Wie bei jeder Bewegung, die Geschwindigkeit, Kraft oder maximale Stärke beinhaltet, sind angemessene Erholungszeiten zwischen den Trainingsrunden intensiver Sprünge oder Würfe erforderlich, damit sowohl im Training als auch im Wettkampf wieder die maximale Leistung erreicht werden kann. Athleten, die sich vollständig erholt haben und eine geeignete Bereitschaft aufweisen, werden vom plyometrischen Training immer mehr profitieren als erschöpfte Athleten. Studien zeigen, dass fünf Minuten Erholungszeit nach einer ermüdenden Trainingsrunde des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus’ erforderlich sein können, um nachfolgend gleiche oder bessere Leistungen zu erzielen (Comyns, Harrison und Hennessy 2011). Es überrascht nicht, dass heute viele Sportwissenschaftler Drop Jumps auf Kraftmessplatten und Kontaktmatten zur Messung sowohl der zentralen als auch der peripheren Ermüdung bei Athleten durchführen und die allgemeine Erholung und Bereitschaft eines Athleten mithilfe des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus’ kontrollieren.
In den nächsten Kapiteln werden primäre Konzepte für die richtige Belastungssteigerung unter Nutzung verschiedener Übungen und Gerätehilfen bestimmt. Sie finden auch wichtige Grundübungen, die Sie ausführen sollten, ehe Sie ein umfassendes Programm zum Stärke-, Kraft- und Geschwindigkeitstraining beginnen. Diese Grundübungen sind die Bausteine für viele fortgeschrittenere und komplexe Übungen auf dem Weg zur Hochleistung. Alle Übungen werden mit detaillierten Illustrationen der wesentlichen anatomischen Strukturen dargestellt, die bei der Ausführung dieser explosiven Bewegungen beteiligt sind. Die Kenntnis von Muskeln und Bindegewebe, die bei einem plyometrischen Trainingsprogramm beteiligt sind, kann ein vertieftes Verständnis nicht nur für die technische Ausführung dieser Übungen liefern, sondern auch für die Bewegungen und Übungsprotokolle, die für das Warm Up, Cool Down und die Förderung der Erholung erforderlich sind.
TRAININGSFORTSCHRITTE, TRAININGSFLÄCHEN UND AUSRÜSTUNG
Es kann eine komplexe Aufgabe sein, in ein plyometrisches Trainingsprogramm einzusteigen. Um eine geeignete plyometrische Routine in ein allgemeines Trainingsprogramm aufzunehmen, wird viel Planungs- und Vorbereitungsarbeit erforderlich sein. Wegen der explosiven und technischen Seite plyometrischer Aktivitäten ist eine allmähliche Steigerung der Übungen und Techniken nötig, um Effizienz und Sicherheit zu maximieren. Dabei müssen Sie besondere Sorgfalt walten lassen und eine geeignete Vorbereitung einplanen, um die Übungen wirksam und mit angemessener Erholungszeit zwischen den einzelnen Übungsgruppen und Übungsrunden sicherzustellen. Die Auswahl der Übungen, das Trainingsvolumen, die Trainingsfläche und die Wahl der Ausrüstung sind wichtige Überlegungen vor dem Beginn eines plyometrischen Übungs-programms.
Man hört immer wieder die Meinung, ein Athlet müsse vor der Teilnahme an einem plyometrischen Trainingsprogramm in der Lage sein, Squats mit einem gewissen Gewicht auszuführen. Eine häufig genannte Vorbedingung für explosive Sprünge ist das 1,5-fache des Körpergewichts bei einem Back Squat. Die Logik hinter dieser Behauptung ist, dass ein Minimum an Stärke erforderlich ist, um die Kräfte, die bei dynamischen plyometrischen Aktivitäten wirken, sicher unter Kontrolle zu haben. Man geht davon aus, dass die Muskeln und Sehnen eine Grundstärke besitzen müssen, um die Anforderungen explosiver Aktivitäten zu bewältigen.
Es gibt viele Möglichkeiten, sich auf die Anforderungen eines solchen Programms vorzubereiten. Tatsächlich können viele Aktivitäten, die Kinder beim Spielen ausüben, als vorbereitende Bewegungen betrachtet werden. Laufen, Seilhüpfen und Springen, wie man es auf einem Spielplatz beobachten kann, sind Vorläufer plyometrischer Aktivitäten. Zudem sind viele sportspezifische Bewegungen von Natur aus plyometrisch, insbesondere in Sportarten wie Volleyball und Basketball; hier werden sie im Training wie im Spiel täglich ausgeführt.
In der Vorbereitungsphase eines plyometrischen Programms werden Übungen mit begrenztem exzentrischem Stress und begrenzter Belastung beim Landen bevorzugt. Auch wenn weichere Bodenflächen für die Aktivierung des Dehnreflexes nicht optimal sind, sind sie doch ein guter Ausgangspunkt, um Belastung beim Aufprall möglich gering zu halten. Mit zunehmender Schwierigkeit des Trainingsprogramms und verbesserter Stärke nehmen Sie härtere Flächen und dynamischere Sprünge ins allgemeine Programm mit auf, um den Dehnreflex zu aktivieren und die Besonderheiten der Wettkampfflächen zu simulieren. Eine geeignete Steigerung der Übungen, der Flächen und der Ausrüstung verbessert die Leistung wirksam und maximiert die Sicherheit.
In allen Fällen, in denen intensive Übungen auszuführen sind, sollten Sie sich gründlich ärztlich untersuchen lassen, bevor Sie mit dem Trainingsprogramm beginnen. Die Kenntnis früherer Verletzungen und bestehender Erkrankungen ist hilfreich, um geeignete Übungen und das Tempo der Fortschritte zu bestimmen. Wenn Sie beispielsweise in Ihrer Vorgeschichte Schmerzen im Knie oder im unteren Rücken haben, brauchen Sie möglicherweise ein geringeres Trainingsvolumen und eine langsamere Steigerung der Belastung, um das mögliche Auftreten von Schmerzen oder weiteren Verletzungen möglichst gering zu halten.
Um eine ausreichende Stimulation für eine positive Anpassung sicherzustellen, ohne übermäßigen Stress zu erzeugen, der zu einer Verletzung führen kann, ist es in einem Trainingsprogramm entscheidend, die richtigen Übungen zur richtigen Zeit anzuwenden. Achten Sie darauf, in ein Programm, das letztlich auf explosive plyometrische Sprünge vorbereitet, Übungen aufzunehmen, die nicht zu komplex oder belastend sind. Zugleich sollten die ersten Schritte in einem plyometrischen Programm aber auch belastend genug sein, um den Fortschritt zum nächsten Schwierigkeitsniveau zu ermöglichen.
Eine der Grundübungen ist das Springen auf eine Box oder ein Podest zum Training der konzentrischen Sprungfähigkeiten. Das Springen auf eine Box bietet den Vorteil einer explosiven Streckung in Hüfte, Knie und Sprunggelenk (auch als Triple Extension oder dreifache Streckung bekannt), ohne den Aufprall einer belastenden Landung. Im Idealfall ist die Box fast so hoch wie der höchste Punkt des Sprungs, sodass Sie den Sprung sicher ausführen können, aber landen, direkt nachdem die Sprungbahn abwärts zu verlaufen beginnt.
Anfangs können Sie auf die Box oder das Podest aus einer statischen Startposition mit Squats verschiedener Tiefe springen, wie in Abbildung 2.1zu sehen. Sie können schnellere Sprünge auf eine Box geringer oder mäßiger Höhe mit einer leichten Kniebeugung beginnen. Sie können kraftvollere Sprünge auf eine höhere Box aus einer tieferen Kniebeugung ausführen. In beiden Fällen liegt der Akzent auf einer schnellen konzentrischen Bewegung, sodass keine Gegenbewegung nötig ist.
Sobald Sie Ihre Kompetenz im statischen Box Jump nachgewiesen haben, gehen Sie auf Sprünge mit Gegenbewegung über. Durch die Einleitung einer starken Gegenbewegung nach unten können Sie die Vorteile des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus’ nutzen, um für den Sprung nach oben mehr Kraft zu erzeugen. Die Landung auf der Box ist die gleiche wie beim statischen Sprung – sanft und direkt nach dem höchsten Punkt der Sprungkurve.
Weitere Sprungmethoden, die frühzeitig im Trainingsprogramm genutzt werden können, sind einfache Sprünge auf der Stelle in einem Swimmingpool. Das Wasser bietet Widerstand für den konzentrischen Anteil eines Sprungs und durch die Auftriebskraft des Wassers eine bedeutende Entlastung in der Landephase. Brusttiefes Wasser ist perfekt für Sprünge auf der Stelle, die Stärke und Kraft entwickeln. Führen Sie anfangs jeweils nur einen einfachen Squat Jump aus, um an der Haltung, der Sprungtechnik und der Landestrategie zu arbeiten. Haben Sie nach mehreren Sitzungen Fortschritte gemacht, fügen Sie Abprallsprünge (Rebounds) mit ein, die eine erste geringe bis mäßige Belastung durch plyometrische Qualitäten beinhalten. Im Pool ist auch eine Erweiterung zu Weitsprüngen möglich. Das Wasser liefert der Bewegung den äußeren Widerstand, während die Landung eine Herausforderung für das Gleichgewicht darstellt. Die fehlertolerante und dankbare Umgebung eines Pools unterstützt den Einsatz der Plyometrie in der Rehabilitation und im Training zur Rückkehr in den Wettkampf.
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