Für die biologischen Waffen wurde 1972 ein Vertrag unterzeichnet. Er verbietet die Herstellung dieser Waffen und schreibt vor, alle Bestände innerhalb von neun Monaten nach der Vereinbarung zu vernichten. Das Abkommen wurde von 143 Staaten ratifiziert. Nicht unterschrieben haben unter anderem Israel, der Sudan und der Irak. Der Vertrag sieht aber keine ausreichenden Kontrollmöglichkeiten vor. Die Vereinigten Staaten waren trotz ihrer Erfahrungen mit den Anthrax-Anschlägen auch im Jahr 2001 nicht bereit, ein Zusatzprotokoll zu unterschreiben, das es ermöglichte, die Herstellung biologischer Waffen einer stärkeren Kontrolle zu unterziehen.
Die USA sind am Beginn des 3. Jahrtausends für die Hälfte der Waffenexporte verantwortlich und liefern an 140 Staaten, von denen 90 Prozent entweder Diktaturen sind oder die Menschenrechte nicht achten. Nicht nur imperiale oder militärische Überlegungen liegen diesen Waffenlieferungen zugrunde. Es geht oft nur ums Geld. Die Waffenproduzenten haben in den Industriestaaten eine starke politische Lobby. Sie schmieren Politiker und Parteien. So wie der Waffenhändler Karlheinz Schreiber in Bonn die politische »Landschaft« pflegte, so gibt es viele Schreibers auf der Welt. Oft sind Politiker selbst in den Waffenhandel involviert. Solche Vorwürfe wurden beispielsweise gegen den ehemaligen argentinischen Präsidenten Carlos Menem erhoben, der deshalb eine Zeit lang inhaftiert war, bis ein mit seinen Günstlingen besetztes Verfassungsgericht die Haft aufhob. Wenn die Politiker selbst nicht beteiligt waren, dann waren manchmal Mitglieder ihrer Familien in dubiose Waffengeschäfte verwickelt, wie die Söhne von Margaret Thatcher und François Mitterand. Würden Waffenexporte verboten, dann bliebe der Menschheit millionenfacher Tod und viel Leid und Elend erspart. Bei der UNO sollte eine Behörde angesiedelt werden, die das Verbot der Waffenexporte überwacht.
Nach der Auflösung der Sowjetunion und dem Ende des Kalten Krieges ist tatsächlich die Chance zu einer gerechteren Weltordnung gegeben. Sie kann aber nur genutzt werden, wenn die UNO und ihre Vollversammlung als Vorläufer einer Weltregierung und eines Weltparlaments begriffen werden. Eine neue Weltordnung setzt voraus, dass alle Staaten das von den Vereinten Nationen gesetzte internationale Recht respektieren. UNO-Generalsekretär Kofi Annan reklamiert die Zuständigkeit der Weltorganisation für die Terrorismusbekämpfung. Seine Organisation sei das natürliche Forum, um eine weltweite Koalition zu bilden. Sie allein könne dem langfristigen Kampf gegen den Terrorismus Legitimität verleihen. Da aber nur derjenige etwas durchsetzen kann, der auch über militärische Macht verfügt, muss eine Streitmacht aufgestellt werden, die im Konfliktfall von der UNO eingesetzt werden kann. Sie muss auch über technisch gut ausgerüstete Katastrophenschutzeinheiten verfügen. Als Saddam Hussein den Persischen Golf mit Öl verseuchte, sah die Weltgemeinschaft hilflos zu. Während es Bomber, Raketen und Kriegsschiffe im Übermaß gibt, fehlt es an Geräten, um Leben zu retten und Umweltkatastrophen zu bekämpfen. Weltpolizei kann nur die UNO sein, nicht ein einzelner Staat. Auch die Vereinigten Staaten werden sich auf Dauer übernehmen, wenn sie aus falsch verstandenem Eigeninteresse die Rolle des alleinigen Weltpolizisten anstreben.Weil er das sah, wollte Präsident Franklin D. Roosevelt ein System kollektiver Sicherheit, in dem die USA neben Großbritannien, der UdSSR und China die Rolle eines von vier Weltpolizisten übernehmen sollten.
Internationale Streitfälle rufen nach internationalen Gerichten. Der Gerichtshof in Den Haag muss von allen Staaten anerkannt werden. Während das Den Haager Gericht Staaten zur Rechenschaft zieht, würde ein internationaler Strafgerichtshof über Einzelpersonen urteilen. Bisher werden dafür UNO-Tribunale eingerichtet. Vor einem solchen steht auch der ehemalige serbische Präsident Slobodan Milošević. Im Zeitalter des Terrorismus ist ein internationaler Strafgerichtshof unverzichtbar. Es ist bedauerlich, dass die Vereinigten Staaten sich der Gründung eines Gerichts, das über Individualfälle verhandelt, widersetzen. Die Republikaner haben im amerikanischen Verteidigungshaushalt Hürden errichtet. Durch Zusätze zum Militärbudget wird der Präsident verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Amerikaner zu befreien, die sich vor einem solchen Gericht zu verantworten hätten. In Zukunft wollen sich die USA nur dann an UNO-Friedensmissionen beteiligen, wenn die Weltorganisation den US-Soldaten Immunität garantiert. Zudem missachten Amerikaner das Kriegsvölkerrecht. Der Einsatz von Streubomben in Afghanistan widersprach den völkerrechtlich verbindlichen Genfer Konventionen.
Washington setzt auf eine militärisch gestützte Außenpolitik, die immer auch Energie- und Wirtschaftspolitik ist. Das ist nichts Neues. In seinem 1933 veröffentlichten Buch »Jahre der Entscheidung« schrieb der Kulturphilosoph Oswald Spengler: »Die Kolonial- und Überseepolitik wird zum Kampf um Absatzgebiete und Rohstoffquellen der Industrie, darunter in steigendem Maße um die Ölvorkommen. Denn das Erdöl begann die Kohle zu bekämpfen, zu verdrängen. Ohne die Ölmotoren wären Automobile, Flugzeuge und Unterseeboote unmöglich gewesen.« Der konservative Denker, dessen Hauptwerk, »Der Untergang des Abendlandes«, ein Welterfolg war, hatte gegen diesen Wirtschaftsimperialismus keine Einwände. Vielmehr warf er den deutschen Politikern das Versäumnis vor, in Mittelafrika kein großes Kolonialreich errichtet zu haben. Für ihn war der Mensch ein Raubtier. Und Sozialethiker nannte er »Raubtiere mit ausgebrochenen Zähnen«. Da wir heute allen Menschen die gleichen Grundrechte zubilligen und die Idee der sozialen Gerechtigkeit anders bewerten, müssen wir entscheiden, ob sich Deutschland an einer solchen Politik beteiligen will. Bisher waren wir stolz darauf, eine Friedensmacht zu sein. Wir hatten gelernt, auf Diplomatie, friedlichen Ausgleich und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu setzen. Auf einmal hieß es, wir dürften, wenn andere kämpfen, nicht auf den Zuschauerbänken sitzen bleiben. Aber ist uns der Platz auf den Zuschauerbänken, während die USA nach dem Zweiten Weltkrieg an vielen Orten der Erde Krieg führten, nicht gut bekommen? Damit es keine Missverständnisse gibt: Deutschland muss zum Aufbau einer internationalen Ordnung beitragen und sich an UNO-Missionen beteiligen. Aber die UNO braucht für ihre Polizeieinsätze klare Kriterien. Sie darf nicht zum Spielball einzelner Mitgliedstaaten werden. Das Vetorecht der Vereinigten Staaten, Russlands, Großbritanniens, Frankreichs und Chinas im Sicherheitsrat ist überholt. In der Demokratie geben Mehrheitsentscheidungen den Ausschlag. Das Mitmachen im Afghanistankrieg wurde von der rot-grünen Regierung aus der deutschen Bündnisverpflichtung abgeleitet. Das war weit hergeholt. Ehrlicher wäre es gewesen, zu sagen, wir laufen dem Stärksten hinterher. Mitläufertum ist in allen Zeiten und in allen Gesellschaften das Verhalten der Mehrheit. Aber es ist nicht immer richtig. Eine kleine Anekdote, die über General Charles de Gaulle erzählt wird, handelt davon, dass Menschen oft die Seiten wechseln und verschiedenen Fahnen hinterherlaufen. Als der ehemalige französische Staatspräsident am Ende des Zweiten Weltkriegs im Triumph auf den Champs-Élysées in Paris einzog, jubelten ihm viele tausend Menschen zu. Eilfertig und beflissen sagte sein Adjutant, das seien aber viel mehr als bei Pétain. Marschall Henri Philippe Pétain, der während der Besatzungszeit mit den Nazis kollaborierte, hatte als französischer Staatschef ebenfalls die Champs-Élysées genutzt, um den Jubel der Bevölkerung entgegenzunehmen. Nachdem sein Adjutant ihm mehrfach zugerufen hatte, es seien aber mehr als bei Pétain, drehte sich de Gaulle um und erwiderte barsch: »Nein, es sind genauso viele und es sind dieselben.«
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