Refrain, erblasst und antiquiert,
du hast den blauen Schmerz verschlungen
und hast das Lügenband geschlungen
siebenfach um das Schneegeviert.
Von perlschimmernden Feldern her
dringt über Belgiens Schreckgesichter
das Zucken greller Sternenlichter
durch rote Nacht bis hin zum Meer.
Fürchte den Regen, scheu den Dorn,
bleib fern von den verseuchten Teichen,
und gibt ein Engel dir ein Zeichen,
so beuge dich des Raben Zorn.
Ich weiß von Sandman selbst – und sehe keinerlei Grund, an seiner Behauptung zu zweifeln –, dass diese lächerliche Aneinanderreihung von Wörtern seine Zuhörer regelmäßig zu Tränen rührte. Eine Frau sagte ihm, nachdem sie es gehört habe, habe sie zum ersten Mal den Zusammenhang von Prädestination und freiem Willen richtig verstanden. Ein anderer Zuhörer spendete spontan einen Pooltisch für die Seemannsvereinigung.
Eine Stilrichtung christlicher Lyrik, an der sich wohl fast jeder Gemeindelebenskünstler erfolgreich versuchen kann, ist die sogenannte Gegensatzliste, oder kurz GSL. Hierzu ist lediglich erforderlich, dass jede Zeile einen irgendwie gearteten Gegensatz enthält. Ein solches Gedicht kann kurz oder lang sein, ganz nach Wunsch. Elaine Broadwater aus Haywards Heath, die ihre beliebten Werke vor Christen in ihrem eigenen Wohnort und im ganzen Bereich von East Sussex vorträgt, hat uns freundlicherweise erlaubt, als Beispiel hier ihr Gedicht »Gott ist« zu zitieren, entnommen aus ihrer Sammlung mit dem Titel Gedichte von oben, unten, hier, dort, überall und nirgendwo ( erhältlich beim Institut für Gemeindelebenskunst zum Preis von acht Pfund fünfzig je Band, einschließlich Porto und Verpackung – siehe Abbildung ).

Gott ist das weiche Herz aus Granit
die kalte Glut im Feuer
Er ist die Zukunft der Vergangenheit
die Wahrheit auf des Lügners Zunge.
Gott ist die Weisheit der Toren
die Stille der Gezeiten
der Sommer im Winter
der Demut stolzes Angesicht.
Gott ist die Morgendämmerung zur Nacht
das Lächeln hinter finsterer Miene
der Berg im Tal
der Pfad, der hinab in die Höhe führt.
Gott ist der Sturm, der die Stille einhüllt
der Stern am leeren Himmel
die Stimme, die das Schweigen bricht
das Leben, das niemals erstirbt.
Gott ist der Regen, der die Wüste überflutet
der umsonst bezahlte Preis
der Vogel, der, wo keine Vögel fliegen, fliegt
das Finden des Verlorenen.
Vor der endgültigen Entscheidung, »Gott ist« in diesem Jahresbericht zu veröffentlichen, rief ich Elaine an und gab ihr behutsam (ich wollte ihr ja auf keinen Fall zu nahe treten) zu verstehen, das Gedicht habe vielleicht doch ein wenig zu viel Ähnlichkeit mit einem wirklich guten Gedicht. Sollte man es in einem Bericht veröffentlichen, der ausschließlich von Gemeindelebenskünstlern und -künstlerinnen gelesen wird, die zu Recht mehr Wert auf Effekt als auf Substanz legen? Elaine lachte herzhaft und wies mich darauf hin, sie habe etwa eine halbe Stunde gebraucht, dieses »Gedicht«, so wie es ist, zu schreiben.
»Ich hätte ewig so weitermachen können«, sagte sie. »Schwarz, weiß, klein, groß, flach, tief, Liebe, Hass, man schmeißt einfach alles in mehr oder weniger sinnvoller Reihenfolge zusammen, wirft ein paar Alliterationen ein und bingo! Schon hat man ein Gedicht, fertig zur Veröffentlichung und zum Vortragen. GSL ist ein Kinderspiel. Jeder sollte es mal versuchen.«
Die hohe Kunst der schwammigen Wörter
Für Gemeindelebenskünstler und -künstlerinnen, die sich für Die hohe Kunst der Kommunikation interessieren, war es bei der Vorbereitung ihrer Ansprachen und Vorträge schon immer sehr nützlich, dass es eine erhebliche Anzahl »schwammiger« Wörter gibt, die in der Welt der christlichen Kommunikation im alltäglichen Gebrauch sind. Andere haben gezeigt, dass dies auf jeden Fall im Bereich der Chorus- und Choraltexte gilt, doch wie wir sehen werden, ist eine viel umfassendere Anwendung möglich. Die Wörter, mit denen wir es hier zu tun haben, mögen an sich sehr bedeutungsvoll sein, doch bei ihrer Verwendung durch erfahrene Praktiker der Gemeindelebenskunst kann ihr Sinn zum Verschwimmen gebracht und praktisch austauschbar gemacht werden. Einige der nützlichsten Beispiele, die wir schon im Bericht des letzten Jahres veröffentlicht haben, sind hier aufgelistet:
Gnade
Liebe
Gehorsam
Glaube
Wahrheit
Hoffnung
Mut
Ehrfurcht
Demut
Friede
Die bemerkenswert flexible Natur dieser Begriffe lässt sich anschaulich machen, wenn wir uns die Variationen in Sätzen wie dem folgenden genau anschauen:
»Wenn wir die Saat der GNADEin dem guten Boden der LIEBEausstreuen und sie mit dem belebenden Regen des GEHORSAMSbewässern, werden wir schließlich die reiche Ernte des GLAUBENSeinbringen.«
Ausgedehnte und lückenlos dokumentierte Experimente haben gezeigt, dass die übergroße Mehrzahl der Gruppen und Gemeinden diese unverhohlen sinnfreie Aussage fraglos akzeptiert, besonders wenn sie mit einem einfachen Diagramm veranschaulicht wird ( siehe Diagramm ). Schließlich ist sie reichlich von Wörtern durchsetzt, die allgemein als »okay« akzeptiert sind, und scheint auch nicht weniger Sinn zu ergeben als das meiste Zeug, das sie zu hören gewohnt sind. Tatsache ist jedoch, dass die Reihenfolge, in der die Schlüsselwörter verwendet werden, wenig bis gar keine Auswirkungen auf die allgemeine Aussage des Satzes hat. Zum Beispiel könnte man sich entscheiden, sie einfach umzudrehen.
»Wenn wir die Saat des GLAUBENSin dem guten Boden des GEHORSAMSausstreuen und sie mit dem belebenden Regen der LIEBEbewässern, werden wir schließlich die reiche Ernte der GNADEeinbringen.«
Nimmt man zwei Wörter heraus und füllt die Lücken mit wahllosen Ersatzwörtern aus der »schwammigen« Liste, so macht das nicht den geringsten Unterschied, außer dass dadurch der Gemeindelebenskünstler oder die Gemeindelebenskünstlerin in der Lage ist, (wahrheitsgemäß) zu behaupten, er oder sie verkünde etwas Neues.

»Wenn wir die Saat des GLAUBENSin dem guten Boden der DEMUTausstreuen und sie mit dem belebenden Regen der HOFFNUNGbewässern, werden wir schließlich die reiche Ernte der GNADEeinbringen.«
Natürlich werden wir das. Und selbst wenn wir alle vier Wörter austauschen, wird dieser Teich verbaler Undurchsichtigkeit so still und unbewegt bleiben wie eine dunkle Glasscheibe.
Schauen Sie sich unser letztes Beispiel an:
»Wenn wir die Saat der WAHRHEITin dem guten Boden der EHRFURCHTausstreuen und sie mit dem belebenden Regen des MUTESbewässern, werden wir schließlich die reiche Ernte des FRIEDENSeinbringen.«
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