaken, Tschechen, Österreicher und Deutsche kommen zum Einkaufen oder kehren kurz ein.
Doch damit nicht genug. Regelmäßig empfängt zum Beispiel der Tarviser Gastronom und Top-Sommelier Gianni Macoratti Gäste aus den USA zu Weinverkostungen in seinem Haus. Persönlich hatte ich die Freude an einer solchen Degustation beim „Kirchenwirt“ teilzunehmen. Die Zusammensetzung war wie folgt: der Hausherr als Italiener und Friauler Weinfachmann, ein mehrsprachiger Guide aus Slowenien mit etwa 25 US-Amerikanern, dazu gesellte sich der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung „Messaggero Veneto“ mit seiner Frau – und ich durfte gewissermaßen Österreich repräsentieren. Spontan stellte Macoratti nicht nur die Friauler Weine vor, sondern auch mein zuletzt erschienenes Buch „Weinführer Friaul“. Die amerikanischen Gäste staunten nicht schlecht, dass hier die drei Nationen, eben aus dem Dreiländereck, einander beim Wein gegenübersaßen. Den Radlern war die oftmals gemeinsame, allerdings kriegerische Geschichte durchaus bewusst und sie bestaunten die Italiener, den Slowenen und den Österreicher wie Zirkuspferde.
Die Gäste aus dem Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten lernen hier eine für sie völlig neue Welt kennen. Sie entdecken die Täler auf Tagesetappen per Fahrrad. Auf relativ kurzen Touren können sie drei Länder, vier Sprachen, drei Kulturkreise und deren Küche kennenlernen. Das ist daheim in den USA so nicht möglich, geben sie sich bei Gianni immer wieder verwundert – auch über das friedliche Zusammenleben. Für uns „Nachbarn“ ist dieses Glück der Vielfalt schon selbstverständlich. Nur Dummköpfe wissen das nicht zu schätzen und bauen noch immer Grenzen in ihren Köpfen auf.
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