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Besonderheiten gelten auch mit Blick auf durch bzw. aufgrund des § 3 BetrVG geschaffene abweichende Betriebsstrukturen wie einen gemeinsamen Betriebsowie in Tendenzunternehmeni.S.d. § 118 BetrVG (vgl. dazu ausführlich Rn. 42).
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Gemäß § 130 BetrVG finden die Regelungen des BetrVG einschließlich der §§ 111 ff BetrVG keine Anwendung auf Verwaltungen und Betriebe des Bundes, der Länder und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Hier gelten die Sonderregelungen des Bundes- bzw. Landespersonalvertretungsrechts(s. hierzu Kap. 5 Rn. 40 ff.).
2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen› II. Betriebsänderungen i.S.d. § 111 BetrVG
II. Betriebsänderungen i.S.d. § 111 BetrVG
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In Unternehmen mit „in der Regel“ mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten (§ 111 Satz 1 BetrVG). Als Betriebsänderungen i.S.d. § 111 Satz 3 BetrVG gelten die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (Nr. 1), die Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (Nr. 2), der Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben (Nr. 3), grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen (Nr. 4) sowie die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren (Nr. 5).
2. Kapitel Umstrukturierung durch Betriebsänderungen› II. Betriebsänderungen i.S.d. § 111 BetrVG› 1. Allgemeine Voraussetzungen einer Betriebsänderung
1. Allgemeine Voraussetzungen einer Betriebsänderung
a) Größe des Unternehmens
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Bei der Ermittlung der im Unternehmen regelmäßig Beschäftigtenist auf die normale Beschäftigtenzahl, d.h. diejenige Personalstärke abzustellen, die für das Unternehmen im Allgemeinen kennzeichnend ist.[1] Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes am 28.7.2001[2] ist für die Ermittlung dieses Schwellenwertsnicht die Betriebsgröße entscheidend, sondern die Gesamtzahl der im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer. Damit ist auch in kleineren Betriebenstets zu prüfen, ob die geplanten Maßnahmen Beteiligungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG auslösen, sofern im Unternehmen insgesamt mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden.[3] Relativiert wird diese Regelung in der Praxis aber regelmäßig dadurch, dass es hinsichtlich der Folgen der beabsichtigten Maßnahmen und der Anzahl der hiervon betroffenen Arbeitnehmer auf den Betrieb ankommt, so etwa bei der Stilllegung oder Einschränkung von wesentlichen Betriebsteilen i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 BetrVG (vgl. dazu Rn. 59). Nach der Rechtsprechung des BAG ist zur Ermittlung der regelmäßig Beschäftigten auf den Zeitpunktabzustellen, in dem die Beteiligungsrechte des Betriebsrates entstehen, so dass es auf die jeweilige, auf eine Betriebsänderung abzielende Entscheidung des Unternehmers ankommt.[4] Das ist im Fall der Betriebsstilllegung der Stilllegungsbeschluss.[5] Zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es dabei eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke und auch einer Einschätzung der künftigen Entwicklung,[6] wobei letzteres dahingehend zu verstehen ist, dass es darauf ankommen soll, ob mit einer Beschäftigung einer entsprechenden Anzahl von Arbeitnehmern auch in Zukunft gerechnet werden kann.[7] Etwas anderes gilt im Falle einer Betriebsstilllegung bzw. immer dann, wenn die Maßnahme mit einem Personalabbau verbunden ist. Hier kann nur ein Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke in Frage kommen.[8] Ebenso sind Zeiten außergewöhnlich hohen oder niedrigen Geschäftsanfalls bzw. entsprechende Arbeitnehmerzahlen nicht zu berücksichtigen.[9]
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Geht der Stilllegung eines Betriebes ein Personalabbau voraus, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, richtet sich die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer danach, wie sich der Personalabbau in der Gesamtschau darstellt. Bildet er rückblickend eine Vorstufe der Betriebsstilllegung, die damit in der Form eines gleitenden Überganges eingeleitet wurde, so bleibt er außer Betracht; maßgebend ist dann die ursprüngliche Beschäftigtenzahl.[10] Die Rechtsprechung des BAG stellt insofern darauf ab, ob der Betriebsstillegung ein „kontinuierlicher Abbau der Belegschaft“ in kurz aufeinander folgenden Schritten „unmittelbar vorangegangen“ ist.[11] In diesem Fall muss dieser Personalabbau aus Sicht des BAG für den Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke unbeachtlich sein, weil er lediglich als „gleitender Übergang“ von der normalen Arbeitnehmerzahl zur Stilllegung zu betrachten ist.[12] Richtigerweise ist daher auch bei Bestimmung der Unternehmensgröße konkretisierend darauf abzustellen, ob die Maßnahmen sich letztlich als einheitliche Maßnahmedarstellen.[13]
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Sollte die Personalverminderung hingegen nach der ursprünglichen Planung eine Fortführung des Betriebs ermöglichen und hat sie für eine nicht unerhebliche Zeit zu einer Absenkung der Anzahl der Arbeitnehmer auf niedrigerem Niveau geführt, so ergibt sich daraus eine neue, den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke und diese ist in der Folge für die Ermittlung der Zahl der in der Regel Beschäftigten maßgeblich, wenn später dann doch weitere Einschränkungen des Betriebs oder sogar die völlige Schließung erforderlich werden, weil sich die an die Rationalisierung geknüpften Erwartungen nicht erfüllt haben.[14] Als die zur Zeit eines Stilllegungsbeschlusses maßgebliche Zahl der regelmäßig Beschäftigten kann in der Folge beispielsweise auch eine erst zwei Monate vorher erreichte Anzahl von Arbeitnehmern anzusehen sein, wenn diese Reduzierung das Ergebnis einer längerfristigen personalwirtschaftlichen Entscheidung des Arbeitgebers war.[15]
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Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern lediglich zeitweiligbeschäftigt, kommt es für die Frage der regelmäßigen Beschäftigung darauf an, ob sie normalerweise während des größten Teils des Jahres beschäftigt werden, d.h. länger als sechs Monate.[16] Dies gilt auch bei Saisonbetrieben, die jeweils für einige Wochen oder Monate im Jahr einen erhöhten Arbeitskräftebedarf haben. Die für diese Zeit vorübergehend eingestellten Arbeitnehmer zählen nicht zu den in der Regel Beschäftigten. Etwas anderes gilt lediglich für reine Kampagnebetriebe, die überhaupt nur während eines Teils des Jahres arbeiten. In diesem Fall ist die Beschäftigtenzahl während der Kampagne maßgebend.[17] Auf den Umfang der Beschäftigung kommt es hingegen nicht an, sondern auf die Kopfzahl, so dass unerheblich ist, ob die betreffenden Mitarbeiter in Teilzeit oder Vollzeit tätig sind.[18]
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Auch Leiharbeitnehmerkönnen bei der Ermittlung der maßgeblichen Unternehmensgröße in § 111 Satz 1 BetrVG mitzuzählen sein, wenn sie im Zeitpunkt der Betriebsänderung länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt sind.[19] Allerdings müssen sie zugleich zu den „in der Regel“ Beschäftigten gehören,[20] d.h. insgesamt länger als 6 Monate für das Unternehmen tätig sein, um zufällige Ergebnisse zu vermeiden.[21] Nicht zu den regelmäßig Beschäftigten gehören hingegen echte sog. freie Mitarbeiterund Mitarbeiter von Fremdfirmen, ferner die in § 5 Abs. 2 BetrVG genannten Personen wie insbesondere die leitenden Angestellten(§ 5 Abs. 3 BetrVG); diese gelten nicht als Arbeitnehmer i.S.d. BetrVG.[22]
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