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6. Ergebnis zur Legaldefinition des Begriffs des sozialen Netzwerks
Für die bereits genannten Angebote Facebook , Twitter , YouTube , Instagram , aber auch Xing und LinkedIn gilt, dass sie es ermöglichen, Inhalte mit anderen Nutzern zu teilen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, da sie zumindest einen Teil der typischen Funktionen eines sozialen Netzwerks124 besitzen. Gemein ist diesen Plattformen, dass sie grundsätzlich keine eigenen, sondern nur von ihren Nutzern eingestellte Inhalte bereithalten. Es handelt sich bei ihnen mithin um soziale Netzwerke i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 NetzDG.
Ob und inwieweit das NetzDG auf diese sozialen Netzwerke auch Anwendung findet, bestimmt sich nach den weiteren Voraussetzungen und Ausnahmen des § 1 Abs. 1 NetzDG, namentlich das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht (§ 1 Abs. 1 Satz 1 NetzDG), die Einstufung als Plattform mit bestimmten journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 NetzDG) oder als Plattform, die zur Individualkommunikation oder zur Verbreitung spezifischer Inhalte bestimmt ist (§ 1 Abs. 1 Satz 3 NetzDG). Erläuterungen zu diesen Beschränkungen finden sich in den Ausführungen zum NetzDG in Kapitel 7.
II. Typische Funktionen sozialer Netzwerke als Querschnitt klassischer Online-Angebote
Soziale Netzwerke im Internet halten oftmals eine Vielzahl von Funktionen bereit, von denen einige im Folgenden dargestellt werden sollen (siehe 1.) und die sie oftmals zu einem Querschnitt verschiedenster „klassischer“ Online-Angebote machen (siehe 2.).
1. Typische Funktionen sozialer Netzwerke
Die typischen Funktionen sozialer Netzwerke sorgen dafür, dass diese vereinzelt oder in der Gesamtschau dazu führen, dass soziale Netzwerke als Telemedien Plattformen sind, über welche für den Diensteanbieter fremde Informationen, aber auch fremde Telemedien, nämlich solche der Nutzer, bereitgehalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Eine Auswahl dieser Funktionen wird im Folgenden zum besseren Verständnis in tatsächlicher Hinsicht dargestellt.
Grundsätzlich gemein ist allen sozialen Netzwerken, dass ihre Nutzer ein mehr oder weniger umfangreiches Nutzerprofil besitzen, das oftmals einem Steckbrief oder Lebenslauf ähnlich gestaltet ist und eine eigenständige Seite innerhalb des sozialen Netzwerks einnimmt.125
In dem Profil können verschiedene persönliche Informationen preisgegeben werden. Diese können z.B. das Geburtsdatum, Kontaktdaten, Beziehungsstatus, Angaben zu Familienmitgliedern und/oder einen allgemein beschreibenden Text enthalten. In den Business-Netzwerken, z.B. Xing und LinkedIn , beinhaltet das Nutzerprofil regelmäßig den beruflichen Werdegang des Profilinhabers und ist ähnlich eines tabellarischen Lebenslaufs aufgebaut. Das Profil kann aber auch anstelle von umfangreichen Daten zur Person des Inhabers die von diesem in das soziale Netzwerk eingestellten Inhalte (Fotos, Videos etc.) beinhalten und präsentieren.
In erster Linie dienen die Nutzerprofile der Selbstdarstellung ihrer Inhaber, wobei diese selbstständig entscheiden, welche Informationen sie über sich preisgeben.126 Zudem bestimmt der Inhaber bzw. Nutzer eines sozialen Netzwerks über Privatsphäreneinstellungen, wer welche Informationen sehen darf.127 Das Profil ist regelmäßig das „Kernstück“ von sozialen Netzwerken im Internet.128 Dabei kann es je nach sozialem Netzwerk unter Nutzung eines Pseudonyms oder der tatsächlichen Identität (sog. Klarname) von dem Nutzer betrieben werden.129
In die Profil-Seite können regelmäßig weitere Inhalte, wie z.B. sog. Status-Meldungen, Fotos und Videos eingestellt werden. Mittels Status-Meldungen können bspw. gerade stattfindende Aktivitäten, aber auch Gedanken, Links, Fotos und Videos verbreitet werden.
Auf die so verbreiteten Inhalte können je nach Privatsphäreneinstellung andere Nutzer reagieren. Wenn ihnen ein Status, Link, Foto oder Video gefällt, können sie dieses regelmäßig durch einen einfachen Klick zum Ausdruck bringen und entsprechend – z.B. mit „Gefällt mir“ – markieren.130 Auch können Nutzer die Inhalte anderer Nutzer „teilen“ und damit weiterverbreiten.131 Zudem können die Inhalte in der Regel kommentiert werden.
Neben einem Profil besitzt im Rahmen eines sozialen Netzwerks grundsätzlich jeder Nutzer eine Freundesliste bzw. Kontaktliste, auf die er andere Nutzer hinzufügen kann. Will sich ein Nutzer auf diesem Weg mit einem anderen Nutzer verknüpfen, erhält der andere Nutzer in der Regel eine Anfrage, die er bestätigen muss, damit die Verknüpfung zustande kommt. Nach Bestätigung dieser Anfrage befinden sich die Nutzer wechselseitig auf der Kontaktliste des jeweils anderen. Die Verknüpfung führt in erster Linie zum Austausch von Informationen und Kontaktdaten der Nutzer untereinander.132 Sie dient dabei der Kontaktpflege und insbesondere einem In-Kontakt-Bleiben, wenn sich Personen bspw. aufgrund größerer örtlicher Distanz nicht mehr persönlich sehen können (z.B. nach einem Studienaufenthalt im Ausland).
Daneben besteht in vielen sozialen Netzwerken die Möglichkeit, anderen Nutzern zu „folgen“. Hierbei wird kein beiderseitiger Kontakt geknüpft. Vielmehr kommt es zu einer einseitigen Vernetzung, bei welcher der sog. Follower, also der Folgende, Profiländerungen, neue Beiträge/Postings und andere Inhalte des gefolgten Nutzers oder der gefolgten Unternehmens- und Fan-Seite abonniert. Eine solche einseitige Vernetzung findet z.B. bei Twitter und Instagram statt.
Die Möglichkeit verschiedenste Informationen (Textbeiträge/Kommentare, Status-Meldungen, Fotos, Videos etc.) an unterschiedlichsten Stellen eines sozialen Netzwerks zu platzieren bzw. mit anderen Nutzern zu teilen oder Inhalte von anderen Nutzern weiter zu verbreiten, wird als Social Sharing bezeichnet.133 Der geteilte Inhalt wird dabei regelmäßig im Profil des den Inhalt teilenden Nutzers oder der Gruppe bzw. sonstigen Seite angezeigt, an die der Inhalt geteilt wurde, aber auch im sog. News Feed der mit dem Nutzer bzw. der Gruppe oder anderen Seite verbundenen Nutzern.134
Beim Social Sharing handelt sich um die Kernfunktion sozialer Netzwerke, die der Interaktion zwischen den Nutzern dient und diese ermöglicht. Es ist aber auch die Funktion, die dafür verantwortlich ist, dass rechtswidrige bzw. strafbare Inhalte über ein soziales Netzwerk einfach und weitreichend verbreitet werden können.135
d. Nachrichten- bzw. Mail- und Messenger- bzw. Chat-Funktion
Mit einer regelmäßig bestehenden Nachrichten- bzw. Mail- und Messenger- bzw. Chat-Funktion innerhalb eines sozialen Netzwerks können sich Nutzer gegenseitig Nachrichten schicken und in Echtzeit miteinander kommunizieren. Daneben besteht zum Teil auch die Möglichkeit Sprach- und Video-Telefonate zu führen.
Häufig können Nutzer zudem Gruppen gründen oder bestehenden Gruppen als Mitglied beitreten. Diese dienen z.B. der Diskussion zu einem bestimmten Themenkreis und der Identifikation mit bestimmten Interessen. Gleichgesinnte können in diesen Gruppen zusammenfinden. Neben Textbeiträgen können regelmäßig auch Fotos und Videos eingestellt werden. Die einzelnen Nutzerbeiträge können kommentiert, geteilt oder mit einem „Gefällt mir“ markiert werden. Eine Gruppe funktioniert damit ähnlich einem Internetforum bzw. Meinungsforum.136 Sie kann grundsätzlich als offene, geschlossene oder geheime Gruppe konzipiert werden.137 Während offene Gruppen von jedem Nutzer betreten werden können, sind geschlossene Gruppen in der Regel zwar für jeden Nutzer auffindbar, setzen aber eine Aufnahme in die Gruppe durch deren Organisatoren bzw. Administratoren voraus, um an dieser teilnehmen und damit die in ihr geteilten Beiträge einsehen und eigene Beiträge veröffentlichen zu können.138 Geheime Gruppen sind hingegen nicht auffindbar und stehen nur in sie eingeladenen Nutzern zur Verfügung.139
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