Claudio Caduff
Strukturiert Allgemeinbildung unterrichten
Didaktische Hausapotheke, Band 4
ISBN Print: 978-3-0355-0302-9
ISBN E-Book: 978-3-0355-0303-6
Coverfoto: Svisio/iStock
1. Auflage 2016
Alle Rechte vorbehalten
© 2016 hep verlag ag, Bern
www.hep-verlag.ch
Inhalt
Vorwort
Einleitung
ADie Struktur des Inhalts
1Inhalte bestimmen und Ziele klären
2Die Sache klären
3Von der Sache zur Inhaltsstruktur für den Unterricht
4Strukturiertes Fragen im Politikunterricht
5Der Politikzyklus als Strukturierungsinstrument
6Die Struktur der Urteilsbildung
BDie Struktur des Unterrichts
1Das Basismodell als Grundlage für die Unterrichtsstruktur
2Lernprozesse im Politikunterricht
3Aufbau politischen Wissens und Verstehens
3.1Vorwissen aktivieren
3.2Verstehen
3.3Elaborieren
3.4Organisieren
4Politische Urteilsbildung
4.1Erkennen und Verstehen der strittigen Sache
4.2Auseinandersetzungen mit den unterschiedlichen Positionen
4.3Bildung der eigenen Meinung
4.4Darstellung und Verteidigung der eigenen Meinung
5Verknüpfung mit Sprache und Kommunikation
Literatur
Vorwort
Die «didaktischen Hausapotheken» greifen aktuelle Fragen aus Unterrichtspraxis und Schulalltag auf und liefern dazu eine Mixtur von nützlichem Hintergrundwissen, Anstössen zur Reflexion und praktischen Empfehlungen. Rasch und unspezifisch wirkende Mittelchen und Pflästerchen sollten Sie hier aber nicht erwarten. Unsere didaktischen Pillen sind vielmehr präzise auf die wichtigsten Kompetenzen dosiert, die Sie in Ihrer Unterrichts- und Ausbildungstätigkeit benötigen.
Kompetenz ist ja inzwischen zum «Bildungszauberwort» schlechthin avanciert. Dass sie sich am Aufbau von Kompetenzen orientiere, behauptet mittlerweile jede Bildungsinstitution, die etwas auf sich hält. Wir wollten es nicht bei der Absichtserklärung bewenden lassen. In einem mehrjährigen, mehrstufigen Entwicklungsprozess haben die Teams der PH Zürich zunächst die zehn wesentlichen Handlungsfelder von Lehrpersonen in der Berufsbildung herausseziert, anschliessend zu jedem Handlungsfeld eine Liste von Kompetenzen zusammengestellt, über die eine fähige Lehrperson verfügen sollte. Dabei lehnt sich die Vorstellung von «Kompetenz», von der wir uns leiten liessen, an Modelle an, die auch in der beruflichen Grundbildung verbreitet sind. Ausgangspunkt ist die praktische Maxime, dass Wissen allein nicht genügt, wenn gehandelt werden soll. In der Folge sind zwei einander ergänzende Einsichten für uns von Belang. Erstens: Kompetenz zeigt sich nur in einer konkreten Situation – in der Praxis. Und zweitens: Wer kompetent handeln will, muss über bestimmte Voraussetzungen verfügen – es braucht bestimmte Kenntnisse, Fertigkeiten, Haltungen. Diese «Ressourcen» muss man mobilisieren und «bündeln» können, um eine berufliche Herausforderung zu bewältigen.
Dies ist, einfach gefasst, der «Kompetenzbegriff», auf dem unsere Ausbildungen aufbauen. Er erlaubt uns zum einen, mit den Studierenden gezielt an den Ressourcen zu arbeiten, die es in jedem Handlungsfeld braucht; er verpflichtet uns zum andern, ihnen die Möglichkeit zu kompetentem Handeln zu verschaffen, zum Beispiel in den begleiteten Praktika, beim Verfassen der Leistungsnachweise oder bei der Portfolioarbeit. Am Ende des Studiums, in den berufspraktischen Prüfungen, zeigen sie, dass sie gelernt haben, in konkreten Unterrichtsituationen kompetent zu handeln. Dies ist es denn auch, was am Ende der Ausbildung beurteilt wird.
Allerdings ist ja mit dem Abschluss der Ausbildung der Parcours vom Novizen zum Experten erst richtig lanciert. Und Kompetenzen können auch verkümmern, wenn man sie nicht pflegt.
Über die Ausbildung hinaus wird Ihnen nun unser Modell der Handlungsfelder und Kompetenzen gute Dienste leisten und Sie auf Ihrem weiteren Karriereweg als Lehrperson begleiten – wenn Sie sich etwa überlegen, in welchem Feld, welcher Kompetenz Entwicklungsbedarf bestünde, wo allenfalls Weiterbildungen nötig wären.
Vergleichbares dürfen Sie auch von unseren «didaktischen Hausapotheken» erwarten, so sind sie konfektioniert: Geboten werden weder tiefe Theorien noch simple Hausmittel, es geht immer um kompetentes Handeln im Unterrichtsalltag, und immer bezogen auf bestimmte Handlungsfelder einer Lehrperson in der Berufsbildung.
Keine schnellen Pillen also, sondern Anleitung zur Selbsthilfe bei der Entwicklung der eigenen Berufskompetenz.
Mehr nicht – aber auch nicht weniger.
Christoph Städeli
Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung, Pädagogische Hochschule Zürich
Das Übersichtsdokument mit den zehn Handlungsfeldern und den entsprechenden Kompetenzbeschreibungen finden Sie auf der Website der PH Zürich ( www.phzh.ch/sek2›Zehn Handlungsfelder). Das Gerüst der zehn Handlungsfelder, je in eine prägnante Formel verpackt, findet sich auch auf dem Heftrücken der «didaktischen Hausapotheken».
Dieses Heft bezieht sich primär auf die Handlungsfelder 1 und 2: die Auswahl und Strukturierung der Unterrichtsinhalte, die Planung von Lehr-Lern-Prozessen und ihre Ausrichtung zum einen an der «Sache», zum andern an den Lernenden – den Lernvoraussetzungen, die sie mitbringen, und den Lernzielen, die sie erfüllen müssen.
Einleitung
Beim Unterricht auf der Sekundarstufe II – gerade auch in der Berufsbildung – steht in der Regel ein Lerngegenstand im Zentrum. Die Lernenden müssen diesen Gegenstand verstehend durchdringen und operative Könnerschaft entwickeln. Dabei entsteht intelligentes Wissen als gut strukturiertes, disziplinäres und praktisches System von Kenntnissen, Fähigkeiten und Haltungen. Es geht also um Inhalte, «mit denen nicht ein isoliertes Faktenwissen ausgedrückt ist, sondern die die Schüler in die Lage versetzen, Fakten in einen Zusammenhang einzuordnen, Phänomene der Wirklichkeit zu modellieren, Deutungen der Wirklichkeit in Ausdrucksgestalten zu übersetzen, bzw. umgekehrt, solche Modellierungen und Ausdrucksgestalten erschliessend nachzuvollziehen» (Gruschka, 2015, S. 27).
Damit Lernende sich im Unterricht ein solches Wissen erwerben können, müssen die Lehrerinnen und Lehrer gleichzeitig die Sache nach den Lernenden ausrichten und die Lernenden nach der Sache ausrichten; einerseits müssen also die äusserst vielfältigen Inhalte von den Lehrpersonen selbst systematisch erfasst werden, damit sie sie anschliessend als Inhaltsstruktur für den Unterricht didaktisch rekonstruieren können, anderseits muss der Unterricht nach Lernprozessen bzw. Lernschritten strukturiert werden, damit die Lernenden sich die Sache verstehensorientiert aneignen können.
In der gängigen didaktischen Literatur zur Planung und Vorbereitung des Unterrichts – heute spricht man in der Regel von der Planung der Lehr-Lern-Prozesse – unterscheidet man verschiedene Planungskategorien; beispielhaft seien die fünf Kategorien nach Maier (2012, S. 171 ff.) aufgeführt:
→Von den curricularen und fachwissenschaftlichen Vorgaben zu den Lernzielen
→Von den Lernvoraussetzungen zur Verlaufsplanung
→Methodische Dimensionen des Lehr-Lern-Prozesses
→Organisatorische Aspekte des Lehr-Lern-Prozesses
→Reflexion und Evaluation des Lehr-Lern-Prozesses
Die Erfahrung in der Arbeit mit Lehramtsstudierenden auf der Sekundarstufe II zeigt, dass – trotz intensiver Arbeit mit solch umfassenden Planungsmodellen in der Ausbildung – der Unterricht allgemein wenig strukturiert ist. Die (inhaltlich) aufgeblähten Lehrpläne verleiten zum gehetzten «Durchnehmen» von grossen Stoffmengen. Die Lernenden werden vielfältig und methodisch variantenreich beschäftigt, doch in ihren Köpfen entsteht weder eine kohärente Fachlandkarte, noch verstehen sie die Lerngegenstände wirklich, da die Lernprozesse im Unterricht nicht beachtet oder da sie im Schnellgang durchlaufen werden. Damit der Unterricht jedoch wirksam sein kann, muss in der Planung einerseits der Lerngegenstand, das heisst der Inhalt, für die Lernenden geordnet werden, und anderseits muss die Abfolge der Lernprozesse bestimmt werden. Kurz: Die Struktur des Inhalts und der Lernprozesse ist entscheidend für das Lernen.
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