Adrian Plass
Ein Haus voller Robinsons
Aus dem Englischen von Christian Rendel
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich.
Originalausgabe: Stress Family's Birthday Party
© 1999 Adrian Plass
Aus dem Englischen von Christian Rendel
© 1999 by Brendow Verlag, D-47443 Moers
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
1999 Adrian Plass
ISBN 978-3-865-06725-8
Cover
Titel Adrian Plass Ein Haus voller Robinsons Aus dem Englischen von Christian Rendel
Impressum Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich. Originalausgabe: Stress Family's Birthday Party © 1999 Adrian Plass Aus dem Englischen von Christian Rendel © 1999 by Brendow Verlag, D-47443 Moers 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014 1999 Adrian Plass ISBN 978-3-865-06725-8
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Samstag
„Kathy Robinson“, murmelte ich vor mich hin, „offenbar bist du ein bisschen vorzeitig in der Hölle angekommen.“
Es war kurz nach sieben, der Beginn eines jener langen, schlimmen Tage, an denen alles nach Fisch riecht. Vorausgegangen war, wohlgemerkt, ein Freitagabend, der noch übler nach Versagen gerochen hatte. Ich war mindestens viermal aufgewacht, und jedes Mal war derselbe negative Gedanke in meinem Hirn nutzlos im Kreis herumgerollt wie die sprichwörtliche Murmel in der Keksdose. Das letzte Mal war es gegen halb vier Uhr morgens gewesen. In der Dunkelheit des Schlafzimmers hatte sich ein so erdrückendes Gewicht der Verzweiflung auf mich gelegt, dass ich aus dem Bett schlüpfen und fliehen musste. Mike, mein Mann, blieb fest schlafend zurück.
Aus dem Zimmer unseres ältesten Sohnes Jack drangen volltönende Nasallaute beruhigend durch die geschlossene Tür nach draußen, während ich auf Zehenspitzen über den Treppenabsatz schlich, bemüht, den Rest des Hauses nicht aufzuwecken. Um seinen Bruder Mark, der in dem großen Zimmer oben im zweiten Stock wohnte, brauchte ich mir erst gar keine Gedanken zu machen. Mark, der vor kurzem achtzehn geworden war, hatte immer wieder eine ans Übernatürliche grenzende Fähigkeit bewiesen, angesichts selbst der heftigsten Störungen seelenruhig weiterzuschlafen.
An der Treppenbiegung blieb ich vor der offenen Tür zum Zimmer meiner Tochter stehen. Auch von dort war kein Problem zu erwarten. Felicity übernachtete bei einer Freundin. Sie war zehn, genauso sperrangelweit offen wie ihre Zimmertür und immer noch vollkommen überzeugt davon, in der besten aller möglichen Welten zu leben. In dem Licht der Straßenlampe, das von draußen durch die Vorhänge drang, sah ich ihren alten Lieblingsteddy geduldig auf dem Kissen sitzen und auf die Rückkehr seines Frauchens warten. Felicity hatte am Vorabend angerufen und begeistert erzählt, was für einen Spaß sie hatte. Vermutlich schlief sie fest. Ich seufzte, froh um ihretwillen, aber voller Mitleid für mich selbst.
Unten in der seltsamen, fremdartigen Welt der frühen Morgenstunden machte ich mir einen Tee und schaltete einen jener Satellitenkanäle ein, die um diese Zeit immer Sendezeiten an amerikanische Evangelisten vermieteten. Vielleicht würde es mich trösten, wenn ich sah, dass es möglicherweise hier und da auf der Welt ein paar Leute gab, die noch verrückter waren als ich. Kurz vor fünf ging ich schließlich wieder schlafen.
Es tut mir nicht gut, wenn ich nachts ständig aufwache, aber für diejenigen, die sich am nächsten Tag meiner Gegenwart erfreuen dürfen, ist es doppelt so schlimm. Vielleicht habe ich mich verzählt, aber wenn mich mein dankenswert selektives Gedächtnis nicht trog, hatte ich bis zur Teestunde am Samstag mindestens fünf Leute beleidigt oder verletzt. Die Menschen, die mich lieben, waren so freundlich und hilfsbereit, mich darüber aufzuklären, dass ich selbst in meinen besten Momenten eine etwas schroffe Art habe, aber dieser Tag musste selbst für mich ein Rekord gewesen sein.
Die Person an der Spitze dieser Schlange von Bewerbern um eine verbale Attacke war so tapfer oder töricht, sich kurz nach dem Piepsen des Weckers um sieben Uhr per Telefon zu melden - um eine Zeit, zu der ich bestenfalls etwas rudimentär Menschenähnliches an mir habe. Mich verlangt es dann nach keinem Gefährten außer dem starken, süßen Kaffee, den ich mir selbst zubereite, gerade so, wie ich ihn mag. Ich war an der Reihe, zuerst aufzustehen und dafür zu sorgen, dass Mark sich auf seinem Lager regte, und obwohl Mike es sicher verstanden hätte, wenn ich ihn wachgerüttelt und um einen Tausch angefleht hätte, war ich einfach nicht fähig gewesen, diese infernalische negative Revolution noch einmal mitzumachen, und hatte mich aus dem Bett gewälzt. Nachdem ich meinen Sohn geweckt und dafür sein obligatorisches grantiges, gequältes Stöhnen geerntet hatte, kauerte ich nun am Küchentisch, wo ich gerade den zweiten Löffel Zucker in meinen Kaffee getan hatte und im Begriff war, diesen umzurühren und den ersehnten ersten Schluck des Morgens zu mir zu nehmen. Da klingelte das Telefon.
Das war der Moment, in dem ich dachte, ich wäre vielleicht schon in die ewigen Qualen eingegangen, ohne es zu merken.
Diejenigen unter Ihnen, die über unsere Erlebnisse vor einigen Jahren gelesen haben, wissen bereits, dass wir Robinsons die Kunst der Verwirrung und Absurdität auf gänzlich neue, einsame Höhen geführt haben. Was nun folgte, entsprach ganz unserem normalen Standard. Ich wartete ungefähr eine halbe Minute ab, um dann mit einem Fluch von heidnischer Heftigkeit meine Tasse abzustellen und in die Diele zu schlurfen, um auf das enervierend hartnäckige Klingeln zu reagieren. Just in dem Augenblick, als ich den Hörer abnahm und „Hallo!“ hineinbellte, tat Mike oben an unserem Zweittelefon, das in einer Nische neben meiner Bettseite steht, genau dasselbe - das heißt, er gab eher ein höfliches „Wuff!“ als ein Bellen von sich. Als ich hörte, wie Mike sich meldete, grunzte ich erleichtert, ließ den Hörer wieder auf die Gabel fallen und kehrte zu meinem Kaffee zurück, der gerade noch heiß genug war, um den Wiederbelebungsprozess erneut in Gang zu bringen.
Alles wäre in bester Ordnung gewesen, hätte nicht Mike oben genau dasselbe getan. Anderthalb Minuten lang sonnten wir beide uns in dem zufriedenen Gefühl, dass der andere sich um die frühmorgendliche Anruferin kümmerte; dann wurde die Stille abermals vom Klingeln des Telefons zerrissen. Ich konnte es kaum glauben! Wer rief denn jetzt schon wieder an? Wieder wartete ich darauf, dass es aufhörte. Wieder tat es das nicht. Wieder griffen Mike und ich mit spukhafter Gleichzeitigkeit zum Hörer und meldeten uns in genau demselben Moment. Wieder legten wir beide wieder auf und wandten uns wieder unserem Dösen respektive Kaffeetrinken zu.
Zwei Minuten später, als das Telefon zum dritten Mal klingelte, war ich so sauer, dass ich beinahe laut losgefaucht hätte. Warum hatte sich die ganze Menschheit verschworen, einer nach dem anderen zu dieser unmenschlichen Zeit anzurufen und zwei unschuldige Menschen via Telefon einer chinesischen Wasserfolter auszusetzen? Wie war es möglich, dass die ganze Menschheit so dämlich war? Ich hielt es für ratsam, diesmal Mike an den Apparat gehen zu lassen, da es mir sicher schwer fallen würde, mir meine Aggressivität nicht anmerken zu lassen.
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