d) Kündigungsschutz für Datenschutzbeauftragte
46
Ein weiterer praxisrelevanter Anknüpfungspunkt zum Arbeitsrecht ergibt sich aus § 38 Abs. 2 BDSG i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 2 und 3 BDSG. Danach gilt für den betrieblichen Datenschutzbeauftragten ein besonderer Kündigungsschutz: Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Datenschutzbeauftragten ist hiernach unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche eine Kündigung aus wichtigem Grund zulassen würden. Dieser Sonderkündigungsschutz besteht noch ein Jahr nach dem Ende der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter fort.
47
Diese Regelung ist auch europarechtlich wirksam; insbesondere bedarf es hierfür keiner Öffnungsklausel in der DSGVO, weil es sich im Kern nicht um eine datenschutzrechtliche, sondern eine arbeitsrechtliche Regelung handelt.49
22Auer-Reinsdorff/Conrad/Conrad/Treeger, § 34 Rn. 503. 23Taeger/Louven, DSRITB 2019, 703, 708f. 24BKartA, BeckRS 2019, 4895. 25OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.8.2019 – VI-Kart 1/19 (V), MMR 2019 Rn. 742. 26OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.8.2019 – VI-Kart 1/19 (V), MMR 2019 Rn. 18. 27OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.8.2019 – VI-Kart 1/19 (V), MMR 2019 Rn. 45. 28Vgl. Bunte, EWiR 2019, 575. 29OLG Frankfurt, GRUR-RR 2017, 231. 30So für Einwilligungserklärungen: Forgó/Helfrich/Schneider/Ehmann, Teil IX Kap. 1 Rn. 27 unter Verweis u.a. auf BGH, Urt. v. 1.2.2018, GRUR 2018, 545. 31OLG Hamburg, GRUR-RR 2015, 361 Rn. 48ff. 32Wendehorst/Graf von Westphalen, NJW 2016, 3745, 3750. 33LG Berlin, Urt. v. 16.1.2018, MMR 2018, 328, 330. 34LG Berlin, Urt. v. 16.1.2018, MMR 2018, 328, 330. 35So ausdrücklich LG Berlin, Urt. v. 16.1.2018, MMR 2018, 328, 331. 36Wendehorst/Graf von Westphalen, NJW 2016, 3745, 3750. 37Siehe hierzu das Muster von Arning, in: Moos, Datenschutz- und Datennutzungsverträge, 2. Aufl. 2018, § 41. 38Siehe hierzu Kap. 15 Rn. 79. 39Wybitul, NJW 2014, 3605, 3609; Fülbier/Splittgerber, NJW 2012, 1995, 1999; Plath/Stamer/Kuhnke, § 32 BDSG Rn. 98ff.; Weth/Herberger/Wächter/Baumgartner, S. 363, 380; mit weiterführender Argumentation Thüsing, § 3 Rn. 75ff. 40LAG Niedersachsen, Urt. v. 31.5.2010 – 12 Sa 875/09, MMR 2010, 639; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.2.2011 – 4 Sa 2132/10, NZA-RR 2011, 342, 343f.; VG Karlsruhe, Urt. v. 27.5.2013 – 2 K 3249/12, NVwZ-RR 2013, 797, 801. 41Richtlinie (EU) 2016/943 vom 8.6.2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, ABl. EG Nr. L 157 vom 15.6.2016, S. 1. 42Siehe hierzu im Detail Kap. 15. 43Kühling/Buchner/Maschmann, § 26 BDSG Rn. 29 m.w.N. 44Kühling/Buchner/Maschmann, § 26 BDSG Rn. 29. 45BeckOK-DS/Riesenhuber, 34. Ed. 1.11.2020, § 26 BDSG Rn. 52. 46BAG, Urt. v. 7.5.1980 – 4 AZR 214/78, BeckRS 1980, 30706869 Rn. 11. 47Gola/Franck, Art. 15 DSGVO Rn. 33. 48LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 20.12.2018 – 17 Sa 11/18, NZA-RR 2019, 242, 249. 49So LAG Nürnberg, Urt. v. 19.2.2020 – 2 Sa 274/19, NZA-RR 2020, 299, 301.
Kapitel 3 Anwendungsbereich des Datenschutzrechts
Übersicht
Rn. |
I. Überblick über die einschlägigen Regelungen der DSGVO |
2 |
II. Sachlicher Anwendungsbereich |
12 |
1. Verarbeitung personenbezogener Daten, Art. 2 Abs. 1 DSGVO |
12 |
2. Ausnahmetatbestände, Art. 2 Abs. 2 bis 4 DSGVO |
18 |
III. Räumlicher Anwendungsbereich, Art. 3 DSGVO |
34 |
1. Niederlassungsprinzip, Art. 3 Abs. 1 DSGVO |
36 |
a) Verarbeitung im Rahmen der Tätigkeiten der Niederlassung eines Verantwortlichen |
38 |
b) Verarbeitung im Rahmen der Tätigkeiten der Niederlassung eines Auftragsverarbeiters |
44 |
2. Marktortprinzip, Art. 3 Abs. 2 DSGVO |
49 |
a) Anbieten von Waren oder Dienstleistungen, Art. 3 Abs. 2 lit. a DSGVO |
52 |
b) Verhaltensbeobachtung, Art. 3 Abs. 2 lit. b DSGVO |
64 |
c) Betroffene Person in der EU |
72 |
3. Räumlicher Anwendungsbereich bei mehreren Beteiligten |
77 |
4. Räumliche Reichweite der Betroffenenrechte |
81 |
5. Geltung der DSGVO im EWR |
82 |
IV. Anwendungsbereich mitgliedstaatlicher Regelungen |
83 |
V. Anwendungsbereich sonstiger ausfüllender Normen |
100 |
1
Die Vorschriften der DSGVO sind nur dann zu beachten, wenn ihr Anwendungsbereich eröffnet ist. Von der Eröffnung des Anwendungsbereichs hängt zudem ab, ob die Aufsichtsbehörde für den Datenschutz sachlich nach Art. 55 Abs. 1, 51 Abs. 1 DSGVO zuständig ist.1
1Vgl. hierzu Kap. 15 Rn. 5ff.
I. Überblick über die einschlägigen Regelungen der DSGVO
2
Art. 99 bestimmt den zeitlichen Anwendungsbereich der DSGVO. Art. 2 und 3 DSGVO enthalten die zentralen Vorschriften, welche den sachlichen und den räumlichen Anwendungsbereich der Verordnung festlegen.
3
Nach Art. 2 Abs. 1 DSGVO ist vom sachlichen Anwendungsbereichder Verordnung die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung von personenbezogenen Daten, aber auch die nichtautomatisierte Verarbeitung von Daten erfasst, sofern letztere in einem Dateisystem gespeichert sind oder werden sollen. Art. 2 Abs. 2 DSGVO enthält einige Ausnahmen, bei denen die Verordnung keine Anwendung findet.
4
Eine spezifische Regelung zum persönlichen Anwendungsbereichfindet sich in der Verordnung nicht. Allerdings sieht die Regelung über den räumlichen Anwendungsbereich in Art. 3 DSGVO vor, dass die Verordnung nur für Verarbeitungen durch Verantwortliche oder durch Auftragsverarbeiter gilt, wofür im Übrigen auch natürliche Personen in Betracht kommen.
5
Nach Art. 3 Abs. 1 DSGVO ist der räumliche Anwendungsbereichfür Datenverarbeitungen eröffnet, die im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung eines Verantwortlichen oder eines Auftragsverarbeiters in der Union erfolgen.2 Hat ein Verantwortlicher oder ein Auftragsverarbeiter keine Niederlassung in einem Mitgliedstaat, gilt die DSGVO gemäß Art. 3 Abs. 2, wenn dieser Daten von Personen verarbeitet, die sich in der Union befinden und die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit dem Anbieten von Waren oder Dienstleistungen an solche Personen erfolgt oder das Verhalten solcher Personen in einem Mitgliedstaat beobachtet wird.
6
Eine Rechtswahl im Rahmen eines Vertrages, mit der die Anwendung der DSGVO abbedungen werden soll, dürfte unwirksam sein, da es sich bei datenschutzrechtlichen Vorschriften um Eingriffsnormen i.S.v. Art. 9 Abs. 1 Rom I-VO handelt, bei denen eine Rechtswahl unzulässig ist.3
Praxishinweis
Zu beachten ist, dass der Anwendungsbereich jeweils für einen bestimmten Datenverarbeitungsvorgang, durchgeführt durch eine bestimmte datenverarbeitende Stelle, eröffnet ist.4 Es ist daher denkbar, dass dieselbe Stelle dieselben personenbezogenen Daten sowohl innerhalb als auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung verarbeitet.5
7
Die Verordnung eröffnet den Mitgliedstaaten an vielen Stellen die Möglichkeit, die Vorschriften der Verordnung durch eigene datenschutzrechtliche Vorschriften zu präzisieren oder einzuschränken.
8
Soweit sich eine Datenverarbeitung im Rahmen dieser Öffnungsklauseln bewegt, ist daher noch zu prüfen, welches mitgliedstaatliche Recht zur Ausfüllung zur Anwendung kommt. Die Verordnung selber macht hierzu keine Vorgaben.6 Es bleibt daher den Mitgliedstaaten überlassen, den Anwendungsbereich der nationalen Regelung zu bestimmen.
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