Geleitwort (Herbert Bock) Geleitwort In diesem Buch geht es um Kompetenzen, die für eine erfolgreiche Gesprächsführung im Jobcenter unverzichtbar sind. Der praktische Nutzen des Buches für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Jobcentern liegt schon deshalb auf der Hand, weil die Autoren einschlägige Erfahrungen mit den Herausforderungen in diesem Segment beruflicher Praxis mitbringen und diese Erfahrungen im Text mit zahlreichen Beispielen dokumentieren. Ein wichtiger Bestandteil kommunikativer Kompetenzen ist der bewusste Einsatz sprachlicher Mittel und die Fähigkeit zur Reflexion sowohl der damit ausgelösten Reaktionen beim Gegenüber als auch der Rückwirkungen auf sich selbst. Damit geht es um zwei Dinge zugleich: Erstens soll mit gezielter Gesprächsführung etwas erreicht werden, und zweitens ist die Art und Weise der Gesprächsführung das im Jobcenter vielleicht wichtigste Mittel der Selbstsorge in belastenden Gesprächssituationen. Genau in diesem Sinne verstehen die Autoren ihr Projekt – Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Jobcentern konkrete Gesprächsmodelle und -techniken an die Hand zu geben, die sowohl die Belange der »Kunden« berücksichtigen als auch die innere Achtsamkeit angesichts einer steigenden Zahl von belastenden Gesprächsereignissen betonen. Die Quintessenz des Textes betrifft allerdings nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bereich der Arbeitsverwaltung. Ein Transfer der Konzepte in andere berufliche Kontexte mit kommunikativen Belastungssituationen ist unschwer möglich! Prof. Dr. Herbert Bock, Dresden International University
Warum dieses Buch?
1. Warum sind Langzeitarbeitslose »speziell«?
Warum Arbeitslosigkeit krank macht
Der Verlauf von Arbeitslosigkeit – was Berater im längeren Kontakt beachten müssen
Deprivationstheorie
Adaptionsmodell
Erlernte Hilflosigkeit
Motivation
Zur Entwicklung von Beschäftigungsfähigkeit während der Arbeitslosigkeit
Wer bekommt einen Job? Einflussgrößen der Wiederbeschäftigung
Selbstwirksamkeitserwartung
Kontrollüberzeugung
Bewältigungsstile
Gute seelische Gesundheit
Selbstkonzept eigener Fähigkeiten
Motivation und Ziele
2. Die Besonderheiten der Arbeitssituation in Jobcentern
3. Methoden und Techniken für eine wirksame Fallarbeit
Übersicht über die folgenden Abschnitte
Die Besonderheiten helfender Beziehungen
Methodisches Beispiel: Sich mit dem Widerstand verbrüdern
Die eigene Motivation
Der fürsorglich-helfende Stil
Wie gelingt es Helfern, mit diesen Mustern umzugehen?
Der wertende Stil
Was hilft in einer solchen Situation?
Die »naive« Grundhaltung von Beratung
Die geeignete Rolle wählen
Die wichtigsten Gesprächstechniken
Raum und Atmosphäre
Die Grenzen unseres Ansatzes
4. Achtsamkeit und Selbstsorge für Beratende in Jobcentern und deren Arbeitsgemeinschaften
Wie geht es Ihnen im Jobcenter?
Selbstsorge und Achtsamkeit
Experiment: Ist Achtsamkeit einfach?
Achtsamkeit als Kernstück (selbst-)verantwortlichen Handelns Beratender
Experiment: Wahrnehmungslenkung, Benennen und Etikettieren
Warum sind »Benennen« und »Etikettieren« für die Schulung der Wahrnehmung notwendig und wertvoll?
Achtsamkeit und Gesundheit
Praxisbericht: Susannes Geschichte
Wo sich Methoden der Achtsamkeit mit Methoden der Beratung und Einzelfallarbeit treffen
Praktikabel? Achtsamkeitsübungen für den Anfang
Übung: Achtsamkeit Arbeitsweg mit dem Auto
Übung: Achtsamkeit im Sitzen
Übung: Den Atem zählen
Abschließende Gedanken
Literatur
Zu den AutorInnen
In diesem Buch geht es um Kompetenzen, die für eine erfolgreiche Gesprächsführung im Jobcenter unverzichtbar sind. Der praktische Nutzen des Buches für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Jobcentern liegt schon deshalb auf der Hand, weil die Autoren einschlägige Erfahrungen mit den Herausforderungen in diesem Segment beruflicher Praxis mitbringen und diese Erfahrungen im Text mit zahlreichen Beispielen dokumentieren.
Ein wichtiger Bestandteil kommunikativer Kompetenzen ist der bewusste Einsatz sprachlicher Mittel und die Fähigkeit zur Reflexion sowohl der damit ausgelösten Reaktionen beim Gegenüber als auch der Rückwirkungen auf sich selbst. Damit geht es um zwei Dinge zugleich: Erstens soll mit gezielter Gesprächsführung etwas erreicht werden, und zweitens ist die Art und Weise der Gesprächsführung das im Jobcenter vielleicht wichtigste Mittel der Selbstsorge in belastenden Gesprächssituationen.
Genau in diesem Sinne verstehen die Autoren ihr Projekt – Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Jobcentern konkrete Gesprächsmodelle und -techniken an die Hand zu geben, die sowohl die Belange der »Kunden« berücksichtigen als auch die innere Achtsamkeit angesichts einer steigenden Zahl von belastenden Gesprächsereignissen betonen.
Die Quintessenz des Textes betrifft allerdings nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bereich der Arbeitsverwaltung. Ein Transfer der Konzepte in andere berufliche Kontexte mit kommunikativen Belastungssituationen ist unschwer möglich!
Prof. Dr. Herbert Bock, Dresden International University
Arbeitslosigkeit ist ein anhaltendes Problem in Deutschland. Wenn auch die Medien vom kleinen »Jobwunder« berichten und die Arbeitslosigkeit verhältnismäßig gering ist, täuschen die Statistiken über ein Problem hinweg. Es gibt eine ungünstige Umschichtung im »Markt der Arbeitslosen«. Auf der einen Seite gibt es weniger Menschen im ALG I. Dieser Personenkreis findet in der Regel schnell wieder eine Anstellung. Auf der anderen Seite verzeichnen wir eine Chronifizierung von Arbeitslosigkeit. Wir sprechen von einem »sich verfestigenden Sockel« von Langzeitarbeitslosen.
Es besteht hier eine problematische Verkettung mehrerer Faktoren. Erstens beeinträchtigen längere Arbeitslosigkeit und erlebte Misserfolge aus fehlgeschlagenen Bewerbungen das Selbstwertgefühl. Fehlende Erwerbsarbeit führt zweitens zu einem Mangel an Trainingsmöglichkeiten für die berufliche Qualifikation. Dequalifizierung wird so zur Folge zu geringen berufsbezogenen Selbstvertrauens und des Nichtgebrauchs der Kompetenzen. Besonders für ältere Arbeitnehmer bedeutet der Verlust des Arbeitsplatzes drittens einen Verlust an Erfolgserlebnissen, an beruflicher Anerkennung und damit eines Teils der persönlichen Identität.
Auf der anderen Seite des Tisches, namentlich in der Verwaltung, sind die Belastungen kaum geringer. Mitarbeiter von Jobcentern haben täglich Kontakt mit Langzeitarbeitslosen, die – im Unterschied zu den meisten Beziehern von ALG I – ganz spezielle Anforderungen an die Kommunikation stellen. Gespräche sind oft problematisch, Konflikte bleiben nicht aus, ein vergleichsweise hohes Maß an psychischer Belastung ist vorprogrammiert. Diese Belastungen jedoch, die durch die Arbeit mit Langzeitarbeitslosen entstehen, werden nach unserer Erfahrung in Jobcentern zu wenig (um nicht zu sagen: kaum) berücksichtigt. Auf der einen Seite stehen dabei die gesetzlichen Regelungen und die bisweilen harten quantitativen Erfolgsrichtlinien von Führungskräften. Auf der anderen Seite soll eine soziale Arbeit im besten Sinne geleistet werden, und das mit einer der beratungstechnisch schwierigsten Zielgruppen überhaupt. Jobcentermitarbeiter betreiben also die »Quadratur des Kreises«, indem sie recht gegensätzliche Welten – gesetzliche Regelungen, kennzahlenorientierte Ziele auf der einen und die Belange beraterischer Arbeit mit Menschen, die vergleichsweise »am Boden« sind, auf der anderen Seite – in einer beruflichen Rolle vereinen müssen. Das Ausmaß an psychischen Belastungen ist dementsprechend sowohl auf behördlicher Seite als auch auf Kundenseite hoch. Dem sollte unseres Erachtens auf Organisationsebene (etwa durch Supervision oder die teaminterne Diskussion von Kennzahlen) ebenso wie methodisch (in der direkten Arbeit mit den Kunden) begegnet werden. Deshalb schreiben wir dieses Buch. Es geht im Wesentlichen um vier Fragen:
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