X ist Begleiter unseres Lebens, der Natur und des Universums und lässt sich von nichts beeindrucken oder besiegen. Es kann uns auf verschiedenste Weise zeigen, wie machtlos wir Mächtigen wirklich sind, trotz unserem grossen Bestreben, alles im Griff zu haben. Es gibt Momente, da mögen wir an X zweifeln. Wir fragen nach Sinn und Unsinn dieser Macht. Wenn wir zum Beispiel in den Medien hören, dass ein gewaltiges Erdbeben Massen von Menschen und Dörfer verschüttet hat, wirkt X bedrohlich. Groll wächst, denn niemand Gutgesinntes würde uns solch ein Elend bescheren. Dass uns damit vielleicht etwas gezeigt werden möchte, ignorieren wir, denn es würde unsere Lebensweise zu stark tangieren. Anpassungen in Bezug auf Umwelt, Wirtschaft, Forschung, Gesundheit und vieles mehr wären die Folge. Ihre Umsetzung scheitert bereits in den Grundgedanken. Ein Umdenken auf verschiedenen Ebenen ist praktisch unvorstellbar. Kaum jemand will sich mit weniger zufriedengeben. Das Streben nach Besserem und nach mehr und noch mehr ist allgegenwärtig und unaufhaltbar. X birgt im Gegenzug aber auch Sanftmut. Nicht selten ergeben sich Chancen im Leben, die man nie erwartet hätte. Auch eine lang aufgegebene Hoffnung kann in einem Wunder enden. Hier hegt niemand Groll. Wir nehmen an, was uns geboten wird, und dies leider zu oft mit Selbstverständlichkeit.
Ich selbst wurde in meinem Leben hautnah mit X konfrontiert. Diese Erfahrung hat mich geprägt und einsichtig gemacht. Mein Leben hat sich verändert, indem Gewisses an Wert verloren, dafür vieles an Bedeutung gewonnen hat. Das Wissen um die Existenz von X ist für mich auch eine Art Basis, um hochkomplexe Körperfunktionen überhaupt nachvollziehen zu können, zumindest da, wo Forschung und Wissenschaft auf Hypothesen beruhen, weil Gewisses nicht erklärbar ist.
Eine Expedition durch den Körper
Sollten Sie müde vom Tag im Bett liegen und beabsichtigen, dieses Kapitel als Schlummerlektüre zu nutzen, rate ich davon ab. Gerade jetzt geht es nämlich darum, Ihre Sinne zu schärfen und Ihr Vorstellungsvermögen auf 100 Prozent Empfang zu schalten. In Kürze starten wir zusammen die imaginäre Reise durch den Körper. Es ist wohl die aussergewöhnlichste und eindrücklichste Expedition, die Sie jemals erleben werden. In sehr vereinfachter Weise erkläre ich die Funktionen und Prozesse der Innenwelt unseres Körpers. Dabei benutze ich keine Fachbegriffe, setze einige aber in Klammern, sodass diejenigen, die mehr wissen möchten, Detailinformationen in der Fachliteratur oder im Netz einholen können.
Unser Körper verfügt über unglaublich viele Strukturen. Dazu gehören Zellen, Gewebe, Knochen, Muskeln, Sehnen, Bänder, Gelenke, Gefässe, Nerven, Organe und noch weit mehr. Dass der menschliche Körper systemisch überhaupt funktioniert, setzt das enge Zusammenspiel von der kleinsten Zelle bis hin zum grössten Organ – übrigens die Haut – zwingend voraus. Ihnen die physiologischen Zusammenhänge und Abläufe detailliert aufzuzeigen, ist aber nicht meine Absicht. Vielmehr will ich Ihnen die Grundprinzipien erklären. Denn diese zu erkennen, macht es möglich, dass Sie Ihren eigenen Körper besser verstehen und wahrnehmen können. Keine Angst, die Reise wird weder blutig noch gruselig. Also, los gehts, schnappen Sie sich Ihr Expeditionsgepäck, und tauchen Sie ein in Ihre Körperwelt!
Willkommen auf dem Schädeldach
Schöne Aussicht und gute Luft hier oben, auch wenn unsere Füsse mehr oder weniger in einem haarigen Feld stehen. Wussten Sie, dass jedes einzelne Körperhaar über einen eigenen Muskel, den Haaraufrichter (M. arrector pili), verfügt? Kein Wunder, dass einem ab und zu die Haare zu Berge stehen! Die Aktivität dieses Haarmuskels nehmen Sie bewusst wahr, wenn es Sie schaudert oder fröstelt und sich auf der sogenannten Gänsehaut Härchen sichtbar aufstellen. Seien wir froh, müssen wir diese unzähligen Haarmuskeln nicht auch noch einzeln im Fitnesscenter trainieren! Haare sind ein Gebilde aus Keratin, Hornfäden also. Zu unserem Glück besitzen sie weder Nervenzellen noch Blutgefässe, sonst wäre der Coiffeurbesuch wohl eine Tortur. Beim forschen Durchkämmen aber reagieren die Nervenzellen der Kopfhaut, was durchaus mal eine Träne ins Auge drücken kann.
Das Schädeldach, auf dem wir uns gerade befinden, hat wissenschaftlich definiert eine Dicke von 6,5 bis 7,1 Millimetern, ist äusserst robust und nimmt viele Stösse problemlos entgegen. Die Wissenschaft glaubt zu wissen, dass das Schädeldach der Frauen generell dicker ist als das der Männer. Es ist also kein Zufall, dass Frauen von der männlichen Spezies öfter als Dickschädel bezeichnet werden. Liebe Männer, kurzer Verweis auf X: Es ist das Gesetz der Natur, die Frauen trifft keine Schuld.
Jetzt lade ich Sie ein, mit mir in den fiktiven Körperlift zu steigen. Wir starten im Stockwerk G.
Seien Sie vorsichtig, Sie stehen mitten auf einer glitschigen Masse, die sich optisch fast ein bisschen mit Pudding oder Tofu vergleichen lässt. Es ist finster hier, bitte holen Sie die Taschenlampe aus Ihrem Expeditionsgepäck. Klick: Was für ein Anblick! Da liegt es, unser Gehirn, mit seinen beigefarbenen imposanten Furchen und Windungen, umgeben von rot schimmernden Blutgefässen. Das meisterhafte Konstrukt von durchschnittlich eineinhalb Kilogramm ist die oberste Zentrale und Schaltstelle unseres Körpers. Einen direkten Zusammenhang zwischen Hirngewicht und Intelligenz gibt es übrigens nicht. In der gewaltigen Hirnstruktur befindet sich auch der Sitz unseres Denkens, unserer Gefühle, unseres Handelns und – sehr wichtig – unserer Seele und Psyche.
Das Gehirn hat die Aufgabe, Sinneseindrücke zu verarbeiten und lebenswichtige Körperfunktionen zu koordinieren. Dies geschieht ausschliesslich über Nervenzellen (Neurone). Schauen Sie genau hin, in den spinnennetzartigen Fortsätzen des Nervennetzes fliessen in rasender Geschwindigkeit elektrische Signale von der einen Nervenfaser zur andern. Für die korrekte Übertragung der Informationen sorgen chemische Botenstoffe, die in der Zelle selbst produziert werden. Wenn alle elektrischen Signalweiterleitungen visuelle Lichtblitze aussenden würden, dann sähen wir hier jetzt ein Feuerwerk der Sonderklasse! Denn es finden Millionen von Übermittlungen gleichzeitig statt. Stellen Sie sich vor, sie alle würden farbig leuchtende Funken sprühen. Was für ein eindrückliches Spektakel! Sie kämen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Halten Sie sich dieses Bild vor Augen, und speichern Sie es ab, denn so bleiben Ihnen die gewaltigen Hirnfunktionen am besten im Gedächtnis.
Das Gehirn ist ein Rechenzentrum von höchster Qualität. Rund 100 Milliarden Nervenzellen in Verbindung mit Billionen von Nervenübertrittsstellen (synaptischer Spalt) müssen ständig miteinander kommunizieren, damit wir fühlen, denken und handeln können. In Millisekunden finden unzählige chemische und elektrische Prozesse für nur eine einzige Handlung statt. Es ist sehr wichtig, zu wissen, dass restlos alle Funktionen im Gehirn, aber auch im Körper über Nervenzellen laufen. Diese steuern sämtliche Signale, die unsere lebensnotwendigen Funktionen aufrechterhalten. Ohne sie würde im Körper rein gar nichts geschehen. Liegen bei irgendeinem Nerv oder einer Nervengruppe Fehlsteuerungen vor, bekommen Sie das auf sehr unangenehme Art und Weise zu spüren. Es kann zu Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, Taubheit, Funktionsstörungen oder gar zu Lähmungen führen. Vereinfacht erklärt, verfügt die Nervenzelle über drei Bereiche: den Zellkörper, die davon abgehenden sehr feinen Fortsätze (Dendrite) und einen schlauchartigen, langen Fortsatz (Axon), der sich am Ende ebenfalls verästelt.
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