Ekkehard Wagner
Glasschäden
Oberflächenbeschädigungen
Glasbrüche in Theorie und Praxis
4., überarbeitete und erweiterte Auflage 2012
© 2012 by Holzmann Medien GmbH & Co. KG, 86825 Bad Wörishofen
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Diese Publikation wurde mit äußerster Sorgfalt bearbeitet, Verfasser und Verlag
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Fotos und Grafiken: Ekkehard Wagner
Lektorat: Achim Sacher, Holzmann Medien | Buchverlag
Herstellung/Satz: Markus Kratofil, Holzmann Medien | Buchverlag
www.holzmann-medien.de
Artikel-Nr. 1606.60
ISBN: 978-3-7783-0843-1
Vorwort
Glas – ein absolut faszinierender Baustoff, der in den letzten Jahrzehnten in immer weiteren Anwendungsbereichen im Hochbau und im Innenausbau eingesetzt wurde. Da bleibt es nicht aus, dass sich dabei die Grenzen mancher Anwendung zeigen oder das Glas in Einzelfällen so beansprucht wird, dass diese Grenzen überschritten werden. Diese Auswirkungen zeigen sich dann nicht allein im Versagen des Materials.
Beschädigungen der Oberfläche bis hin zu Glasbruch sind nicht immer einfach zu beurteilen. Ohne entsprechende Erfahrung ist eine sorgfältige und eindeutige Ursachenzuordnung nicht immer möglich. Um die vorhandenen Erfahrungen auch anderen Glasfachleuten weiterzugeben, wurde dieses umfassende Buch über Glas, Oberflächenschäden und Glasbrüche und deren Ursachen geschrieben, das weit über das bereits Erarbeitete und Veröffentlichte hinausgeht. Neben den bisher durch den Autor veröffentlichten 43 unterschiedlichsten, schematisierten Glasbruchbildern an verschiedenen Glasarten wurden 6 weitere, ergänzende Bruchbilder auf-genommen. Auch das Kapitel Oberflächenbeschädigungen bei Glas mit bisher 20 differierenden Schadensbildern wurde um zusätzliche 3 Bilder erweitert. Alle Kapitel von der Glasherstellung über die Kerbspannungstheorie bis hin zur Bruchmechanik wurden überarbeitet, erweitert und komplettiert. Zusätzliche Themen in dieser 4. Auflage sind die Kondensation auf Glasflächen, raumseitig und außenseitig und optische Erscheinungen wie Anisotropien und Newton’sche Ringe. Das Thema Isolierglas wurde um ausführliche Abhandlungen zum Doppelscheibeneffekt und seine Auswirkungen auf Glasschäden erweitert, was zum Verständnis von Bruchvorgängen an modernen Isoliergläsern beiträgt.
Somit werden nicht nur Bruchvorgänge und Oberflächenschäden umfassend behandelt, sondern auch die meisten physikalischen, mechanischen und optischen Eigenschaften und Eigenarten von Glas detailliert beschrieben, die vielen Anwendern und Nutzern von Glas oft nicht bekannt oder verständlich sind. Bei genauer Kenntnis des Inhalts und einer gewissen, notwendigen Erfahrung lassen sich für nahezu alle Arten der Oberflächenbeschädigung und des Glasbruchs eindeutige Ursachen finden und zuordnen. Untermauert wird diese theoretische Abhandlung nicht nur durch eine Vielzahl von systematisierten, erklärenden Bildern, die die Theorie anschaulich darstellen und mit Praxisbeispielen belegen. Erstmals sind hier auch aus dem umfangreichen Bildarchiv des Autors und einiger Sachverständiger Fotos aufgenommen, die den Praxisbezug optimieren und die theoretischen Grundlagen anschaulich untermauern. Damit ist eine genaue Beurteilung der Schadensursachen in den allermeisten Fällen noch einfacher möglich. Dies führt zu einem besseren Verständnis der Eigenschaften, Eigenarten und Schadensbilder von Glas.
Besonderer Dank gilt all denjenigen, die für die Neuauflage Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben, insbesondere den Kollegen Manfred Beham, Udo Bethke, Gerhard Kirchhorfer, Karl
Polanc, Markus Renaltner, Wolfgang Sawall, Jürgen Sieber und Franz Zapletal.
Allersberg, im Sommer 2012
Ekkehard Wagner und
Holzmann Medien | Buchverlag
„Wo bist du, Glas?
Ich sehe dich nicht.
Nur den Strahl,
der sich in dir bricht.“
Gerhart Hauptmann
aus „Glas“, 1933
Teil 1 Glas –
Definition und Aufbau
1.1 Definition und Aufbau
Zur Beurteilung von Glasschäden ist die Kenntnis des Glasaufbaus immer hilfreich. Allerdings kann die einfache Frage „Was ist Glas?“ nicht leicht beantwortet werden. Das Wort Glas leitet sich ursprünglich aus dem germanischen Wort glasa ab, was so viel bedeutet, wie „das Glänzende, das Schimmernde“. Die Germanen verwendeten das Wort auch für die Bezeichnung von Bernstein. Bereits 1779 schrieb D. Johann Georg Krünitz in der oeconomischen Encyclopedie:
„Glas (das) ein jeder glänzender Körper. In dieser weiteren Bedeutung war es ehedem gewöhnlich, verschiedene Körper dieser Art zu bezeichnen. Dass die alten Deutschen den Bernstein Glas genannt haben, erhellet aus dem Tacitus und Plinius. Die alten Schweden nannten das Gold Gliis, Gläs, Bargläses, so wie die Phrygier aus eben dieser Ursache Gleros, Gliros. Auch das lateinische Glacies, Eis, gehört hierher. Im Deutschen kommt diese Bedeutung nur noch in den Zusammensetzungen Glaserz, Glaskopf, Spießglas usw. vor, wo es so viel wie Glanz bedeutet.“
Weiterhin steht dort zu lesen:
„Glas in der engsten Bedeutung, ein aus Sand oder Kieseln mit einem Alkali und Salz zusammengeschmelzter durchsichtiger glänzender Körper, welcher im gemeinen Leben zu mancherley Bedürfnissen gebraucht wird.“ [19]
Ein einfacher Definitionsversuch zeigt im Nachfolgenden mehrere Möglichkeiten auf:
Eine Beurteilung der Substanz Glas nach ihrer Zusammensetzung kann relativ einfach dargestellt werden: Glas besteht aus Sand (Netzwerkbildner), aus Soda (Netzwerkwandler/Flussmittel) und aus Kalk (Stabilisator). Das Zusammenwirken dieser drei Substanzen erläutert die nachfolgende Modellbeschreibung, die der Einfachheit halber zweidimensional dargestellt wurde: Die Einschmelzung von reinem Sand, der überwiegend aus Siliziumdioxid (Kieselsäure) besteht, geschieht bei sehr hohen Temperaturen (> 1.800 °C). Siliziumdioxid SiO2 ist in kristalliner Form als Quarz-Kristall bekannt, die Moleküle sind symmetrisch angeordnet, wie dies bei Kristallen üblich ist.
Quarzkristall;
Anmerkung: Die vierten
Valenzen des Si ragen jeweils nach oben oder unten aus der Zeichnungsebene heraus, da eine einfache und übersichtliche Darstellung nur zweidimensional möglich ist.
Bei den hohen Temperaturen der Einschmelzung von Sand entsteht ein unregelmäßiges Schmelzgefüge von vernetzten Siliziumdioxidmolekülen. Das hierbei entstehende Schmelzprodukt bezeichnet man als Quarzglas.
Quarzglas;
Anmerkung: Die vierten
Valenzen des Si ragen jeweils nach oben oder unten aus der Zeichnungsebene heraus, da eine einfache und übersichtliche Darstellung nur zweidimensional möglich ist.
Um einen wesentlich niedrigeren Schmelzpunkt zu erreichen und damit den Herstellungsprozess ökonomischer zu gestalten, wird Soda beigemischt und verschmolzen. Soda (Natriumkarbonat Na2CO3) als so genannter Netzwerkwandler spaltet die Netzwerkbindungen zwischen den einzelnen Siliziummolekülen und sorgt so für einen wesentlich niedrigeren Schmelzpunkt des Quarzsandes. Als Endprodukt entsteht eine Flüssigkeit namens Wasserglas, die früher zum Beispiel im Brandschutzbereich (Anstrich bei Holzdächern) verwendet wurde.
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