Schneeflockenträume in New York
Winterzauber: Band 3
Karin Koenicke
Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages!
Im Buch vorkommende Personen und Handlung dieser Geschichte sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt.
Copyright © 2021 dieser Ausgabe Obo e-Books Verlag,
alle Rechte vorbehalten.
M. Kluger
Fort Chambray
Apartment 20c
Gozo, Mgarr
GSM 2290
Covergestaltung: Claudia Toman
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1. Kobaltgrün 1
2. Sternennacht - Vincent van Gogh 2
3. Sienabraun 3
4. Ballettschule - Edgar Degas
5. Königsgelb
6. Sonnenblumen - Vincent van Gogh
7. Kadmiumorange
8. Untitled - Keith Haring
9. Ultramarinblau
10. Tanz in der Stadt - Auguste Renoir
11. Titanweiß
12. Seerosen - Claude Monet
13. Karminrot
Rezepte
Winterzauber …
Eingeschneit - Ein Weihnachtshörbuch!
1
Die Farbe Grün steht wie keine andere für das Leben. Unsere Lungen füllen sich mit dem Sauerstoff, den das Blattgrün uns spendet. Unsere ganze Welt erwächst aus den Pflanzen, immer und immer wieder begrüßt uns ihr neues Grün, sprießen frische Triebe, erblüht die abgestorbene Natur im Frühling. Wohltuendes Grün beruhigt unsere Nerven, lässt uns Kraft tanken. Und nicht zuletzt ist Grün seit Urzeiten in vielen Kulturen die Farbe der Hoffnung.
Ausgerechnet bei den Knallfröschen passierte es. Die Schachteln kamen ganz harmlos auf dem Fließband angefahren, an dem Nelly arbeitete. Sie hüpften nicht mal herum, wie ihr Markenname „Jolly Jumping Jacks“ erwarten ließ, sondern saßen ganz brav in ihren kleinen Kartons und warteten darauf, dass Nelly sie in eine größere Box stapelte, diese zuklebte und etikettierte.
Das Problem war, dass die Frösche grün waren. Nicht irgendwie grün, sondern genau kobaltgrün mit einem Übergang in helles Smaragdgrün am Rand. Und das war es, was Nelly so zusetzte.
„Hast du eine Kröten-Phobie?“, fragte Cole, der ihr gegenüber saß. „Du siehst aus, als hätten die kleinen Hüpfer dir einen mordsmäßigen Schrecken eingejagt. Zuviel Horrorfilme geschaut?“ Mit flinken Händen packte er die Schachteln auf seiner Seite des Bandes und stapelte sie ordentlich aufeinander.
Nelly schüttelte den Kopf und versuchte, damit auch die Erinnerung abzuschütteln. Funktionierte nur leider nicht besonders gut.
„Es ist die grüne Farbe“, seufzte sie schließlich und befüllte ebenfalls eine Box. „Seine Augen hatten genau diesen Farbton.“
Cole verdrehte die Augen, seine hatten ein eher unspektakuläres Umbra-Braun. „Du redest doch wohl nicht von diesem malenden Traummann, der dich damals mit seiner Staffelei beeindruckt hat? Wenn es wenigstens ein Sixpack gewesen wäre, das könnte ich verstehen! Nelly, das ist Monate her!“
„Ich weiß.“ Sie senkte den Kopf und wandte sich wieder den Jolly Jumping Jacks zu, die ihr von der Verpackung hämisch entgegenzugrinsen schienen.
Cole hatte recht, sie war verrückt. Total durchgeknallt, genau wie diese Frösche. War sicher kein Wunder, dass sie ausgerechnet in einer Fabrik für Feuerwerkskörper arbeitete, das passte zu ihr.
„Weißt du, als ich an ihm vorbeiging, hat er ein Ufer gemalt, in Aquarell. Mächtige Trauerweiden, die am Wasser stehen und ihre Äste schläfrig nach unten hängen lassen. Zarte Nebelschwaden, die aus der Wiese steigen und der Landschaft etwas Märchenhaftes verleihen. Er hat seinen Pinsel gerade ins Kobaltgrün getaucht, um dem See noch mehr Tiefe zu geben, und sich ganz plötzlich zu mir umgedreht.“
Mit einem lauten Ratschen riss Cole einen Klebestreifen vom Spender und pappte damit den Karton zu. „Lass mich raten: Er hat dich mit einem langen Blick gefesselt, seine Augen sahen genau aus wie das wunderbar tiefgründige Seewasser in dieser Koboldfarbe, und du warst hin und weg.“
„Kobalt, nicht Kobold, du Ignorant!“, korrigierte Nelly ihn lachend, obwohl sie wusste, dass er sie nur ärgern wollte. „Und ja, genau so war es, der ganze Tag mit ihm war wunderbar. So etwas erlebt man kein zweites Mal. Aber was erzähl ich das dir, du hast einfach keinen Sinn für Romantik!“
„Stimmt. Mich kriegt man eher rum, indem man mir eine Pizza brutzelt. Nicht mit Leinwänden und so Zeug.“
„Gut zu wissen. Sollte Steve mal genug von dir haben, weiß ich jetzt, wie ich dich anmachen kann. Mit Salami, Oliven und geschmolzenem Mozzarella. Männer sind herrlich einfach gestrickt.“
„Du sagst es.“ Cole grinste. Im Gegensatz zu Nelly arbeitete er hier nur an zwei Tagen die Woche, ansonsten studierte er an der New York University irgendwas mit Maschinenbau oder Fahrzeugtechnik oder so. Er hatte es ihr schon mehrmals erzählt, aber sie konnte sich die genaue Bezeichnung nicht merken. Sein Freund wohnte in Philadelphia, sodass die beiden sich meist nur am Wochenende sahen und Cole manchmal mit Nelly ausging. Sie war sogar schon mehrmals mit ihm in einer Schwulenbar gewesen und hatte sich sehr amüsiert. Jedenfalls mehr als damals, als ein paar Kolleginnen sie mit in einen Nachtclub geschleift hatten, wo sie sich völlig deplatziert vorgekommen war. Jungs aufzureißen war nicht ihr Ding. Außer sie hießen Julian, hatten verstrubbelte, dunkle Haare und saßen mit einem Mona-Lisa-Lächeln vor einer Staffelei, auf der ein wunderbares Aquarell entstand.
„Hey, Nelly, lass uns morgen Abend zum Schlittschuhlaufen gehen“, schlug Cole vor. „Die Eisbahnen haben noch immer geöffnet. Ich bin ewig nicht mehr gelaufen und dich würde es auf andere Gedanken bringen.“
Sie zögerte. „Die am Rockefeller Center ist aber echt teuer.“ So gern sie mal wieder übers Eis gleiten würde – das gab ihr Geldbeutel nicht her. Seit sie ihren richtigen Job verloren hatte und hier in der Fabrik arbeiten musste, war da kein finanzieller Spielraum für solche Extratouren.
Doch Cole winkte ab, nachdem er die nächste Box voller Knallfrösche verschlossen hatte. „Quatsch, was sollen wir an der Fifth Avenue? Wir gehen in den Bryant Park, da ist die Eisbahn umsonst.“
„Okay!“ Nelly strahlte. Das war seit langer Zeit mal wieder etwas, worauf sie sich freuen konnte. Die Schicht war fast zu Ende. Sie verstaute die letzten Schachteln, etikettierte alles ordentlich und stapelte die Boxen für die Großhändler am vorgesehenen Platz. Beim Aufstehen rieb sie sich über den schmerzenden Rücken. Mit Ende zwanzig war sie zu jung für Abnutzungserscheinungen, aber sie war es nicht gewöhnt, den ganzen Tag zu sitzen. Doch was blieb ihr anderes übrig? Ihr alter Job als Wandgestalterin war futsch. Sie hatte Kinderarztpraxen mit lustigen Motiven verschönert, dem Haus eines Börsenhais in der Park Avenue täuschend echte Toskana-Szenen ins Wohnzimmer gepinselt und sogar die Wände eines Schwimmbades mit wasserfesten Bildern von tropischen Stränden verziert. Jeden einzelnen Auftrag hatte sie geliebt. Doch das war nun vorbei.
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