Ted zuckte die Schultern. „Vielleicht war ich dabei. Bei Mapes Tod zum Beispiel.“
Joe lachte leise. „Du bist raffinierter, als ich dachte. — Was werden sie bezahlen, wenn ich Ihnen sage, dass du gar nicht tot bist?“
„Nichts. Sie werden dich für einen Lügner halten, weil sie doch gesehen haben, wie ich im Wasser versuchte zu fliegen.“
„Ja, kann sein. Und was machst du hier?“
Ted zeigt über die Schulter, wo in der Ferne die Planen der Wagen im Sonnenlicht leuchteten. „Ich begleite einen Treck, der nach Oregon will.“
Joe blickte über die weite Prärie nach Westen. „Nach Oregon? — Dort sollen sich die Siedler doch längst gegenseitig auf die Füße treten.“
„Was geht mich das an. — Bist du allein?“
„Ich hab noch zwei Packpferde dabei. Oben, hinter den Büschen.“
„Und wo willst du hin?“
„Wohin schon.“ Joe stieß ein leises, scharfes Lachen aus. „Geschäfte machen.“
„Mit den Indianern?“
„So ist es. — Wirklich komisch, Catto. Am Ende hat deine hübsche Partnerin den Männern auch einreden wollen, du würdest noch leben, und die haben es ihr nicht geglaubt.“
„Durchaus möglich, Joe. — Die Männer hatten eindeutige Beweise dafür, dass sie Mapes erschossen hat.“
„Und wer hat ihn wirklich erschossen?“
Ted rieb mit der Faust am Kinn und lachte nun seinerseits. „Dana Morgan, wer denn sonst, Joe!“
„Na ja, wie du meinst.“ Missouri-Joe blickte wieder nach Westen. „Ich würde euch ein Stück begleiten, wenn niemand was dagegen hat.“
„Die Aussiedler fahren mit Ochsen“, gab Ted zu bedenken. „Sie sind ziemlich langsam.“
„Eine Weile halt ich das schon aus. — Ich muss noch meine Packpferde holen.“
„Ich komme mit.“
Joe wendete sein Pferd. Ted ritt an seine Seite. Sie strebten beiden dem Hügel zu, von dem Missouri-Joe heruntergekommen war.
„Übrigens, zwei Meilen im Osten sind fünfzig bis hundert Geier mit einer Anzahl Leichen beschäftigt.“
„Rothäute wollten uns gestern überfallen. — Hast du noch mehr Indianer gesehen, Joe?“
„Nein.“
Sie erreichten den Fuß des Hügels und ritten die sanfte Flanke hinauf.
„Und was wissen deine Aussiedler von der Geschichte um Dana Morgan und den abgebrannten Saloon?“
„Die wissen davon gar nichts, Joe, und es wäre mir recht, wenn es dabei bleibt. Die denken, ich hätte mein Paradies aus reinem Übermut verlassen.“
„In Ordnung, ich sag nichts.“
Sie ritten über die Hügelkuppe in die Rotdornbüsche hinein. Dahinter standen die beiden Pferde, zwei braune Tiere mit Packsätteln, die beladen waren. Zwei Planen verhüllten, was die Tiere trugen.
Ted blickte nach Osten. Dort, wo die Leichen und Kadaver lagen, bewegten sich dunkle Punkte über dem Boden.
Missouri-Joe schlug sein Gewehr an und feuerte, den Lauf ein wenig nach oben gerichtet.
Bei den Kadavern schwangen ein paar Geier die Flügel, und Ted meinte, das heisere Krächzen der Aasfresser zu hören. Aber in die Luft erhoben sich die Tiere nicht.
„Verfressenes Volk“, murmelte Joe und schob das Gewehr ins Sattelfutteral. „Die lassen sich nicht stören.“
Ted blickte in alle Richtungen über das weite Land. Prärie und Hügel verschwammen im Dunst.
„Wie weit sind wir hier von der Eisenbahn weg?“, fragte Ted.
„Das weiß ich nicht so genau. Aber ein Stück ist es schon. — Warum interessiert es dich?“
„Wegen der Indianer. Sie sind dort besonders kriegerisch, wo man der Eisenbahn nahe ist.“
„Die Eisenbahn macht sie alle verrückt“, knurrte Missouri-Joe. „Diese verdammte Eisenbahn, die wir gar nicht brauchen! — Warum fahren deine Siedler nicht bis Ogalala mit dem Zug?“
„Dumme Frage“, brummte Ted. „Sie haben nicht das Geld dafür.“
„Da siehst du es ja, für die armen Teufel ist die Eisenbahn sowieso zu teuer!“ Joe nahm die Zügel seiner beiden Packpferde und ritt durch die Büsche.
Ted folge dem Mann durch das rasselnde Gestrüpp. Auf der Hügelflanke holte er Joe ein. „Und die Dakotas, mit denen du handelst? Macht es die nicht verrückt?“
„Doch, die auch. Ich muss eben hoffen, dass sie mich nicht mit der Eisenbahn in Verbindung bringen.“
Ted blickte auf die Packen, die die beiden braunen Pferde trugen. „Gewehre?“
„Gewehre, Rum, Gewürze und so weiter!“ Missouri-Joe grinste.
„Die bekommen das aber auch, wenn sie dich umbringen, Joe!“
„Richtig, Catto. Das eine Mal bekommen sie es dann noch, aber danach nie mehr wieder. Du darfst nicht glauben, sie sind dumm. — Hast du was dagegen, wenn ich ’ne Weile mit euch reite?“
„Warum sollte ich was dagegen haben, Joe?“
Missouri-Joe zuckte die Schultern. „Kann doch sein, dass du dann das Gefühl haben musst, nicht mehr der Anführer zu sein.“
Ted grinste den Mann neben sich an. „Steh ich bei dir wirklich in dem Verdacht, anderen was vorsagen zu wollen? — Im Gegenteil, Joe, es freut mich, wenn du bei uns bleibst. Du kennst dich doch hier wirklich aus. Ich hab den Farmern gegenüber meist nur so getan. — Da fällt mir ein, ich muss noch zwei oder drei Präriehunde schießen. Wo finde ich denn noch ein paar?“
Joe zügelte sein Pferd und zog das Gewehr aus dem Scabbard. Ted folgte seinem Beispiel.
Missouri-Joe blickte suchend umher, dann lenkte er seine Pferde nach Osten und bedeutete Ted durch einen Wink mit seinem Remington-Repetierkarabiner auf die andere Seite zu kommen.
Ted ließ sein Pferd zurückfallen und ritt dann zur anderen Seite hinüber. Hohe Büffelgrasnarben wanderten an ihnen vorbei. Sandflächen schlossen sich an, wurden erneut von Grasnarben und dann von ein paar Büschen abgelöst. Joe hielt bei einem Loch im Boden an, und Ted erkannte, dass es der Bau von Präriehunden war.
„Wenn einer drin ist, kommt er da drüben heraus“, sagte Missouri-Joe und deutete mit dem Gewehr nach Osten. Dann feuerte er in das Loch hinein.
Auf der anderen Seite rührte sich nichts.
„Man müsste Feuer machen.“ Joe stieg ab. „Ich wette nämlich, da sind ein paar drin.“ Er riss Gras von den Büschen, stopfte es in den Bau und brannte es an.
„Das Feuer hat nicht genug Zug“, sagte Ted. „Na ja, ich seh schon, das wird bei dir auch nichts.“
Plötzlich schoss ein paar Yards entfernt ein Präriehund aus dem Boden. Staub wehte in der Luft. Das Tier flog, aber da flog Teds Gewehr schon in die Höhe und entlud sich.
Der Präriehund überschlug sich und blieb liegen.
„Pass auf, es können noch mehr kommen!“, zischte Joe.
Ted repetierte das Gewehr und wartete. Sekunden reihten sich zu einer Minute, dann plötzlich kam wieder ein Präriehund aus dem Bau geschossen und jagte über den Sandboden.
Teds Gewehr entlud sich, der Präriehund überschlug sich und blieb liegen.
Sie warteten noch ein paar Minuten, aber es kamen keine weiteren Tiere. Joe zog sein langes Kampfmesser hinter dem Gürtel hervor und stach die Tiere ab.
„Ich wette, das hast du mit dem ersten nicht gemacht“, sagte Joe, indem er Ted überlegen angrinste.
Ted schob den Hut in die Stirn und kratzte sich im Nacken. „Du bist eben doch klüger als ich“, bekannte er.
Joe lachte, zog eine Flasche unter seiner speckigen Wildlederjacke hervor, entkorkte sie, wischte mit dem Handballen über den Flaschenhals und trank. „Willst du auch einen Schluck?“
Ted hielt die Hand auf. „Du stellst vielleicht Fragen.“
Joe lachte und warf ihm die Flasche zu. „Haben die Aussiedler denn keinen Whisky?“
Ted trank, schüttelte den Kopf, trank wieder. Der Whisky rann ihm wie pures Feuer durch die Kehle, aber er trank noch einen Schluck, bevor er die Flasche zurückwarf. „Nein. — Für die ist Whisky nur Medizin.“
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