Jon Kabat-Zinn
Das heilende Potenzial der Achtsamkeit
Jon Kabat-Zinn
Das heilende Potenzial der Achtsamkeit
Eine neue Art, zu sein
Aus dem amerikanischen Englisch von Stephan Schuhmacher und Lisa Baumann
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel:
The Healing Power of Mindfulness
A New Way of Being
bei Hachette Books, New York, USA.
Dieses Buch wurde erstmal 2006 als Teil des Buchs
»Zur Besinnung kommen« im Arbor Verlag 2005 veröffentlicht.
1. Auflage 2020
© 2020 der deutschen Ausgabe: Arbor Verlag GmbH, Freiburg Copyright der Originalausgabe © 2018 by Jon Kabat-Zinn, Ph.D. This edition published by arrangement with Hachette Books, New York, New York, USA. All rights reserved.
Lektorat: Georg Grässlin
Titelfoto: ©2020 shutterstock.com/OlgaLyubkin
Hergestellt von mediengenossen.de
E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
Alle Rechte vorbehalten
E-Book 2020
www.arbor-verlag.de
ISBN E-Book 978-3-86781-303-7
für Myla
für Stella, Asa und Toby
für Will und Teresa
für Naushon
für Serena
in Erinnerung an Sally und Elvin
sowie Howie und Roz
und für all jene, denen das am Herzen liegt,
was möglich ist
was ist, wie es ist
die sich bemühen um
Weisheit
Klarheit
Güte
und Liebe
Inhalt
Vorwort
Erster Teil Möglichkeiten der Heilung
Empfindungsvermögen
Das ist nicht persönlich gemeint, aber, verzeihen Sie… Sind wir wirklich, wer wir zu sein glauben?
Selbst unsere Moleküle berühren sich
Keine Fragmentierung
Keine Trennung
Orientierung in Zeit und Raum – Im Gedenken an meinen Vater
Orthogonale Wirklichkeit – Quantensprünge des Bewusstseins
Orthogonale Institutionen
Heilung und Bewusstsein
Glück erforschen: Meditation, das Gehirn und das Immunsystem
Homunkulus
Propriozeption – Die gefühlte Empfindung des Körpers
Neuroplastizität und die unbekannten Grenzen des Möglichen
Zweiter Teil An der eigenen Tür ankommen
»Ich kann meine eigenen Gedanken nicht hören!«
Ich bin nicht einen Moment zum Durchatmen gekommen
Der Selbstbetrug der Geschäftigkeit
Sich selber unterbrechen
All unsere Augenblicke anfüllen
Vor Ort ankommen
Von hier aus kommen Sie dort nicht hin
Überwältigt
Dialog und Diskussion
Auf der Bank sitzen
Sie verrückt!
Übergänge
Sie machen, Sie haben
Jede Idealvorstellung einer Praxis ist auch nur eine Fabrikation
Meinst du das ernst?
Wer hat den Super Bowl gewonnen?
Arroganz und Anspruchsdenken
Tod
Stirb, bevor du stirbst
Stirb, bevor du stirbst (Teil II)
Der Weiß-nicht-Geist
An der eigenen Tür ankommen
Danksagung
Literatur
Über den Autor
Vorwort
Achtsamkeit ist eine weise und potenziell heilsame Art, mit dem, was uns im Leben widerfährt, in Beziehung zu sein. Und, so unwahrscheinlich es auch klingen mag, das beinhaltet alles und jedes, was Ihnen und einer jeden von uns geschehen kann. Selbst angesichts extrem herausfordernden Lebensumständen wohnt der Kultivierung von Achtsamkeit ein tiefreichendes Versprechen inne. Vielleicht überrascht es Sie, wie breitgefächert die möglichen Auswirkungen sind – beziehungsweise sein können, wenn Sie dafür offen sind, zumindest einmal die Zehen in das Wasser der formalen und informellen Meditationspraxis zu strecken und zu sehen, was sich daraus entwickelt.
Die meisten Menschen, die an einem MBSR-Kurs teilnehmen oder auf irgendeinem anderen Wege zur Achtsamkeit finden, entdecken schon bald, dass das Curriculum in nichts Geringerem als dem Leben selbst besteht: Es geht darum, dem Leben, so wie es ist, ins Auge zu blicken und es anzunehmen, mitsamt allem, womit auch immer man es gerade zu tun hat. Und Sie können »womit auch immer« ruhig unterstreichen. Die Herausforderung bei der Praxis und der Seinsweise der Achtsamkeit besteht immer darin: Wie können wir mit diesem Augenblick, so wie er ist, weise in Beziehung sein, mitsamt all den ärgerlichen, ungewollten oder erschreckenden Elementen, die er vielleicht enthält und denen wir uns stellen müssen? Ist es möglich, einen radikal neuen Umgang mit dem Leben und all den Augenblicken, aus denen es besteht, zu finden und daran zu wachsen?
Meiner Ansicht nach lässt sich der Begriff heilsam am besten damit umschreiben, mit den Dingen Frieden zu schließen, so wie sie sind. Das bedeutet nicht, etwas zu reparieren oder wiederherzustellen, etwa einen vormaligen Zustand, oder das, was problematisch ist, einfach zum Verschwinden zu bringen.
Der Prozess und die Praxis, mit den Dingen Frieden zu schließen, so wie sie sind, bedeutet hingegen, für sich selbst zu untersuchen, ob man überhaupt weiß, wie die Dinge sind, oder man lediglich glaubt, es zu wissen – und somit möglicherweise bereits schon in der Art und Weise, wie man über die Situation denkt, die tatsächlichen Gegebenheiten mit der eigenen Geschichte darüber verwechselt. Mit den Dingen Frieden zu schließen, so wie sie nun einmal sind, beinhaltet, damit zu experimentieren, wie wir unsere Beziehung zu den Gegebenheiten neu definieren und damit transformieren könnten, eingedenk der Tatsache, dass wir ganz offensichtlich nicht wissen, wie sich die Dinge bereits im nächsten Moment entfalten werden. Diese innere Haltung eröffnet uns nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, von denen wir vielleicht gar nichts geahnt haben. Warum? Weil eben unsere Denkmuster an sich so begrenzend sind, beladen mit unseren erstaunlicherweise meist unhinterfragten mentalen Gewohnheiten. In diesem Buch werden wir diese Gewohnheiten aufbrechen, immer wieder und buchstäblich Moment für Moment, und auf diese Weise die Öffnungen und Gelegenheiten erfassen, die dabei entstehen, wenn wir, mit den Worten von Derek Walcott, uns selbst »an unserer eigenen Tür begrüßen«.
Auf meinen Reisen begegne ich häufig Menschen, die mir berichten, dass Achtsamkeit ihnen ihr Leben zurückgegeben hat. Oft erzählen sie mir Geschichten von unfassbar schrecklichen Lebensumständen, Ereignissen oder Diagnosen, die man wirklich niemandem wünscht. Meistens drücken sie es in etwa so aus: »Achtsamkeit (oder auch «die Praxis») hat mir mein Leben zurückgegeben« oder »hat mir das Leben gerettet«, oft gefolgt von einem Ausdruck tiefer Dankbarkeit. Jedes Mal, wenn mir jemand eine solche Erfahrung schildert, sei es im Gespräch oder per Brief oder E-Mail, klingt es so authentisch und persönlich, dass ich mir ganz sicher bin, dass es sich nicht um eine Übertreibung handelt.
Interessanterweise gehen alle Menschen, die sich einigermaßen systematisch der Achtsamkeitspraxis widmen, mit der Zeit ihren eigenen Weg, während sie zugleich immer wieder auf die stets gleichbleibenden formalen Meditationspraktiken zurückgreifen, die wir auch im MBSR üben (den Body-Scan, die Sitzmeditation, achtsames Yoga und achtsames Gehen) und die im zweiten Buch »Wach werden und unser Leben wirklich leben« dieser Serie beschrieben werden, und natürlich auch, während sie in ihren alltäglichen Begegnungen mit dem Leben Achtsamkeit üben.
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