VIII. Markenrecht und Internationales Privatrecht
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Das internationale (Marken-)Privatrecht entscheidet darüber, welches Recht bei Fällen mit Auslandsberührung anwendbar ist. Insb angesichts des Fehlens einer ausdrücklichen internationalprivatrechtlichen Regelung der Immaterialgüterrechte im Allgemeinen und des Markenrechts im Besonderen in Deutschland, angesichts der Globalisierung der Wirtschaft und angesichts der Möglichkeiten des Internet ist die derzeitige Rechtslage de lege lata und de lege ferenda umstr (vgl Fezer Einl Rn 154 ff). Ganz allg gilt für das Markenrecht der Territorialitätsgrundsatz, aus dem das sog Schutzlandprinzipfolgt. Bestand und Schutz von Markenrechten unterfallen demnach dem Recht des Staates, für dessen Territorium der Schutz des Markenrechts in Anspruch genommen wird. Hinsichtlich der Einzelheiten muss auf die einschlägigen Kommentierungen insb zu Art 40 EGBGB verwiesen werden.
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Die VO EG/864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (sog „Rom II“-Verordnung), die im Januar 2009 in Kraft getreten ist, enthält in Art 8 Regelungen über das im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse anzuwendende Recht bei Verletzungen des geistigen Eigentums. Sie hält in Art 8 Abs 1 für nationale Schutzrechte am Schutzlandprinzip fest und legt in Art 8 Abs 2 Regelungen für die Anknüpfung bei unionsweit geltenden Schutzrechten – wie etwa der Unionsmarke – fest.
Kapitel I Gesetz über den Schutz von Marken
und sonstigen Kennzeichen
(Markengesetz – MarkenG)
vom 25.10.1994 (BGBl. I S. 3082, ber. 1995 S. 156),
zuletzt geändert durch Art. 1 G vom 11.12.2018 (BGBl. I S. 2357)
Inhaltsverzeichnis
Teil 1 Anwendungsbereich
Teil 2 Voraussetzungen, Inhalt und Schranken des Schutzes von Marken und geschäftlichen Bezeichnungen; Übertragung und Lizenz
Teil 3 Verfahren in Markenangelegenheiten
Teil 4 Kollektivmarken
Teil 5 Gewährleistungsmarken
Teil 6 Schutz von Marken nach dem Madrider Markenabkommen und nach dem Protokoll zum Madrider Markenabkommen; Unionsmarken
Teil 7 Geographische Herkunftsangaben
Teil 8 Verfahren in Kennzeichenstreitsachen
Teil 9 Straf- und Bußgeldvorschriften; Beschlagnahme bei der Einfuhr und Ausfuhr
Teil 10 Übergangsvorschriften
Kapitel I Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen› Teil 1 Anwendungsbereich
Inhaltsverzeichnis
§ 1 Geschützte Marken und sonstige Kennzeichen
§ 2 Anwendung anderer Vorschriften
Kapitel I Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen› Teil 1 Anwendungsbereich› § 1 Geschützte Marken und sonstige Kennzeichen
§ 1 Geschützte Marken und sonstige Kennzeichen
Nach diesem Gesetz werden geschützt:
1. |
Marken, |
2. |
geschäftliche Bezeichnungen, |
3. |
geographische Herkunftsangaben. |
I. Allgemeines1
II.Geschützte Kennzeichen2 – 4
1. Marken2
2. Geschäftliche Bezeichnungen3
3. Geographische Herkunftsangaben4
1
§ 1umschreibt den sachlichen Anwendungsbereich des MarkenG: Es gewährt Marken ( § 1 Nr 1), geschäftlichen Bezeichnungen ( § 1 Nr 2) und geographischen Herkunftsangaben ( § 1 Nr 3) Kennzeichenschutz. Grdl inhaltliche Neuerungen bringt das MarkenG im Zuge der Umsetzung der MRL (89/104/EWG) nur für das Recht der Marke (vgl BT-Drucks 12/6581, 55; Berlit NJW 1995, 365). Dagegen war weder bei geschäftlichen Bezeichnungen, noch bei geographischen Herkunftsangaben eine Abkehr von früher entwickelten Rechtsgrundsätzen beabsichtigt ( Ingerl/Rohnke § 5 Rn 4, vor §§ 126–139 Rn 1). Soweit der Schutz geschäftlicher Bezeichnungen und geographischer Herkunftsangaben betroffen ist, fand daher weniger die Absicht einer inhaltlichen Reform des Kennzeichenrechts, als vielmehr der Wille Ausdruck, die Rechtsanwendung durch die Zusammenfassung verwandter Vorschriften in einem Gesetz zu erleichtern. Das MarkenG schließt allerdings die Heranziehung anderer als markengesetzlicher Vorschriften zum Kennzeichenschutz nicht aus ( § 2).
II. Geschützte Kennzeichen
2
Marken kennzeichnen Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens und unterscheiden diese Produkte von denjenigen anderer Unternehmen ( § 3 Abs 1). Die Marke lässt sich vor dem Hintergrund ihrer Funktion im Geschäftsverkehr als produktidentifizierendes Unterscheidungszeichendefinieren ( Fezer § 1 Rn 13). Zu beachten ist, dass ein Kennzeichen nicht nur das Produkt eines Unternehmens, sondern zugleich das Unternehmen selbst identifizieren kann; für ein und dieselbe Bezeichnung kommt daher je nach betroffenem Funktionsbereich sowohl Markenschutz als auch ein Schutz nach dem Recht der geschäftlichen Bezeichnungen in Betracht (BGH GRUR 1957, 87, 88 – Meisterbrand; § 5 Rn 4). Zu den Marken iSd MarkG zählen als Marken eingetragene Zeichen (Registermarken, § 4 Nr 1), weiterhin solche Zeichen, die durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben haben (Benutzungsmarken, § 4 Nr 2) sowie notorisch bekannte Marken (Notorietätsmarken, § 4 Nr 3). Vorschriften zum Schutz dieser Marken sind in den §§ 3, 4, 6–14und 16–31geregelt; die entsprechenden verfahrensrechtlichen Normen in den §§ 32–96. Ebenfalls zu den Marken zählen die Kollektivmarken ( §§ 97–106) und neuerdings die Gewährleistungsmarken ( §§ 106a–106h), ferner international registrierte Marken ( §§ 107–125). Schließlich zählen zu den Marken iSd § 1 Nr 1auch die Unions- oder Gemeinschaftsmarken ( Ingerl/Rohnke § 1 Rn 5), auf welche – neben der Unionsmarkenverordnung – die §§ 125b–125iergänzend Anwendung finden.
2. Geschäftliche Bezeichnungen
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Der kennzeichenrechtliche Schutz der geschäftlichen Bezeichnungen ist in §§ 5, 15und 18–24geregelt. Während § 5zur Schutzfähigkeitgeschäftlicher Bezeichnungen Auskunft gibt, enthält insb § 15Vorschriften zum Schutzumfang. Zu den geschäftlichen Bezeichnungen zählen Unternehmenskennzeichen und Werktitel ( § 5 Abs 1). Im Unterschied zu Unternehmenskennzeichen ( § 5 Abs 2) weisen Werktitel ( § 5 Abs 3) nicht auf ein bestimmtes Unternehmen hin, sondern dienen der Kennzeichnung des Werkes selbst ( § 5 Rn 80). § 5 Abs 2 S 2ergänzt den in § 5 Abs 2 S 1genannten Kreis von Unternehmenskennzeichen insofern, als auch solche Bezeichnungen als Unternehmenskennzeichen gelten, die die Fähigkeit, kennzeichenmäßig auf ein Unternehmen hinzuweisen, erst nach Ingebrauchnahme durch Verkehrsgeltung erworben haben ( § 5 Rn 1).
3. Geographische Herkunftsangaben
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Geographische Herkunftsangaben kennzeichnen Waren oder Dienstleistungen nicht – im Unterschied zu Marken – hinsichtlich ihrer betrieblichen, sondern ihrer geographischen Herkunft (BT-Drucks 12/6581, 116; vgl § 126 Abs 1). Die Rechtsnaturdes in den §§ 126–129geregelten Schutzes geographischer Herkunftsangaben ist str. In einer neueren Entscheidung hat sich der BGH – in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung – dafür ausgesprochen, geographische Herkunftsangaben als immaterialgüterrechtliche Vermögensrechte aufzufassen und dementsprechend als subjektive Rechte einzuordnen ( BGH GRUR 2016, 741 – Himalaja-Salz). Bei dem Schutz geographischer Herkunftsangaben handelt es sich demnach um einen kennzeichenrechtlichen, mithin nicht um einen rein wettbewerbsrechtlichen Schutz ( Büscher GRUR 2017, 105, 115 f). Der BGH hat sich damit der wohl überwiegenden Auffassung in der Lit angeschlossen (vgl zu den in dieser Diskussion vorgebrachten Argumenten Fezer § 126 Rn 4–8 m zahlreichen weiteren Nachweisen). Zu den geographischen Herkunftsangaben zählen ferner Ursprungsbezeichnungen und geschützte geographische Angaben für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, die nach Maßgabe der VO (EU) Nr 1151/2012vom 21.11.2012 unionsrechtlichenSchutz genießen. Die nationalen Vorschriften zur Ausführung dieser VO finden sich in den §§ 130–136.
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