Haben Sie früher in LA gearbeitet?
Ja.
Können Sie mich mit Sabrina Fox bekannt machen?
Das war typisch für hochkarätige Neulinge. Sie wollten, dass man ihnen den Mond und die Sterne vom Himmel holte. In einem Jahr hatte bei Watershed einmal ein Junge, der als Top-Kandidat ausgewählt worden war, verlangt, Beyoncé kennenzulernen. Und Bruno hatte es hinbekommen.
Klar. Ich werde sehen, was ich machen kann.
Es war das Eine, wenn ein Spieler materielle Dinge wollte oder Kontakte. Eine Agentur, die genug Geld hatte, konnte alles möglich machen. Ein romantisches Treffen zu zweit war da schon etwas ganz anderes. Es machte Bruno nervös – so wie Herzensangelegenheiten allgemein.
Doch er brauchte unbedingt einen Vertrag mit einem Top-Talent, und wenn Todd ein schönes Starlet kennenlernen wollte, dann würde er ein wunderschönes Starlet kennenlernen.
Außerdem war Sabrina Bruno noch einen Gefallen schuldig, und deshalb war es wahrscheinlich gar nicht so schwer, sie dazu zu bewegen, wenigstens mit dem Spieler zu reden.
Während immer noch Trauergäste eintrafen, tippte Bruno noch eine Nachricht an Todd, einen als All-American ausgezeichneten Abwehrspieler.
Komme Dienstag mit dem Flieger. Privatjet. Schicke eine Limo, um dich vom Campus abzuholen. Bring mit, wen du möchtest, solange wir Zeit haben, auch Geschäftliches zu besprechen.
Cool! Bis dann.
Als er sein Handy wieder einsteckte, tätschelte Mrs. Gunter seine Hand. „Ich weiß, dass du Miss Everleigh sehr gern gehabt hast. Sie war doch wie eine Großmutter für dich, nicht wahr?“
„Ja, das war sie.“
Die Frau sah ihn mit abwartend verkniffener Miene an, als wartete sie darauf, dass er zusammenbräche.
„Sie wird fehlen“, sagte er aber nur.
„Ohne sie wird unser Gebetskreis nie mehr so sein, wie er war. Ach, da kommt ja Letty Macintosh, die muss ich begrüßen.“
Wieder allein, schrieb Bruno seinem Freund, dem Piloten Stuart Strickland, noch rasch eine Nachricht.
Dienstag? Alles klar? Ich weiß das wirklich zu schätzen, Mann.
Wer hätte gedacht, dass der Verlust seines lukrativen Jobs, sein Umzug einmal quer durchs Land in ein Strandapartment und ein beruflicher Neuanfang den Bonus eines Privatpiloten mit sich bringen würden?
Dieser Luxus war Stuarts reichem Großvater zu verdanken.
Stuart antwortete auf seine Nachricht.
Geht klar. Zehn Uhr.
Und da er jetzt das Handy sowieso schon in der Hand hatte, konnte er sich auch ebenso gut gleich mit Sabrina in Verbindung setzen.
Sabrina, ich hab da einen Spieler, der dafür sterben würde, dich kennenzulernen. Ist ein guter Typ. Von der Ohio State. Interessiert? Hoffe, es geht dir gut. Und vergiss nicht, du bist mir einen Gefallen schuldig.
Eigentlich war sie ihm gar nichts schuldig , aber er hatte sie vor ein paar Jahren auf einer Party vor einem betrunkenen Spieler von den LA Lakers gerettet. Sie war jung und unerfahren und ganz neu in der Hollywood-Szene gewesen und hatte sich mit einem riesigen, ausgehungerten Sportler, der es gewohnt war zu bekommen, was er wollte, in eine unangenehme und peinliche Situation gebracht.
Seit damals waren sie gute Freunde.
Bruno ließ seinen Blick durch den Raum wandern und sein Blick fiel auf das Kreuz ganz hinten im Gottesdienstraum. War es angebracht, während des Trauergottesdienstes für eine so liebenswerte und gottgefällige alte Dame um etwas Persönliches zu bitten?
In dem Moment kam seine Mutter zu ihm und berührte ihn sanft am Arm. Sie sah sogar in Schwarz hübsch aus.
„Ich habe uns ganz vorn zwei Plätze freigehalten. Schau doch nur, wie viele Leute gekommen sind.“
„Die Überfüllung verstößt bestimmt gegen die Brandschutzbestimmungen“, sagte Bruno, stieß sich von der Wand ab und seine Mutter hakte sich bei ihm unter.
„Das haben wir geklärt. Chief Hayes von der Feuerwehr sitzt in der ersten Reihe“, entgegnete seine Mutter, und zeigte auf einen ernst dreinblickenden Mann in Ausgehuniform, der sie begrüßte, als sie nach vorn kamen.
„Wirklich großartig, dass Sie das hier organisiert haben“, sagte er zu seiner Mutter und fuhr fort: „Miss Everleigh hat sich um meine Mutter gekümmert, als sie krank war. Ich weiß wirklich nicht, was wir ohne sie getan hätten. “
„Wohl die Hälfte der Menschen hier im Raum haben so eine Geschichte zu erzählen. Als Stone mich damals verlassen hat und dann gestorben ist, war sie für mich ein Fels in der Brandung. Und natürlich hat sie mir dadurch jeden Tag den Weg zu Jesus gezeigt.“
Seine Mutter ging jetzt weiter zu den beiden Plätzen, die sie reserviert hatte, und Bruno setzte sich auf einen davon am Ende der Sitzreihe.
Pastor Oliver bat um Ruhe, und als es schließlich still war, durchbrach ein Signalton von Brunos Handy die Stille.
„Schalte das aus“, sagte seine Mutter und sah ihn dabei so böse an, wie sie konnte. „Die Arbeit kann jetzt wirklich einmal für ein paar Stunden warten.“
Er fügte sich mit einer „Ja-sofort“-Geste, aber in der Spielerberater-Branche gab es so etwas wie „jetzt nicht“ oder „heute nicht“ nicht, denn ein einziger verpasster Anruf konnte einen Klienten kosten, und junge Männer, die Millionen auf dem Konto hatten, warteten auf niemanden.
Bruno ging in Richtung der breiten Doppeltür, während er das Gespräch annahm.
„Mr. Endicott, hier ist Tyvis Pryor. Wie geht’s Ihnen? Ich hoffe, ich störe Sie nicht, weil ja Sonntag ist.“
„Ich bin gerade auf einer Trauerfeier, Tyvis. Kann ich dich später zurückrufen?“
Bruno sah die vielen Autos, die dicht an dicht an der Straße geparkt waren, und dann blieb sein Blick an einer groß gewachsenen, brünetten Frau mit offenen Haaren und weichen Rundungen hängen, die rasch und energisch in seine Richtung gegangen kam.
Irgendwie kam sie ihm bekannt vor. Die selbstbewusste, fast draufgängerische Haltung, aber auch der Hauch von Unsicherheit in dieser Situation, in der sie nicht recht wusste, was auf sie zukam.
„J… ja klar, das wäre großartig. Hören Sie, ich will Sie wirklich nicht stören, aber …“
Tyvis Zögern und seine mangelnde Selbstsicherheit fühlten sich seltsam ungewohnt an und waren sehr untypisch für die Branche. „Ich habe mich nur gefragt, ob Sie schon entschieden haben, ob Sie mich nehmen. Ich verspreche auch, dass ich hart für Sie arbeiten werde.“
Im Hintergrund war jetzt eine Stimme zu hören, die sagte: „Tyvis, ich brauch dich jetzt hier am Grill.“
„Ich muss jetzt Schluss machen, Mr. Endicott.“
„Bruno. Bitte nenn mich doch Bruno.“
„Klar, Bruno.“
Als das Gespräch beendet war, steckte er sein Handy wieder ein und sah, wie die Frau näherkam. Irgendwoher kannte er sie. Aber woher?
Was Tyvis betraf, so tat ihm der Junge wirklich leid, aber Bruno konnte keine Firma aufbauen mit einem Jugendlichen vom Junior College als Grundlage. Es wäre komplett verrückt, ihn unter Vertrag zu nehmen und für sein Training und die Unterhaltskosten zu zahlen, wenn nicht der Hauch einer Chance bestand, dass er es je in eine Profi-Kartei schaffen würde.
Die Frau ging an ihm vorbei und hinterließ einen Duft nach grüner Wiese. In der großen zweiflügeligen Eingangstür blieb sie stehen.
Bruno beugte sich etwas vor, damit er ihr Gesicht sehen konnte, und spürte so etwas wie Vertrautheit.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er sie.
„Nein danke“, antwortete sie schroff, fast kalt und ohne ihn auch nur anzusehen.
Bruno betrachtete noch eine Weile ihr Profil und ging dann zurück zu seinem Platz. Woher kannte er sie nur?
An dem Stehpult aus Metall sprach jetzt Pastor Oliver über Mrs. Everleigh Callahan – für alle, die sie kannten, Miss Everleigh – während gleichzeitig Bilder aus ihrem Leben hinter ihm auf eine Leinwand projiziert wurden.
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