Abb. 10
Niederschlagskarte des nördlichen Afrika. Die zonal ausgerichtete Sahara als Wendekreis-(Passat-)Wüste erhält an ihrem nördlichen Rand zyklonale Winterniederschläge aus der Westwinddrift. Am Südrand fallen monsunale, konvektive Sommerniederschläge. Deutlich erkennbar ist die Hyperaridität der Ostsahara (aus Giessner 2002).
Im Vergleich mit Australien (meist Halbwüsten-Charakter) oder der Kalahari (heute meist eine Dornbuschsavanne) ist die Aridität der Sahara als größte Wendekreiswüste extrem ausgeprägt. Verdunsten freie Wasserflächen in der Saharapotenziell etwa 3500 mm/Jahr (regional im Osten bis 6000 mm) bei vielerorts durchschnittlich 20 mm N/Jahr (bis <5 mm N/Jahr), so sind es in Zentral-Australien2400mm Verdunstung/Jahr (bei etwa 100/125 mm N/Jahr). In der Kalaharinehmen die Niederschläge von SW nach NO von 200 mm auf 400 mm zu, bei einer potenziellen Verdunstungsrate von 2000 mm/Jahr (Besler 1983). Die Atacamawird in ihrer extremen Aridität durch den orographischen Hochgebirgseffekt der Anden maßgeblich gesteigert (Kap. 13.2.3).
4.1.1 Hyperaride Ost-Sahara
Die extreme Trockenheit der Sahara und der Arabischen Halbinsel erklärt sich aus dem zusätzlichen Einfluss des tropischen Ost-Jets. Ursache ist das sommerliche Hitzetief über dem durchschnittlich 5000 m hohen Tibet-Plateau. Die 2,5 Mio. km 2große Fläche entstand vor 14 – 18 Mio. Jahren und wirkt im Sommer wie eine riesige, hochliegende Heizfläche. Es entsteht ein Hitzetief am Boden, das die feuchten Luftmassen des Südost-Passats ansaugt und so über Vorderindien und am Himalaya-Rand zum Südwest-Monsun umlenkt. Dem Bodentief entspricht ein starkes antizyklonales Höhenhoch über Innerasien, das ergänzt wird durch frei gesetzte Kondensationswärme aus den monsunalen Steigungsniederschlägen. Dem steht ein Höhentief über dem relativ kühleren Indischen Ozean gegenüber. Daraus resultiert unter dem Einfluss der Coriolis-Ablenkung ein Gefällswind (geostrophischer Wind), der als starke Ostströmung (Tropischer Ost-Jet) in der hohen Troposphäre in Erscheinung tritt. Eine zusätzlich auftretende Querzirkulation sorgt letztlich für Richtungsänderungen, sodass der Strahlstrom in einer Art Delta über der Sahara und der Sahel-Zone ausläuft und den Trockengürtel weit gegen den Äquator vorschiebt.
Die vom innerasiatischen Höhenhoch ausgehende zusätzliche Aridisierung trifft auch die Arabische Halbinsel(Wüste Rub al Khali), Persien(Lut) und östlich angrenzende Trockengebiete (Tharr in Indien). Aus der hier nur grob umrissenen, komplexen Anti-Hadley-Zirkulation (Quer-Zirkulation des Ost-Jets) folgt, dass die Absinktendenz der Passate verstärkt wird und zeitgleich die sommerlichen tropischen Monsune nördlich des Äquators in ihrer Reichweite und Ergiebigkeit geschwächt werden. Die größte Hitzewüste Sahara erhält somit ihre außerordentliche Aridität – insbesondere in der östlichen Hälfte – durch eine ergänzende orographische Fernwirkung (n. Flohn 1964 in Pachur & Altmann 2006; Besler 1983; 1992).
Passatwinde herrschen aber auch über Iran und Mesopotamien. In Nordamerika wird das Passatklima durch die Kordilleren auf ein schmales Gebiet um den unteren Colorado und auf Niederkalifornien beschränkt.
4.1.2 Wendekreiswüsten der Südhalbkugel
Auf der Südhalbkugel fehlen die entsprechenden Landmassen und Reliefverhältnisse, um vergleichbare Fremdeffekte wie in der Ost-Sahara auszulösen. Hier wird nach Besler (1983) die Aridität allein durch die Passate erzeugt. Sie ist jedoch nicht intensiv genug für eine echte Wüste, sondern nur für ein sog. passatisches Trockengebiet. Die echten Wüsten der Nordhalbkugel sind demzufolge an den Ost-Jet geknüpft und keine ausschließlichen Passat-Wüsten.
Zwar wird die Namibmeist pauschal den Küstenwüsten zugerechnet, jedoch ist ihre östliche Hälfte dem passatischen und auch orographischen Einfluss zuzuordnen. Die weiter nach Osten liegende Kalahariist ein Gebiet ohne Oberflächenwasser und vor allem mit Dünen besetzt, aber aufgrund seines Bewuchses ist der ehemalige Erg heute als Dornbusch- oder Wüstensavanne einzustufen.
Australiengilt als „Kontinent der Wüsten“. Die meisten Teilwüsten (Große Sandwüste, Gibson-, Simpson-, Great Victoria-, Sturt-, Strezlecki- und Tanami-Wüste) sind genetisch zu den Wendekreiswüsten zu rechnen. Es wurde bereits angemerkt, dass Australiens Wüsten aufgrund ihres Bewuchses den Charakter von Halbwüsten, Buschland (shrub lands) o.Ä. tragen. Die Niederschläge sind im Durchschnitt auch in meeresfernen, trockensten Gebieten meist nicht niedriger als 125/100 mm/Jahr. Andererseits ist in den teilweise weidewirtschaftlich genutzten Halbwüsten und angrenzenden feuchteren Gebieten das Dürrerisiko sehr hoch. Grund dafür ist die sehr hohe Variabilität der Niederschläge, die sich aus dem Grenz- bzw. Überlappungsbereich des tropischen Sommerregenregimes mit der außertropischen Westwinddrift ergibt. Beide großen Regime sind nur mit ihren Rändern und Ausläufern über Australien wirksam, daher auch wenig ergiebig und verlässlich (Kap. 14).
4.2 Kontinental-klimatische Wüsten
Auch in dieser Wüstenkategorie der trockenen sowie winterkalten Mittelbreiten ist der klimatische Wassermangel für die Existenz wüstenhafter Naturzustände verantwortlich. Es ist die meeresferne, extrem kontinentale Lagenahe den Zentren größerer Landmassen, die nur noch geringe Niederschläge ermöglicht. Regenbringende Tiefdruckwirbel haben bereits einen Großteil ihrer Feuchte abgegeben, wenn sie das Innere der Kontinente erreichen. Je größer die Distanz zum Meer, desto größer die Aridität. Mit zunehmender Trockenheit wächst auch die raum-zeitliche Variabilität der Niederschläge als ein Wesensmerkmal der Trockengebiete und darin der Wüsten. Solche kontinental-klimatischen Wüsten ( Binnenwüsten) finden sich vor allem im russisch-asiatischen Raum östlich und südlich der Steppengebiete bis etwa 50° nördlicher Breite. Zu den binnenklimatischen, winterkalten Wüsten (BWk-Klima nach Köppen) zählen die Kysylkum (Usbekistan) und die Karakum (Turkmenistan) im aralo-kaspischen Tiefland. Sehr häufig werden das Tarim-Becken mit der Takla Makan, Teile der Gobi( Shamo) oder die Dsungarei dieser Wüstenkategorie zugerechnet, ebenfalls die Tengger Shamo und Badain Jaran Shamo (China). In Nordamerika zählt das Great Basin der USA zu den Binnenwüsten (Abb. 11).
Abb. 11
Verbreitung der Trockengebiete und Wüsten in den Mittelbreiten. Das Hauptverbreitungsgebiet liegt in den kontinental-klimatischen Bereichen Eurasiens und Nordamerikas (ungefähr zwischen 35° und 55° N). Zusätzlich wirken die Rocky Mountains oder die innerasiatischen Gebirge als Niederschlagsfänger. In Südamerika verursacht die Anden-Leelage das ostpatagonische Trockengebiet (aus Schultz 2000).
Zwei große Windsysteme stehen im Kontext mit kontinentalen Wüsten: Es sind zum einen vor allem abgeschwächte, auslaufende Tiefdruckausläufer (Westwindzone), also advektive Niederschläge, die die innerkontinentalen Wüsten verursachen. Es ist jedoch zu beachten, dass die (meist) extreme lagebedingte Trockenheit durch orographische Effekte verstärkt wird: So schirmen Pamir-Hochland und Tianschan-Gebirge das Tarim-Becken, Gebirgszüge wie Altai sowie West- und Ostsajan die Gobi von westlichen, potenziell Regen bringenden Winden ab. Zum anderen verhindern die Himalaya-Ketten und das weite Tibet-Plateau mit dem nördlichen Kunlunschan-Gebirge und Hinterindien monsunale Niederschläge in Innerasien. Demzufolge müssten diese Regionen eigentlich zu den komplexen Wüstentypen gerechnet werden (Kap. 4.7).
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