Teil 3 die Ergebnisse der im Bistum Aachen durchgeführten empirischen Untersuchung zur Frage nach (Weiter-)Bildungsbedarfen aus der Sicht von freiwillig Engagierten in Leitungsteams dargestellt und theologisch unter die Lupe genommen.
Teil 4 präsentiert die Architektur des Bildungscurriculums „Verantwortung teilen“ mit besonderem Schwerpunkt auf Teamkultur, Leitung, Facilitation und Exposure. Um die Lernplattform zu erweitern, kommen in
Teil 5 Praxiserfahrungen zum Zusammenspiel von Leitungsteams, Partizipation und Bildung in der Kirchenentwicklung zur Sprache. Während in
Teil A die Erfahrungen aus deutschsprachigen Bistümern, namentlich Osnabrück, Linz und Hildesheim dargestellt werden, bezieht sich
Teil B auf die internationalen Erfahrungen aus Frankreich, den Philippinen, aus Südafrika, Brasilien und Mexiko. In
Teil 6 kommen schließlich Zwischenrufe aus dem Bereich des Sports, des Journalismus‘ und des Freiwilligenmanagements zu Wort.
Teil 7 gibt zum Schluss einen Ausblick, indem einerseits die Grenzen und Chancen von Bildungsmaßnahmen beleuchtet und andererseits Thesen zu einer Kirchenentwicklung als Teil einer Gesellschaftsentwicklung aufgestellt werden. Schließlich stellt das Schlusswort den „springenden Punkt“ in der Frage nach Partizipation im Kontext von Kirchenentwicklung heraus, der gewissermaßen hinter allen institutionellen Partizipationsmaßnahmen zu stehen hat, wenn diese glaubwürdig sein wollen.
Die 27 Beiträge, in denen die Vielschichtigkeit der Frage „Wie lernt Kirche Partizipation?“ ansichtig wird, lassen den vorliegenden Band durch das Wechselspiel von Theorie und Praxis zu einem Studier- und Erfahrungsbuch für alle werden, die sich von den unterschiedlichen Lernwegen zu einer „partizipativen Kirchenentwicklung“ inspirieren lassen wollen.
Mein großer Dank gilt allen, die zur Entstehung dieses Buches beigetragen haben: insbesondere den freiwillig Engagierten und hauptamtlich Tätigen sowie meinen Projektpartnern Martin Pott und Bernd Wolters im Bistum Aachen, Matthias Sellmann und Andreas Henkelmann sowie meinen Kolleginnen und Kollegen am Zentrum für angewandte Pastoralforschung. Dem Echter-Verlag danke ich für die gute Zusammenarbeit und die Aufnahme des Bandes in die Reihe „Angewandte Pastoralforschung“. Außerdem bedanke ich mich für die engagierte Mitarbeit aller Autorinnen und Autoren dieses Bandes, die das Thema durch ihre hohe Fach- und Erfahrungskompetenz bereichern. Für die zuverlässige und sorgfältige Redaktions- und Lektoratsarbeit danke ich Stefan Kaiser. Ohne die ausgesprochen gute Zusammenarbeit mit ihm wäre das Buchprojekt in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu bewerkstelligen gewesen. Für die geduldigen Feinschliffe danke ich Monika Wittmann. Schließlich gilt mein Dank Nikola und Anita Prkačin für den ermutigenden „Spirit“ (U sjećanju na Zagreb).
I. Auf dem Weg zu einer partizipativen Kirche im Bistum Aachen – Das Projekt „Verantwortung teilen“
Elisa Kröger
Herausforderung „Partizipation“
Das Projekt „Verantwortung teilen“ aus Forschungsperspektive
1. EINFÜHRUNG
Pfarreien sind Orte, in denen sich derzeit die aktuellen Herausforderungen der Pastoral wie unter einem Brennglas beobachten lassen. Einer ihrer zentralen Kristallisationspunkte sind die synodalen Räte, pastoralen Gremien und Leitungsteams. Denn ihre Aufgabe ist es, mit einer Kurzformel von Bernhard Spielberg gesagt, „die Verantwortung dafür [zu tragen], dass die Kirche vor Ort am Leben bleibt“ 1oder pointierter, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes „am Leben dran“ 2bleibt. Diese Aufgabe, die nicht selten hinter dominanten Strukturprozessen der Bistümer zurücksteht, ist umso heraus -fordernder, als besonders die Pfarreien an der diagnostizierten „Milieuverengung“ leiden. 3Michael N. Ebertz stellt fest, dass sich immer mehr, vor allem jüngere Menschen, in zunehmender „Distanz, ja in absoluter Beziehungslosigkeit zum kirchlichen Leben […]“ 4befinden. Ob Pfarreien also Orte sind – oder zu solchen werden –, die am Leben von – auch jüngeren – Menschen „dran“ bleiben, steht vielerorts gerade infrage und hängt nicht nur von Strukturprozessen ab, sondern vor allem davon, ob, mit Rainer Bucher gesprochen, die „Außenperspektive als mögliche Innovationsperspektive“ 5ernst- und wahrgenommen wird. Erforderlich dazu ist eine Umkehr, auch und gerade im Hinblick auf die aktuell vielseitig gestellte Frage nach einer verstärkten „Partizipation“ durch freiwillig Engagierte 6: So etwa die Umkehr von einer in der Logik der Aufgabenorientierung verhafteten Vorstellung von Partizipation, die vorwiegend auf bestehende Strukturen beschränkt bleibt und sich beinahe ausschließlich danach ausrichtet, die gewohnten Aufgaben der Pfarrei, die bisher vorwiegend die Pfarrer und die Hauptamtlichen erfüllt haben, nun als Erbe an freiwillig Engagierte abzugeben, damit es weitergehen kann wie bisher, hin zu einem Verständnis von Partizipation, in dessen Zentrum das Subjektsein und die Freiheit von Christinnen und Christen stehen, die am Leben von Menschen „dran bleiben“, also daran teilhaben. Dazu ist allerdings erforderlich, auf die Plätze hinauszugehen, an denen sich das Leben mit seinen unterschiedlichen Situationen zwischen „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ (GS 1) abspielt. Damit solche Umkehrprozesse gelingen, braucht es gemeinsame Erfahrungs- und Lernräume – auch und gerade an Orten, an denen die Beharrungskräfte und Überforderungsgefühle besonders groß sind, und das heißt nicht nur, aber auch in Pfarreien, ihren Gremien, Räten und Leitungsteams. Worauf es in Zukunft ankommen wird, ist die Eröffnung von solchen Laboratorien, in denen Neues ausprobiert wird, wovon auch die Forschung der Praktischen Theologie etwas lernen kann. Zu den Rahmenbedingungen solcher innovationsförderlichen Laboratorien gehören insbesondere Selbstorganisation, Freiheit, Experimentierfreudigkeit, eine zuträgliche Fehler- und Wertschätzungskultur sowie Teamarbeit. 7
Erste Versuche in diese Richtung wurden im Rahmen des Projekts „Verantwortung teilen“ unternommen, das in Kooperation zwischen dem „Zentrum für angewandte Pastoralforschung“ (kurz: ZAP) der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum und dem Bistum Aachen initiiert wurde. Das Projekt widmet sich einem neuralgischen Punkt gegenwärtiger Pastoral, nämlich der Frage nach der Partizipation durch freiwillig Engagierte in Gremien, Räten und Leitungsteams (sowie darüber hinaus), und zwar inmitten der pastoralen Herausforderungen, die sich gegenwärtig stellen. Damit bewegt sich das Projekt von Anfang an in einem Spannungsfeld zwischen vorgegebenen Strukturen einerseits und den Fragen innovativer Kirchenentwicklung andererseits. Die entscheidende Stellschraube inmitten dieses Spannungsfeldes wird über die Organisation von Bildungsprozessen gedreht. Als Lernende werden in diesem Zusammenhang jedoch keineswegs nur diejenigen verstanden, die im Bistum Aachen derzeit – in Gremien, Räten, Leitungsteams und darüber hinaus – freiwillig Verantwortung tragen, sondern ebenso diejenigen, die hauptamtlich tätig sind, bis hin zu denjenigen, die das Projekt initiiert haben.
Im Folgenden wird das Projekt aus der Forschungsperspektive der das Projekt primär begleitenden wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Zentrums für angewandte Pastoralforschung dokumentiert. Dazu werden im Anschluss an die Einführung die (2.) Kontexte sowie die (3.) Anlage des Projekts dargestellt. Von einer „partizipativen“ Kirchenentwicklung kann unterdessen nicht die Rede sein, ohne das Wort „Partizipation“ selbst näher zu beleuchten. Dies soll im nächsten (4.) Kapitel in begrifflicher, systemtheoretischer und theologischer Hinsicht erfolgen. Mit den beiden Aspekten „Team-“ und „Ermöglichungskultur“ werden dann (5.) die wesentlichen inhaltlichen Leitlinien des Projekts ausgeführt. Danach wird (6.) ein Einblick in das Bildungscurriculum gegeben und (7.) die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Projektverlauf dargestellt. Schließlich gilt es, (8.) die relevanten Perspektiven sowie die bleibenden Herausforderungen zu beschreiben, die aus dem Projektverlauf resultieren. Worauf es in Zukunft in Sachen „Partizipation“ ankommen könnte, wird in einem Schlusswort (9.) kurz aufgegriffen.
Читать дальше