Sarah Nicola Heidner
Die Magie von Pax
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2015
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
Copyright (2015) Engelsdorfer Verlag Leipzig
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Titelfoto: Woman in white © Sergey Nivens - Fotolia
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
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Titel Sarah Nicola Heidner Die Magie von Pax Engelsdorfer Verlag Leipzig 2015
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2015) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor Titelfoto: Woman in white © Sergey Nivens - Fotolia Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Für meine Eltern – danke!
Der ungerechteste Frieden
ist immer noch besser
als der gerechteste Krieg
Marcus Tullius Cicero
»Der letzte Schultag. Irre, dass es jetzt soweit ist«, sagte Bea und schüttelte fassungslos den Kopf. Gedankenverloren spießte ich ein Salatblatt auf meine Gabel und schob es mir in den Mund. »Hm«, machte ich. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schülern, wie auch meiner besten Freundin Bea, hatte ich diesem Tag immer mit Schrecken entgegen gesehen. Ich weiß nicht, ob Bea es einfach nicht mehr wahrnahm, oder ob sie sich damit abgefunden hatte, dass ich eine Außenseiterin, ein Freak, war. Ich war ihr unendlich dankbar, dass sie meine Freundin war. Es war zwar nicht so, als würden mich alle in der Schule hassen, aber hinter meinem Rücken verspotteten sie mich dann doch.
Noch sehr gut konnte ich mich an die siebte Klasse erinnern. Ich saß gerade auf der Toilette, als ich meine (damalige!) Freundin Isabell mit ein paar anderen Mädchen hereinkommen hörte. »Warum gibst du dich eigentlich mit Sofia ab?«, fragte eines der Mädchen. »Nun ja, sie ist ein Freak«, sagte Isabell mit ihrer arroganten Stimme (ich weiß nicht, warum ich überhaupt mit ihr befreundet gewesen war). »Aber sie kann auch ganz lustig sein. Wie dem auch sei, in der zehnten Klasse werde ich sie sowieso fallen lassen. Im Moment ist sie mir noch ganz nützlich, denn sie ist wirklich klug und man kann hervorragend von ihr „lernen“. Seid ihr jetzt fertig mit Schminken? Ich muss von unserem Freak noch Geschichte abschreiben.«
Na ja, auf jeden Fall war seitdem nur noch Bea meine Freundin, und alle anderen mieden mich. Ich war ja schon froh, dass ich die zehnte Klasse überstanden hatte. Aber als ich an den heutigen Abend dachte, fing mein Magen an, verrückt zu spielen. »Ist irgendetwas, Sofia?«, fragte Bea. Ich schüttelte den Kopf, dann beschloss ich aber, ihr die Wahrheit zu sagen.
»Ihr alle freut euch so auf die Mentoren, die euch in eurer Magie unterrichten und diese fördern«, sagte ich leise und schaute mich in der Mensa um. An allen Tischen saßen die Oberstufenschüler mit einem breiten Grinsen im Gesicht, freuten sich auf den heutigen Abend – die jüngeren Schüler hingegen schauten die älteren neidisch an.
Bea nickte mitfühlend, sagte aber nichts. Was sollte man darauf auch erwidern? Jeder in unserer Stadt Pax hatte Magie, und sei es auch nur die Fähigkeit, Gegenstände zu bewegen, wie die Rotkutten sie hatten, zu denen alle Schüler hier im Schülerhaus zählten. Die Rotkutten beherrschten zwar nur die rangniedrigste Magie, aber dennoch wünschte ich mir jeden Tag (und eigentlich auch jede Nacht), eine von ihnen zu sein. Als meine Schulwahl angestanden hatte, wurde ich einfach auf eine Rotkuttenschule gesteckt. Wahrscheinlich, weil ich denen am ähnlichsten war. Aber alle Schüler hier hatten nun mal Magie, einige konnten vielleicht auch Gebäude verschieben, andere nur Bücher oder Stifte. Aber sie alle waren der Telekinese mächtig. Sie alle konnten etwas, im Gegensatz zu mir. Sie alle hatten Magie – und ich nicht.
»Sofia, du bekommst heute doch auch einen Mentor«, sagte Bea tröstend und biss herzhaft von ihrer Pizza ab. »Ja, und derjenige wird sich auch sehr freuen, jemanden ohne Magie unterrichten zu dürfen«, sagte ich sarkastisch. »Mentoren sind dazu da, die Magie der jeweiligen Schüler auszubilden, damit diese später einen zu ihnen passenden Beruf erlernen können. Aber was soll der Mentor denn schon mit mir machen?«
Ich sollte mich beruhigen. Dadurch, dass ich mal wieder wütend auf mich selbst wurde, bekam ich auch keine Magie. Bea seufzte nur und schaute mich dann aus ihren großen, blauen Augen lieb an. (Das war der Grund, weshalb ich ihr niemals einen Wunsch abschlagen konnte.)
»Wir ziehen uns jetzt gleich um, und dann werden wir unsere Eltern abholen, okay?« Schon wieder ein Grund, weshalb ich mich eigentlich in meinem Bett verkriechen und den Abend verschlafen sollte – das Verhältnis zwischen meinen Eltern und mir war sehr … gespannt (eine nette Umschreibung dafür, dass es ihnen scheiß egal war, was ich machte).
Bea und ich brachten unsere Tabletts weg und liefen dann die breite Wendeltreppe nach oben zu den Schlafräumen. Die Flure waren schmal und grau, an den Wänden blätterte die Farbe ab und die Nummern auf den Türschildern waren schon lange nicht mehr zu erkennen. Das lag daran, dass die Blaukutten, die mächtigsten aller Magier (sie konnten die Elemente beherrschen!), das meiste Geld verdienten und natürlich für sich ausgaben (Idioten).
Beas und mein Zimmer war sehr klein und einfach eingerichtet. Es gab zwei Holzbetten, einen großen Schreibtisch, den wir uns teilen mussten – der deshalb auch ziemlich chaotisch aussah – und einen alten Schrank, dessen linke Tür vor Jahren einmal herausgefallen war, sodass jetzt jeder, der unser Zimmer betrat, als erstes unsere Schlafanzüge sehen konnte (nicht, dass uns – besonders mich – sehr viele besuchen würden).
Bea hatte darauf bestanden, dass ich auch ein Kleid anziehen musste. Sie sah aus wie ein Engel, in ihrem roten Kleid, das perfekt zu ihren Augen passte. Ihre blonden, lockigen Haare fielen ihr sanft auf die Schulter. Ich lächelte sie an. Mein Kleid war ebenfalls rot, weil die Rotkutten nicht nur im Beruf oder in der Schule rot trugen, sondern sich auch meistens im Alltag auf diese Farbe beschränkten. Ich hatte das Kleid selbst ausgesucht, weil ich nicht auffallen wollte – und nicht, weil ich mich wirklich den Rotkutten zugehörig fühlte. Tatsächlich sah ich sehr unauffällig aus, als Bea und ich uns im Spiegel in unserem kleinen Badezimmer betrachteten. Das Kleid passte zu meinem dicken, schwarzen Haar, und meine dunklen Augen funkelten gefährlich (okay, ich wusste, warum mich alle für einen Freak hielten. Nicht nur, dass ich keine Magie hatte, ich sah auch noch aus wie ein Freak). Hoffentlich würden die Schüler heute mit ihren Eltern lieber über die Mentoren, die sie bekommen würden, reden, und nicht über den magielosen Freak an ihrer Schule.
»Bereit?«, fragte Bea und öffnete die Tür. Auf dem Flur standen rotgekleidete Schüler in Gruppen zusammen, hatten die Köpfe zusammengesteckt und unterhielten sich aufgeregt über den bevorstehenden Abend. Während sie jedoch von Freude erfüllt zu sein schienen, krampfte sich mein Magen bei dem Gedanken an die Mentoren und meine Eltern zusammen.
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