Lisbeth Herger - Unter Vormundschaft

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1958 wird Lina Zingg als 18-Jährige in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Einige Monate später vermittelt man sie – mit der Diagnose Schwachsinn versehen – als Hausangestellte an eine Familie. Dort arbeitet die Rheintaler Bauerntochter während über 50 Jahren ohne Frei- und Ferientage im Haushalt, wird sexuell missbraucht und misshandelt. Die Hausherrin drängt auf Entmündigung, macht aus der Dienstmagd einen Betreuungsfall. Die Zürcher Behörden werden erst 2011 aktiv, nachdem die Töchter der Täterin einschreiten und eine Gefährdung melden.
Die Geschichte der Lina Zingg (Pseudonym) ist die Geschichte einer Versklavung in gutbürgerlichem Milieu. Auf der Basis umfassender Recherchen erzählt Lisbeth Herger, wie die Vormundschaftsbehörde in ihrem Auftrag versagt hat. Ein schockierender Extremfall, der dennoch wesentliche Grundmuster der Schweizer Psychiatrie- und Vormundschaftsgeschichte illustriert.

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In der Anamnese sprach man noch von einem Jahr schleichender Erkrankung, nun sind daraus zwei bis drei geworden. Überdies wird die gestellte Diagnose als gesichert präsentiert, obwohl wichtige Symptome wie Halluzinationen und Wahnvorstellungen fehlen. Die Besserung von Linas Zustand wird als Erfolg der Klinik verbucht:

Es liegt bei Lina Zingg, die zudem noch in leichterem Grade schwachsinnig ist, eine Geisteskrankheit (Schizophrenie) vor. Durch intensive Behandlung konnten wir die geistigen Störungen zwar nicht völlig heilen, jedoch soweit bessern, dass das Mädchen in Kürze wieder ausserhalb der Anstalt gehalten werden könne.

Nachfolgend skizziert der Direktor die Uneinsichtigkeit des Vaters für seinen Plan, die Patientin an eine geeignete Haushaltsstelle zu vermitteln.

Der Vater der Patientin ist mit unseren Vorschlägen nicht einverstanden und verlangt, dass das Mädchen nach Hause komme und ihm und den beiden jüngeren Brüdern den Haushalt führe. Dem Mädchen gegenüber erklärte Herr Zingg ausserdem, dass sie, wenn er wieder geheiratet habe, was in den nächsten Wochen erfolgen soll, wieder in die Fabrik gehen und gleichzeitig der Stiefmutter, die eine grössere Anzahl Kinder mitbringt, im Haushalt helfen könne.

In der anschliessenden Begründung zum geforderten Entzug der elterlichen Gewalt verschiebt Dr. Rauheisen ein klein wenig die Perspektive. Auslöser von Linas Erkrankung ist plötzlich nicht mehr die erbliche Belastung durch die Mutter, sondern vielmehr die frühere Uneinsichtigkeit des Vaters, der «das Mädchen erheblich über seine Kräfte belastet» und der es zudem versäumt habe, sie rechtzeitig «der dringend notwendigen Anstaltsbehandlung zuzuführen». Die nächste Überforderung Linas im Falle einer Heimkehr sei für ihn deshalb nur eine Frage der Zeit, führt der Chefarzt weiter aus, und so bleibe ihm, da der Vater sich – auch nach mehrmaligen Versuchen, ihn umzustimmen – beharrlich gegen eine Fremdplatzierung stemme, als nächster Schritt nur der Entzug der elterlichen Gewalt. «Wir halten es nun für unverantwortlich, Lina Zingg in die gleichen Verhältnisse zurückzuversetzen, wie dies ihr Vater, der, soweit wir dies nach einer kürzeren Unterredung beurteilen können, schwachsinnig zu sein scheint, von uns verlangt und möchten den Antrag stellen, Herrn Zingg die elterliche Gewalt über das Mädchen gemäss Art. 283 ZGB [sic] zu entziehen und einen Vormund für sie zu ernennen.»

Dr. Rauheisen stützt sich in seinem Begehren dann korrekterweise auf Art. 285 des Zivilgesetzbuches (ZGB), auf einen der drei unrühmlich bekannt gewordenen Artikel, die es den Schweizer Behörden seit 1912 erlaubten, Kinder den Eltern zu entziehen und in Heimen oder Privathaushaltungen zu platzieren, wenn das sogenannte Kindswohl gefährdet schien. Die Behörden intervenierten nicht etwa nur bei schwerem Missbrauch durch die Eltern oder grober Vernachlässigung ihrer Pflichten, sondern oft auch bei unehelichen Kindern, wenn Armut den Familienalltag knechtete oder eine Familie nicht ins bürgerliche Lebensmodell einzupassen war. Man weiss inzwischen von den Dramen dieser verlorenen Kinder, die von der Landstrasse, aber auch aus proletarischen Stuben geholt wurden; mittlerweile sind einige der meist trostlosen Heim- und Verdingkarrieren dokumentiert, man hat davon gelesen, auch vom nicht minder grossen Leiden der behördlich beraubten Eltern. 2

Selbst im Wissen um diese behördliche Willkür in der Schweiz des letzten Jahrhunderts irritiert im vorliegenden Fall, dass hier ein Vater sogleich entmündigt werden soll, nur weil er, ein Witwer, seine Tochter aus der Klinik wieder heimholen möchte an den bäuerlichen Herd und sie einem Frauenschicksal zuführen will, das – wie man aus Erzählungen und der Forschung weiss – in der bäuerlichen Unterschicht von damals gang und gäbe war. Unverheiratete Frauen hatten ihren Vätern und Brüdern und Onkeln den Haushalt zu richten, solange diese noch nicht oder nicht mehr verheiratet waren, und was von allen Töchtern und Schwestern erwartet wurde, galt erst recht für Frauen wie Lina, die vielleicht nicht ganz so schnell im Kopf waren, oder für solche, die sich mit einem körperlichen Handicap abzufinden hatten. Als tüchtige Haushälterinnen waren gerade sie im familiären Haushalt hochwillkommen, weil der Heiratsmarkt sie nicht allzu schnell wieder weglocken würde.

Nun könnte man wohlwollend vermuten, dass hier für einmal ein Arzt sich besonders ins Zeug legte, um einer jungen Frau genau dieses Schicksal familiärer Knechtschaft zu ersparen. Doch diese Lesart verliert schnell ihre Plausibilität. Zum einen irritiert die von den Ärzten antizipierte Zukunft, die sich nur unmerklich von den Plänen des Vaters unterscheidet: In beiden Entwürfen soll Lina ihr Glück am häuslichen Herd als Dienstmädchen finden. Zum anderen aber – und das ist, in den Kontext historischer Zeitgeschichte eingebettet, weit bemerkenswerter – ist da noch ein zusätzliches Argument, das Dr. Rauheisen in die Begründungskette seines Antrags schiebt, fast schon beiläufig, sodass man es leicht überlesen kann. «Es [das Mädchen] entbehre zudem der notwendigen Beaufsichtigung, sodass es, wie am Tag vor der Anstaltsaufnahme, zu Zwischenfällen kommen konnte, die das Mädchen sittlich schwer gefährden.» Es geht also offenbar ebenso sehr um die Kontrolle der jungen Frau. Und deren sexuelle Autonomie. Es spricht einiges dafür, dass sich in der leicht dahingeschriebenen Nebenbemerkung gar der ursächliche Beweggrund versteckt, der nicht nur zum forschen Entmündigungsverfahren des Vaters führte, sondern überhaupt zur Konstruktion des psychiatrischen Falls Lina Zingg. Bekanntlich wird Lina ja nicht wegen ihrer Leiden, sondern in flagranti aus dem Bett eines jungen Mannes in die Klinik eingewiesen. Just in jenem Moment, als das junge Mädchen sexuell erwacht und sich für die landesüblichen Triebkontrollen nicht ganz so zugänglich zeigt wie erwünscht. Zudem ist Lina attraktiv, dies wird in der Krankengeschichte mehrmals betont und ist auch mit Fotografien belegt. Der Vorfall in der Kammer löst Alarm aus. Und katapultiert Lina über Nacht aus ihrem Dorf in ein neues Kräftefeld gesellschaftlicher Kontrolle: in die vor demokratischen Prozessen gut geschützte und von der Medizin autorisierte Psychiatrie.

Es geht den Ärzten in Wil also weniger um das Wohl ihrer Patientin als um die Beschränkung ihrer sexuellen Autonomie. 3Damit helfen sie mit bei der gesellschaftlich verordneten Kontrolle über die weibliche Sexualität und erfüllen gleichzeitig ihren eugenischen Auftrag, den gesunden Volkskörper vor minderwertigem Erbgut zu schützen. Die Ideologie der genetischen Volkshygiene war nämlich nicht etwa nur im nationalsozialistischen Deutschland wirksam, sie bestimmte fast ein Jahrhundert lang die medizinischen und fürsorgerischen Konzepte auch in der Schweiz. Menschen wie Lina sollten sich – wenn immer möglich – nicht reproduzieren, die Weitergabe ihrer krummen Gene sollte verhindert werden. Und in der Wahl der Mittel zeigte man sich nicht zimperlich.

Die Forschungsresultate zu diesem Kapitel Schweizer Medizin- und Sozialgeschichte sind noch kärglich, der Weg zu den Akten bleibt ein ausgebauter Hürdenlauf. 4Jedoch weiss man, dass das erste europäische Gesetz zur Zwangssterilisation 1929 im Kanton Waadt verabschiedet und die erste Zwangssterilisierung in der Schweiz durchgeführt wurde. Und man weiss, dass Hitlers Zwangssterilisationsgesetz von 1934 hierzulande zu einem sprunghaften Anstieg der Sterilisationen führte, vor allem bei Frauen. 5Ebenfalls bekannt ist, dank mutigen Zeugnissen von Betroffenen, dass diese Praxis bis in die 1980er-Jahre fortgesetzt wurde. Chefarzt Rauheisen zückte in seiner Wiler Klinik noch 1972 das Skalpell, um einer 18-jährigen Schwangeren ein Kind abzutreiben, gegen ihren Willen, und er sterilisierte sie anschliessend unter Zwang, weil sie «schwachsinnig» und «psychopathisch» gewesen sein soll.

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