Nach 1866 spielte er allerdings ein doppeltes Spiel, das auch für die Zeit nach 1870/71 in Frankreich von Bedeutung ist. Napoleon III. versuchte, ein Bündnis mit Österreich herzustellen, wie du gerade gesagt hast. Er empfahl den Österreichern, Schlesien zu annektieren, das 1740 (allerdings auch nicht gerade völkerrechtlich korrekt) preußisch geworden war. Zudem sprach er von einem Südbund, den Österreich-Ungarn gegen Preußen doch vielleicht gründen sollte usw. Im Zuge dessen schlug er den Österreichern vor, sie könnten Schlesien als Kompensation erhalten, wenn dafür Frankreich das linke Rheinufer bekäme. Damit sind wir wieder beim Thema »Rhein«, also dieser alten Vorstellung von der natürlichen Ostgrenze Frankreichs.
All das sind Denkweisen, die aus einer früheren Zeit kommen. Solche Ringtauschvorstellungen, wie sie im 18. Jahrhundert sehr beliebt waren, haben mit einer national begründeten Politik, die also auch das »Selbstbestimmungsrecht der Völker« irgendwie berücksichtigen würde, nicht viel zu tun. Vielmehr haben wir es mit einer sehr traditionellen Machtpolitik zu tun, die Napoleon III. in dieser Zwischenphase zwischen 1866 und 1870 intensiv betrieb.
HMD: Er betrieb sie so intensiv, weil in der französischen Wahrnehmung mit Preußen plötzlich eine Macht in der Mitte Europas entstanden war, die tatsächlich gefährlich war, und man kann diese Suche nach einem Bündnis oder nach einer Verständigung mit Österreich vor diesem Hintergrund verstehen. 1866/67 kippte wirklich etwas in Europa. In Paris feierte damals eine Operette von Jacques Offenbach große Erfolge, die La Grande-Duchesse de Gérolstein , also ›Die Großherzogin von Gerolstein‹, hieß. In dieser sehr lustigen Operette kommt ein lächerlicher General Bumm vor, und im Grunde wird die deutsche Kleinstaaterei mit ihren albernen kleinen Herzoginnen oder Gräfinnen zum Gespött gemacht. Und plötzlich sieht man auf der Weltausstellung von 1867 in Paris, die selbstverständlich als Selbstzelebrierung des französischen Kaiserreiches gedacht war, dass der preußische Pavillon der größte neben dem Bayerns und Badens war, mit einer Riesenstatue der Germania in der Mitte.
AW: Und einer Krupp-Kanone.
HMD: Und einer Kanone, genau. In diesem Moment ahnte man in Frankreich, dass es ernst wird mit dieser aufsteigenden Macht in Europa. Preußen wurde wirtschaftlich, dank des Zollvereins und der ›Vereinfachung‹ der deutschen Karte, die die Rahmenbedingungen für die expandierende Wirtschaft verbesserte, sowie mit seiner Industrie ein ernst zu nehmender Kontrahent.
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