Wird die Klinikstrategie »Attraktiver Arbeitgeber« konsequent verfolgt, entwickelt sich die Klinik zu einem Arbeitsplatz, an dem Menschen
• denen vertrauen, für die sie arbeiten,
• stolz auf die Arbeit sind,
• Freude an der Zusammenarbeit mit anderen haben.
• (angelehnt an: Great Place To Work Institute Deutschland)
Das Ergebnis ist eine Klinik, die für alle Mitarbeitenden und Bewerber*innen als Arbeitgeber hoch attraktiv ist.
Grundlagen
»Der schnellste Weg, über eine Sache klar zu werden, ist das Gespräch.«
Friedrich Dürrenmatt
Wer Leistung fordert, muss Sinn geben 
Führen bedeutet, Einfluss auf das Verhalten von Menschen zu nehmen, ihnen den Sinn ihrer Aufgabe aufzuzeigen, ihnen mittels Zielen eine Richtung zu weisen und sie entsprechend ihren Voraussetzungen und Aufgaben zu entwickeln. Erfolgreichem aktiven Führungshandeln liegt eine einfache Maxime zugrunde: Wer Leistung fordert, muss Sinn geben.
Diesem Anspruch kann eine Führungskraft nur gerecht werden, wenn sie bereit ist, Verantwortung zu übernehmen – für das Erreichen der Klinikziele ebenso wie für die Mitarbeitenden. Ihr Führungshandeln erstreckt sich einerseits auf den direkten Kontakt zu den Mitgliedern ihres Teams und andererseits auf Strukturen und Prozesse (Abläufe, Gestaltung des Arbeitsplatzes etc.). Dabei ist Kommunikation das zentrale Transportmittel, mit dem Führungskräfte ihre Botschaften vermitteln – ohne regelmäßige Gespräche keine Führung, lautet die einfache Formel. Fehlende oder insuffiziente Führung führt zu Missverständnissen, Spannungen, schlechter Leistung, hohem Krankenstand und Personal-Fluktuation.
Zwar können Theorien kein fertiges Konzept für eine erfolgreiche und glaubhafte Mitarbeiterführung in Kliniken und Krankenhäusern liefern – dafür sind die beteiligten Menschen zu verschieden und die Situationen zu komplex. Aber Theorien, Modelle und Konzepte helfen, wichtige Faktoren zu beschreiben, zu erkennen und Handlungsweisen zu entwickeln. Um es angelehnt an den Soziologen Karl Popper zu sagen: »Theorie ist das Netz, das wir über die Welt werfen, um die Wirklichkeit zu erfassen.«
1.1 Anforderungen an Führungskräfte
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Anforderungen an Führungskräfte stark verändert. Die Zeiten, in denen »der« Chefarzt als Halbgott in Weiß seine Klinik nach Gutdünken führen konnte und Ober- und Assistenzärzt*innen vor (Ehr-)Furcht erstarrten, gehören inzwischen weitgehend der Vergangenheit an.
Führungskräfte im Spannungsfeld zahlreicher Anforderungen 
In der Hochleistungsmedizin des 21. Jahrhunderts müssen Führungskräfte ganz anderen Anforderungen gerecht werden:
Vielfalt der Führungssituationen: Die Beförderung in eine Leitungsfunktion ist längst keine Frage des Alters und der Erfahrung mehr. Häufig führen jüngere Führungskräfte ältere Mitarbeitende oder ältere Führungskräfte jüngere Teams – wobei das Erste zunehmen wird.
Mitverantwortlich führen: Damit Mitarbeitende hinter den Klinikzielen stehen können und sich mit ihnen identifizieren, müssen sie in organisatorische Entscheidungen einbezogen werden. Partizipation spielt eine wichtige Rolle.
Komplexität und Veränderung bestimmen den Alltag: Komplexe Situationen und schnell aufeinanderfolgende Veränderungen kennzeichnen den Führungsalltag in der Klinik. Unter diesen Umständen ist es für Führungskräfte immer schwieriger, die Aufgabenbearbeitung ihrer Mitarbeitenden fachlich und zeitlich zu begleiten. Deshalb brauchen sie klar definierte Ziele und Führungskräfte überprüfbare Ergebnisse, um Leistungen einschätzen zu können.
Soziale Kompetenz: Jede einzelne und persönliche Arbeitsleistung ist in Kliniken und Krankenhäusern von großer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund wird die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und Fähigkeiten immer wichtiger. Flexibles Führungshandeln, das den Menschen in den Mittelpunkt rückt, ist dafür unabdingbar.
Integrationskraft: Die Herausforderungen des Klinikalltags sind nur im Team zu bewältigen. Es gehört zur Aufgabe der Führungskraft, eine Teamkultur aufzubauen, die eine hohe Leistungsbereitschaft erzeugt und in der sich die Mitarbeitenden mit den Zielen der Klinik identifizieren (
Kap. 3
). Gleichzeitig muss das Team selbst Schutz vor Überlastung bieten und dem Überschreiten der psychischen und physischen Grenzen aller Teammitglieder und denen der Leitung vorbeugen. Mit Integrationskraft ist zudem die Fähigkeit verbunden, aus unterschiedlichen Interessen synergetisch Lösungen zu entwickeln.
Formal gesehen hat eine Führungskraft eine leitende Stellung in einer Klinik inne. Ihre Aufgabe ist es, mit einem Team/den Mitarbeitenden bestimmte Ziele zu erreichen und Ergebnisse zu erzielen bzw. spezifische Dienstleistungen zu erbringen.
Die konkreten Aufgaben, die sich aus dieser formalen Beschreibung ableiten lassen, stellt der Führungskreislauf (
Abb. 2 Abb. 2: Führungskreislauf Diese Schritte des Führungskreislaufs markieren die originären Aufgaben wirksamer Führungskräfte. Ihre konsequente Durchführung ist die Basis aktiven Führungshandelns und ein unbedingtes Muss. In ihrem Zentrum stehen Kommunikation, Information und Koordination – sie sind zwingend erforderlich, um der Führungsaufgabe gerecht zu werden. Führung heißt: Zeit für Gespräche, Information und Koordination Aus der Bedeutung des Führungskreislaufs und der Umsetzung seiner Einzelschritte resultiert ein grundlegender Aspekt, der im hektischen Klinikalltag häufig unterschätzt wird: Führung braucht Zeit – Zeit für Gespräche, Information und Koordination ( Kap. 5 ). Doch Führungskraft zu sein, heißt auch, sich die eigene Führungsrolle und die mit ihr verbundene Vorbildfunktion bewusst zu machen ( Kap. 2 ). Nur wer den eigenen Mitarbeitenden Wertschätzung, Respekt und Achtung entgegenbringt, ist glaubwürdig und damit langfristig in der Lage, auf deren Verhalten Einfluss zu nehmen. Erfolgreiche Führung basiert auf ( Kap. 7.1 ): 1. Vorbildfunktion: die Führungskraft geht mit gutem Beispiel voran 2. Fürsorgeprinzip: für das Team Verantwortung übernehmen 3. Verteilungsgerechtigkeit: die Balance zwischen Arbeitsmenge und Qualität sowie die Präsenz der Führungskraft gegenüber den Mitarbeitenden sicherstellen 4. Fairness: Leistung verlangen, die den Erfahrungen und Reifegraden der Mitarbeitenden entsprechen, Schutz vor Überforderungen geben, immer beide Seiten anhören 5. Informationsverantwortung: die richtige Information in der richtigen Menge an die richtigen Mitarbeitenden zum richtigen Zeitpunkt über den passendsten Informationskanal geben
) dar.
Er beschreibt die Schritte, die nacheinander und kontinuierlich erforderlich sind, um alle Mitarbeitenden und Teams aktiv und wirkungsvoll zu führen:
• Ziele, Aufgaben, Zuständigkeiten klar regeln und vereinbaren (
Kap. 5
)
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