Als Gott sah, dass er nur noch diesen einen Gedanken hatte und nicht davon abzubringen war, winkte er ihn zu sich heran und flüsterte in sein Ohr:
„Also gut, so geh denn auf die Erde. Zwei Dinge will ich dir mitgeben als Hilfe, dass sie dich erkennt. Erstens: rieche an den Blüten und suche die Elfen.
Zweitens: Sage zu ihr: ‚Wir sind wie ein Engelpaar.‘ Doch für diesen Satz hast du nur ein einziges Mal die Möglichkeit. So bedenke es wohl, wann du ihn anwendest. Du bist der Einzige, außer ihr selbst oder ich durch Selbsterkenntnis, der Seraphina das offenbaren darf. Und du musst es selbst erkennen, wann dafür der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Das ist für dich ein ganz besonderes Privileg, dass du mit auf deinem Weg bekommst.“
So sprach der Schöpfer zu ihm, lenkte eine große Menge des reinsten Lichtes in sein Herz und in seine Augen und der Engel begann seinen Weg zur Erde. Nur hatte Jophaniel nicht so viel Zeit, sich auf die Schwingung der Erde vorzubereiten, wie es bei mir gewesen war.
So geschah es denn, dass er viel mehr Probleme mit dem menschlichen Körper hatte als ich. In vielen Dingen erging es ihm ähnlich wie mir. Auch er vergaß mit der Zeit, woher er kam und dass es Engel gab, ja sogar, dass es noch andere Welten gab. In einigen Leben traf er auf mich und kam auch oft mit mir zusammen, doch nie ergab es sich, diesen Satz, den er in seinem Herzen trug, zu mir zu sagen. Und irgendwann vergaß er auch den Satz. Aber die Suche nach mir lies ihn immer wieder neue Kraft schöpfen und so blieb die Anziehungskraft zwischen uns beiden über die Jahrtausende erhalten. Doch ich erinnerte mich nicht, woher ich kam und erkannte meinen Seelengefährten nicht, ja ich wusste noch nicht einmal mehr, dass es so etwas wie Seelengefährten gab. Und der Engel in dem Menschen wurde immer mutloser und dann glaubte er nicht mehr daran, dass er es jemals schaffen würde, diesen Satz zu mir sagen zu können.
Auf der Ebene der Rückschau, Außerhalb der Zeit
„Seraphina, bist du bereit?“
Die Antwort auf diese Frage war: ... Stille,
da Seraphina, in Gedanken versunken, über ihre letzte vergangene Inkarnation reflektierte, insbesondere bzw. genauer gesagt, über das Ende dieser Inkarnation.
Seraphina befand sich auf der ‚Ebene der Rückschau‘ und schaute sich noch einmal die letzten Tage ihres vergangenen Lebens auf der Erde an, welches gerade mal fünf Erdenjahre zurücklag. Die ‚Ebene der Rückschau‘ zeigte sich immer in der für die jeweilige Seele, die sich hier aufhielt, angenehmsten Umgebung, und trug somit automatisch dazu bei, dass das Reflektieren über beendete Leben leichter vonstatten ging. Daher umflossen Seraphina sich ständig verändernde Felder aus Licht, brillant schillernd in den leuchtendsten Farben, vom glitzernden gold angefangen, über silber, weiß, gelb, orange, grün, türkis, bis hin zu den verschiedensten Blau- und Violettönen. Manchmal bildeten sich zusätzlich zahlreiche Regenbögen in diesen Lichtfeldern, welche permanent ihre Position wechselten. Und so manches Mal regnete es sanft glitzernde Farbtropfen.
Gleichzeitig hörte Seraphina die Sphärenmusik, die sie so sehr liebte.
Die Sphärenmusik hörte sie als einen durchgängigen Ton ohne jegliche Unterbrechung, einen Ton, der ihr gesamtes Sein durchdrang, der sie an ihre ursprüngliche Herkunft erinnerte, der wie ein Hauch aus weiter Ferne oder wie aus anderen Welten zu ihr strömte. Es war der Ton der Schöpfung.
Manchmal konnte sie auch einen Chor singen hören, wie aus tausenden Engelsstimmen getönt, manchmal mit Worten oder einer Sprache durchsetzt, die sogleich wieder davon wehte. In solchen Momenten erinnerte sich Seraphina an ihre Existenz und ihr Wirken, bevor es auf der Erde Leben gegeben hatte. Sie trug in sich die Erinnerung, wie sich das Licht von der Dunkelheit getrennt hatte und somit die Polaritäten entstanden waren, weil das Licht sich als Licht erfahren wollte. Und dafür musste es Dunkelheit geben, als Hintergrund, als Umgebung oder als Gegenströmung. Über unzählige Zeiten hinweg erlebte Seraphina, wie sich das Licht weiter verdichtete, wie Moleküle zueinander hingezogen wurden, sich miteinander verbanden und nach und nach zu Materie, sprich zu Sonnen und Planeten wurden, wie sich das Chaos ordnete und wie sich das Licht in die Materie ergoss. Das Licht gab sich dabei völlig hin, in bedingungsloser Liebe und diese Liebe ist die Liebe der Schöpfung an ihre entstehenden Formen. Es ist wie ein wohliges Seufzen, wenn das Licht bzw. die Energie der Schöpfung in die Materie eintaucht, mit ihr verschmilzt oder die Materie erst entstehen lässt durch Verdichtung und Abkühlung von Energie und Licht. Das bringt die Sphärenmusik hervor, welche ohne Unterlass ihre Melodie ertönen lässt.
„Seraphina, es wird langsam Zeit für dich.“
Ein Engel – es handelte sich um den Engel der Rückschau – hatte sich Seraphina genährt. Seine leuchtende Gestalt strahlte permanent unendliche Liebe, Zuversicht und Güte aus. Er hob seine Hand aus Licht und ließ einen feinen Lichtstrahl zu Seraphina fließen, wie, um sie an ihr bevorstehendes Gespräch zu erinnern.
„Ah, du hast dir noch mal dein letztes Erdenleben angesehen. Hast du etwas für dich daraus entnehmen können, so als Erkenntnis?“, tönte seine sanft klingende Stimme.
Seraphina wandte sich ihm zu.
„Oh ja, das konnte ich“, und schaute wieder auf ein flimmerndes Fenster vor ihr, auf dem immer wieder die letzten Szenen dieses Lebens abliefen.
„Das Ende kam so plötzlich, so dass ich mich auf den Tod nicht vorbereiten konnte.
Da war auf einmal die absolute Trennung von allem und dann nur noch Dunkelheit um mich, und Vergessen“, sinnierte sie weiter.
„Ja, und das stellt für einen Engel, wie du es bist, liebe Seraphina, den größten Schmerz dar – nämlich Vergessen, Dunkelheit und den spürbaren Verlust deines umfassenden, facettenreichen Wesens und deines Wissensschatzes zu erleben.“
Während dieser Worte, die telepathisch, aber dennoch hörbar, zwischen den beiden Engeln hin und her flossen, schenkte der Engel der Rückschau Seraphina weitere Wellen unendlicher Liebe und Trost, was eben seine Aufgabe als Engel der Rückschau war. Aber es gab noch einen anderen Grund, warum er Seraphina so wohlwollend Unterstützung spendete. Insgeheim bewunderte er sie für ihren Mut, dass sie sich als Engel freiwillig in einem menschlichen Körper inkarniert hatte, dass sie sich so sehr auf die Polarität der Materie eingelassen hatte.
Ihre zwischenzeitlichen Aufenthalte bei den erdnahen Engeln in den ‚Tempeln des goldenen Lichtes‘ oder bei den Naturwesen als Elfe und später als Kobold, konnte er noch in gewisser Weise nachvollziehen, aber in einem menschlichen Körper, der so dicht und eher schwer war, das war für ihn ein Rätsel. Er selbst kannte diese Erfahrung mit einem grobstofflichen Körper nicht. Nur durch Seraphinas Aufenthalte hier, zwischen ihren irdischen Leben, wusste er davon, da sie jedes Mal das Gefühl und die Erfahrung des gerade beendeten Lebens mitbrachte und er dies mit ihr in den Rückschauen auswertete.
Sanft flossen weitere Sätze in Form von strahlendem Licht zu Seraphina hin.
„Dein nächstes Leben wird mit diesem Vergessen beginnen, mit dem Vergessen, wer du wirklich bist, weil das vorige Leben so geendet hat.
Doch hast du in dem vor dir legenden Leben jederzeit, in jedem einzelnen Augenblick, die Möglichkeit, dich wieder zu erinnern, wer du wirklich bist und dass es uns Engel und all die unzähligen Welten und Wesen gibt, was deine Aufgabe als Engel war (und ist) und was deine Aufträge als Engel auf der Erde sind. Die folgende Zeit auf der Erde wird besonders günstig sein, da zahlreiches, vielfältiges Wissen darüber wieder verfügbar sein wird. Und mehr und mehr Menschen werden ähnliches erleben und es auch offenbaren.
Читать дальше