Detlef Gaastra
Herta Tiemann-Gaastra
1917 – 1983
Ein Frauenleben an der Wertherstraße
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2019
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
Copyright (2019) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte bei Detlef Gaastra, Berlin 2018
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Cover
Titel Detlef Gaastra Herta Tiemann-Gaastra 1917 – 1983 Ein Frauenleben an der Wertherstraße Engelsdorfer Verlag Leipzig 2019
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2019) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte bei Detlef Gaastra, Berlin 2018 Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de
Einleitung
Die Wertherstrasse
Die Familie
Die Eltern
Der Vater
Die Mutter
Robert – der Bruder
Die Freundinnen
Die Kinder- und Jugendjahre
Das Berufsleben
Das „Hausfrauenleben“
Das Zwischenspiel in Friesland
Rückkehr nach Bielefeld
Neuanfang in Bielefeld
Gesundheitliche Probleme
Die Wertherstrasse 59
Eine neuerliche Krankheitsakte
1966 – On the Top
Sigrid – die Pflegetochter
Das Muttersöhnchen
De Vorhang fällt
Nach der Beerdigung meines Vaters wurde ich gebeten sein nicht gerade ereignisloses Leben aufzuschreiben. Über einen längeren Zeitraum habe ich habe ich mich damit beschäftigt und im Laufe der Arbeit wurde das Manuskript immer umfangreicher, bis es den Umfang eines Buches annahm.
Während ich den Text niederschrieb stieß ich immer wieder auf meine Mutter und stellte fest, dass sie im Leben meines Vaters eine bedeutende Rolle spielte. Immerhin waren sie 38 Jahre miteinander verheiratet. Wird die Verlobungszeit dazu gerechnet, dann sind es mehr als vierzig Jahre gemeinsamen Lebens.
Der Name „Tiemann-Gaastra“ wird vielleicht etwas verwirren. Er ist aber nicht der neueren Mode der Doppelnamen geschuldet, sondern der Niederländischen Gesetzgebung. Durch die Heirat mit meinem Vater bekam meine Mutter automatisch die niederländische Staatsangehörigkeit und war somit dem Niederländischem Recht unterworfen. In dem behalten die Frauen ihren Mädchennamen (also Geburtsnamen) und der Name des Ehemannes wird angefügt. Die Kinder aus der Ehe erhalten den Familiennamen des Vaters. Diese Regelung wurde 1648 bei der Gründung der Republik eingeführt und ist nicht die Folge von vier Generationen Frauen als Staatsoberhäupter.
Die Eheleute kamen aus völlig unterschiedlichen Welten. Mein Vater war in Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, aufgewachsen und lebte ab seinem 11. Lebensjahr in der niederländischen Provinz Friesland. Er begann mit 18 Jahren seine Berufsausbildung in Bielefeld. Meine Mutter wurde 1917 an der Wertherstraße in Bielefeld geboren und verstarb 1983 an der gleichen Straße, 500 Meter von ihrem Geburtshaus entfernt. Mit Ausnahme des Aufenthaltes in Leeuwarden von 1947 bis 1953 hat sie Bielefeld nicht verlassen. Die erste Reise außerhalb Bielefelds war ein Besuch bei Ihrer Freundin Reni (der ich ein eigenes Kapitel widme) in Berlin. Die erste Urlaubsreise führte als „KdF-Reise“ nach Rupolding. Die unternahm sie schon zusammen mit meinem Vater unternommen wurde. Bevor mein Vater in Indonesien eingeschult wurde, machte die Familie, meine Großeltern und ihre zwei Söhne einen mehrmonatigem „Heimaturlaub“ in den Niederlanden. Die Reise wurde als Weltreise geplant. Über Südamerika nach Europa und zurück durch das Mittelmeer und den Suezkanal nach Indonesien. Da war mein Vater fünf Jahre alt, ein Alter im dem schon Eindrücke gesammelt werden. Meine Mutter fuhr mit ihren Eltern nur zu Familienbesuchen nach Bad Salzuflen.
Mein Vater besuchte das Gymnasium und machte anschließend in Bielefeld eine kaufmännische Lehre. Für meine Mutter mussten nach Meinung ihrer Eltern acht Jahre Volksschule reichen. Der Bruder sollte etwas „Besseres“ werden und durfte die Mittelschule besuchen. Da meine Mutter klein und zierlich war sollte sie nicht sofort in einer Fabrik Geld verdienen, sondern erst zwei Jahre in einem Haushalt als Dienstmädchen arbeiten.
Ohne die Unterstützung meiner Mutter wäre mein Vater seinen Berufsweg nicht so erfolgreich gegangen. Die Zielstrebigkeit meiner Mutter steht in enger Verbindung mit der Straße ihrer Geburt. Darum der Untertitel „Ein Leben an der Wertherstraße“. Denn diese Straße ist eine Besonderheit.
Die Wertherstrasse gehört zu den längeren Bielefelder Straßen und führte früher vom Stadttor an der Niedernstraße entlang dem Osning (Teutoburger Wald) in die Stadt Werther. Da sie außerhalb der Stadtmauern lag war sie auch nur spärlich bebaut, hauptsächlich mit kleineren Bauerngehöften. Im 19. Jahrhundert vergrößerte sich die Stadt explosionsartig und wuchs aus der mittelalterlichen Enge über die Stadtmauern hinaus. Hauser im Stilgemisch des ausgehenden Jahrhunderts begannen die Straße zu säumen. Die Baustile vom 19. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts sind auch heute noch wie Jahresringe eines Baumes abzulesen.
Ursprünglich begann die Straße an der Koblenzer Straße, kreuzte die Bahnlinie der Köln-Mindener Eisenbahn oberirdisch und führte fast gerade bis zur Stadtgrenze am Wellensiek. Dort ändert sie ihren Namen in Bielefelder Straße. Sie war eine befestigte Landstraße und kein Weg wie der parallel verlaufende „Bürgerweg“, der dem angrenzenden Park den Namen „Bürgerpark“ verlieh. Heute trägt diese verkehrsreiche Straße den Namen des Oberbürgermeisters Stapenhorst.
Das älteste Haus ist vermutlich das Haus Nr. 57, ein sogenanntes Ackerbürgerhaus und in den späteren Jahren Wohnhaus und Werkstatt eines Schneidermeisters. Dann gab es an der Straße in unmittelbarer Nähe zum Bürgerpark noch zwei kleine Bauerngehöfte. Ein einzelnes Bauernhaus und einen Hof mit dazugehörigem Kotten. Der Kotten stand der Straßenbegradigung im Wege und wurde abgerissen. Das Haupthaus existiert noch als Teil des Gemeindehauses der Altstädter Nicolaigemeinde. Von den letzten Eigentümern, den Geschwistern Willi und Frieda Ummelmann, wurde der Kirchengemeinde ein Stück Land an der Ecke Werther/ Lina-Oetker-Straße zur Errichtung einer Filial-Kirche überlassen, wenn sie den Hof nicht mehr bewirtschaften würden. Als das Gemeindehaus in der Grünstraße dem Ostwestfalendamm geopfert wurde, entstand ein Gemeindezentrum mit Kirchenraum.
Das Wachsen des Eisenbahnverkehrs machte Veränderungen in der Verkehrsführung notwendig. Die Bahnlinie führte mittels einer Eisenbrücke über die von der Recke-Straße und die Wertherstraße bekam einen Fußgängertunnel.
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