»Nicht so übermütig, Herr Larsson«, schnaubte Madame Sparv. »Das hier hat nichts mit den Kartenspielen zu tun, die Sie kennen. Der Gefährte kann Sie zur Liebe führen, ohne zwingend selbst der Liebende zu sein. Wir müssen noch weitere sieben Personen treffen.«
»Aber sie könnte es sein.«
»Ja, sie könnte es sein«, sagte sie widerwillig. Sie nahm das ganze Deck und setzte es mit dem Bild nach unten mitten auf das Diagramm.
»Sind wir etwa schon fertig?«, fragte ich zu laut für dieses intime Beisammensein.
»Das Ritual schreibt vor, die Karten bis zum folgenden Tag ruhen zu lassen, sobald eine Position ausgefüllt ist.«
»Aber es ist Ihre Erfindung. Sie können das Ritual ändern, wenn es Ihnen beliebt.«
»Das Ritual kommt durch mich, nicht von mir. Es kommt vom Göttlichen. Oder vielleicht von den Karten selbst. Ich weiß es nicht. Das Oktavo erfordert acht aufeinanderfolgende Nächte. Morgen und in den sechs kommenden Nächten treffen wir uns wieder.« Sie nahm Feder und Tinte aus der Tischschublade und notierte sich meine persönliche Karte und die meines Gefährten in einer dünnen, ledergebundenen Kladde. »Kommen Sie gegen elf Uhr«, sagte sie und löschte die Tinte mit Sand aus einem Streuer.
»Ich soll wirklich jede Nacht kommen?«, fragte ich.
»Ja, Herr Larsson, Sie haben einen Schwur geleistet.«
»Ihre Stammbesucher haben sicherlich keine Geduld für ein so langwieriges Spiel …«
Sie lachte und ging zu ihrer Tonpfeife und dem Zündstein auf der Anrichte. »Für jemand, der nur neugierig ist, würde ich das Oktavo niemals legen. Das wäre so, als verlangte man von einer Schankwirtin, wie ein Alchimist zu denken. Die Sache ist viel zu ernst. Und es steht zu viel auf dem Spiel.«
»Und was steht auf dem Spiel?«
Sie zündete mit dem Zündstein eine Kerze an, hielt sie an ihre Pfeife und saugte am Mundstück, um die Flamme in den Pfeifenkopf zu ziehen. Sie sog den Rauch ein, blies aber nur einen einzelnen Ring wieder aus. »Liebe, Herr Larsson«, sagte sie mit einem dünnen Lächeln auf den Lippen. »Liebe und Verbundenheit.«
Die beste Empfehlung
Quellen: E. L., Madame S., Katarina E.
Nachdem die Dame der Weingefäße erschienen war, fühlte ich mich ermutigt, Carlotta am nächsten Morgen einen Brief zu schreiben; die Antwort kam mit der Nachmittagspost. Sie schrieb, sie finde meine geheimnisvolle Geschichte mit den Acht verlockend und meine Feder energisch und wolle mir bald Zeit und Ort nennen, wo wir uns treffen könnten. Bereits ein Fortschritt auf dem goldenen Weg! Meinem Vorgesetzen und den Kollegen auf dem Amt berichtete ich, dass ich einen ehelichen Fang am Haken hätte und wir dies bald mit einem kräftigen Punsch feiern würden. Als der Abend kam, konnte es für mich nicht früh genug elf Uhr schlagen, und so ging ich beizeiten in die Gråmunkegränd, um mir die Zeit beim Whist zu vertreiben. Ich klopfte bei Madame Sparv an, und nach einiger Zeit öffnete Katarina die Tür einen Spaltbreit.
»Sekretär! Madame Sparv sagte, Sie würden um elf kommen.«
Ich lugte über ihre Schulter. Der Flur war leer, die Spielsäle waren dunkel. »Wo sind die Spieler?«
»Sie müssen noch warten.« Katarina führte mich in den Warteraum der Suchenden, eine kleine Kammer neben der Treppe, die in den Oberstock hinaufführte. Eine einzelne Kerze in einem Wandleuchter aus Glas beleuchtete den Raum, drei Holzstühle standen an der Wand. Ich wartete fast eine Stunde, bis ich endlich Schritte auf der Treppe hörte. Ich trat in den Flur, um zu sehen, wer die Stille an den Spieltischen zu verantworten hatte, und hörte Madame Sparvs dringliche Stimme: »Nein, Gustav, diese Vision war eine Warnung an Euch!«
Dann stimmte es also! Ich wich wieder in den Warteraum zurück und beobachtete meinen König hinter der Tür. Das erste Mal hatte ich König Gustav bei seiner Krönung gesehen, damals war ich acht Jahre alt und er ein sechsundzwanzigjähriger Held voller Jugend. Als Gustav an diesem schönen Maimorgen vorbeigeritten war, glitzerte es golden vor dem hellblauen Himmel, und ich fing eine der Münzen auf, die er geworfen hatte, ganz sicher nur für mich. In den folgenden zwei Jahrzehnten hatte König Gustav einen schillernden Hof, das Königliche Theater, die Oper und die Schwedische Akademie begründet. Voltaire hatte ihn den »aufgeklärten Monarchen« genannt.
Jetzt zog der König weiße Lederhandschuhe mit Paspeln aus Silberfäden an, die im Licht der einsam brennenden Wandleuchte glänzten. »Ich finde Ihre Vision gar nicht so düster, Sofia.«
Madame Sparv schnaufte ärgerlich, König Gustav drehte sich um, und ich konnte endlich sein Gesicht sehen. Er hatte einen dicken Bauch bekommen, und er ging gebeugt, als würde das Gewicht der Jahre ihn langsam niederdrücken. Er sah aus wie jeder andere Mann seines Alters, und er suchte Antworten wie jeder andere Suchende auch.
»Das war unhöflich, Sofia, und Sie wissen, dass ich es nicht despektierlich meine. Verraten Sie mir noch einmal Ihre Vision, und ich sage Ihnen, was ich daraus ersehe.«
Madame Sparv schloss die Augen. »Die Sonne geht unter, der Himmel färbt sich von Blau zu einem feurigen Orangerot im Westen, Wolkenbänke reichen weit in den Himmel hinauf. Da steht ein stattliches, schönes Haus wie ein Palast, davor wartet eine große schwarze Reisekutsche, die Pferde blähen die Nüstern und bäumen sich auf, sie wollen unbedingt fort. Wind kommt auf, ein tosender Sturm. Die Kutsche, die Pferde und der schöne Palast werden hinweggefegt wie Sand und schweben über Stockholm wie Diamanten, wie Sterne, dann fallen sie in die tintenblauen Tiefen des Riddarfjärden und sind weg. Alles verloren, Gustav. Alles.« Sie packte ihn am Arm: »Diesen Wind finde ich bedrohlich. Er kann nicht aufgehalten werden.«
»Wir können den Wind nicht aufhalten, teure Freundin, und ich will mit ihm segeln.« König Gustav nahm Madame Sparvs Hand und hielt sie. »Ich bin begeistert von dieser Vision, Sofia, Sie haben die Bedeutung missverstanden, nicht weil Ihnen die Gabe dazu fehlt, sondern die Information. Versuchen Sie, es von meiner Warte aus zu sehen: Ein feuriger Sonnenuntergang, ein majestätisches, aber leeres Haus, das von einem Sturm hinfortgeweht wird – das deutet auf die Revolution in Frankreich hin, auf den König und die Königin, die zu Unrecht und gegen ihren Willen festgehalten werden.« Gustav dämpfte die Stimme, aber seine Erregung klang durch: »Diese Vision bestätigt den Erfolg eines Rettungsplans, der gerade in die Tat umgesetzt wird. Der junge Graf von Fersen ist in Paris und sorgt für die Durchführung, und eine schwarze Reisekutsche spielt dabei eine zentrale Rolle – genauso wie Sie es geschildert haben. Die Königsfamilie wird getarnt zu einer Burg nahe der luxemburgischen Grenze fahren. Gegen Mittsommer geht die Fahrt los, das Haus wird gerettet, die revolutionären Verräter werden wie Staub in der Seine zerstieben.«
»Ihr kennt meine Gefühle für Frankreich. Ich wäre überglücklich über Euren Erfolg«, sagte Madame Sparv. »Aber diese Vision betrifft Euch! Und der Wind … der Wind ist ein schreckliches Zeichen. Ihr müsst Euch um Euer eigenes Haus kümmern.«
»Ja, mein Haus wirkt leer.« Der König ließ ihre Hand los und zupfte an einem losen Faden seines Handschuhs. »Seit ich den Bürgerlichen einige Privilegien eingeräumt habe, hat sich gezeigt, wer die wahren Getreuen an meinem Hof sind. Aber ich muss die Monarchien in allen Ländern unterstützen, wenn der Adelsstand an sich überleben soll.« Der König winkte, und ein Offizier tauchte aus dem dunklen Flur auf. »Ich bin zum Regieren geboren so wie Sie zum Hellsehen. Wir können uns dem nicht entziehen, sosehr wir es auch wünschten.«
»Bitte bleibt. Wir könnten heute Nacht mit dem Oktavo beginnen«, sagte sie.
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