Heidelore Diekmann - Ein Land für Kinder?

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Das Reich der Großen Erdmutter schreitet ein, weil es die Verhältnisse, in denen Kinder aufwachsen, nicht mehr erträgt.
Magst du gern in der Natur sein? Wunder erleben?
Dann folge Max ins Erdreich.
Hier bekommt er den Auftrag, den vierjährigen Steffen mit Hilfe von Marie-Sophie zu retten. Sie gewinnen noch Paul dazu. Eine Monsterleiter wächst heran.
Gelingt die Befreiung? Wohin bringen sie Steffen? Was erleben sie im Erdreich? Wollen sie dort bleiben? Was wollen die Eltern? Geht der Wunsch von Max, die Erdmutter zu sehen, in Erfüllung?
Traum und Wirklichkeit berühren sich.

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Heidelore Diekmann

Ein Land für Kinder?

Max und das Reich der Erdmutter

Für meine Schüler INHALT Für Max erweitert sich die Welt Marie Sophie fehlt - фото 1

Für meine Schüler

INHALT

Für Max erweitert sich die Welt

Marie Sophie fehlt es eigentlich an nichts

Neue Freunde für Max

Wie Kinder leben und sterben

Der Auftrag

Nachforschungen

Kann Paul überzeugt werden?

Rettungsaktion oder Entführung?

Zeitungsberichte

Drei Mütter werden aktiv

Im Erdreich

Ein langer Weg bis zum Erscheinen des Menschen

Steffen

Auf dem Weg zur Zentralstelle des Erdreiches

Natura

Wie viel Zeit ist vergangen?

Was ist wirklich?

Die Eltern fordern ihre Kinder zurück

Welche Macht hat Frau Fröhlich über das Erdreich?

Die Entscheidung

Elternsorgen

Beim Rat der Knorrigen Alten

Forderungen aus dem Erdreich

Neue Kleider

Die Große Erdmutter

Die Suche nach dem Zugang zum Erdreich

Am See

Zeitungsberichte

Die Verbindung bleibt erhalten

Zeitungsbericht

Zu den Personen

Max Nabel: 11 Jahre, verbringt jede Minute seiner Freizeit in der Natur, ist oft tagelang allein unterwegs
Marie-Sophie Banner: 11 Jahre, genießt alle materiellen Vorteile gut verdienender Eltern, bekommt ihre Eltern selten zu sehen
Steffen Seibold: 4 Jahre, vegetiert in seinem Bett völlig geschwächt dahin
Paul Fröhlich: 12 Jahre, lebt in einer heilen Familie mit zwei Schwestern
Frau Nabel: hat ihren Sohn mit 18 geboren und ist allein erziehend
Herr u. Frau Banner: leben für ihren Beruf und glauben zunächst nur an reale Dinge
Frau Fröhlich: quicklebendig, lebt mit ihrer Umgebung in Harmonie, übernimmt eine führende Rolle in den Verhandlungen mit dem Erdreich
Herr Fröhlich: glaubt nicht an übernatürliche Kräfte
Herr u. Frau Seibold: überfordert damit, ihren Sohn zu lieben
Weitere Personen: Lehrer, Schüler, Polizisten, Reporter …

Personen des Erdreichs

Mercuriamam: Vorzimmerdame des Erdreichs, zuständig für Belange der Menschen, verkörpert Mütterlichkeit und Liebe durch ihre Formen und ihre Ausstrahlung
Herr Klarsicht: Kundschafter auf der Erde, dokumentiert Elend der Kinder
Natura: leitet die Zentralstelle des Erdreichs, zuständig für in Not geratene Lebewesen
Rat der Knorrigen Alten: zuständig für Kinder, will Land für Kinder im Erdreich errichten
Große Erdmutter: Wie kann sie aussehen? Max weiß es – oder doch nicht? Welche Fähigkeiten besitzt sie?
Weitere Mitspieler: Riesenleiter, Leuchtsteine, Lichtschleier, Steinmännchen …

Für Max erweitert sich die Welt

„Kommt alle her zu meinem Konzert, hier spielt Max der einzige, der auf Müll spielen kann.“

Er schwenkte einen Eisenstab hin und her und schlug dabei links auf ein altes Fass und rechts auf eine Felge. Auf dem Rückweg zum Fass tippte er verschiedene aus dem Gras ragende Metallteile an. Zufrieden lauschte er den Tönen. Eifrig steigerte er seine Schnelligkeit.

Schwungvoll wippte seine braune, lockige Löwenmähne mit, die seinen Kopf beträchtlich vergrößerte, weil sie in alle Richtungen abstand. Ton auf Ton schepperte heraus.

Begeistert hielt er einen Augenblick inne, begann von Neuem und änderte nun den Rhythmus. „He, will keiner kommen, dann spiele ich eben nur für mich! Und ich finde das toll, was ich spiele! Megatoll!“

„Geht’s vielleicht ein bisschen höher oder tiefer? Oder scheppernd oder leise? Meine Musikvorführung kann noch unendlich ausgedehnt werden, und ob mir immer noch etwas Neues einfällt!“

Und dann fand er, dass ein Stab allein nicht genügte.

Während sein Arm noch Bewegungen ausführte, schaute er schon umher und musterte das alte Fabrikgelände.

Neben dem roten schäbigen Backsteinbau, in dem vor langer Zeit Metallfässer hergestellt wurden, wucherten Gras, Wildkräuter und kleine Büsche. Hier war sein Paradies. Stundenlang konnte er in dieser Umgebung zubringen, ihm wurde nie langweilig.

Heute am Sonnabend war er schon um sechs Uhr aus der Wohnung geschlichen. Seine Mutter schlief noch, und ihren Freund hörte er leicht schnarchen. Dieser Tag gehörte wieder nur ihm. Keiner würde ihn vermissen. Seine Mutter wusste, dass er gern in der Natur herumstreifte. Wenn er fort war, konnte sie am Wochenende endlich lange schlafen. Sie hatte keine Angst, dass er nicht wieder auftauchen würde. Er steckte sich zwei trockene Brötchen ein, die er aus dem Einkaufskorb der Mutter fischte, und biss vor der Wohnungstür in einen der beiden Äpfel, die er sich in seine Jackentasche zu den Brötchen gestopft hatte. Zum Schluss hängte er sich noch den Wohnungsschlüssel um den Hals, und dann ging er gemächlich zu seinem Fahrrad, schloss es auf und radelte davon. Eine Schirmmütze bändigte seine Haarpracht.

Sie war ihm etwas peinlich, gern hätte er etwas männlicher ausgesehen, aber was sollte er gegen seine Naturlocken ausrichten? Glatze und kurze Haare fand er doof. Außerdem konnte er sein Gesicht, wenn er es für nötig hielt, gut mit seinen Haaren verdecken.

Tief einatmend nahm er die Gerüche des Morgens wahr – Gras, feuchte Erde, Frische.

Jedes fremde Auto in der Straße fiel ihm auf, jeder versetzte Mülleimer und jeder verschlossene Rollladen. Es war seine Straße, und er kannte sich sehr genau aus. So früh am Morgen konnte er selbst hier im Vorort unvermutet Tiere antreffen.

Ein Kaninchen hoppelte im Garten von Stelters herum und fraß genüsslich Blumenknospen. „Na, du Racker, schmeckt es dir?“ Das Kaninchen beobachtete ihn aufmerksam und ließ sich nicht stören. Er konnte gut mit Tieren umgehen.

Wenn es nach ihm ginge, würde er es am schönsten finden, in einer selbstgebauten Hütte irgendwo allein zu leben. Eigentlich fand er, sollte er es langsam tun.

Und so geschah es, dass er manchmal schon zwei bis drei Tage von zu Hause fortblieb. Nur wenn er großen Hunger hatte, kehrte er zurück. In der Woche gab es leider auch Ärger, wenn er die Schule schwänzte. Dann konnte selbst seine Mutter unangenehm werden, wenn sie wieder einmal zur Rektorin kommen musste. Heute aber lag das Wochenende vor ihm. Niemand würde ihn vermissen.

„Wo finde ich jetzt einen zweiten Eisenstab? Hier liegt doch genug Schrott rum!“ Seine Augen streiften umher. Er klopfte und stocherte im Gras herum. Eilig hatte er es nicht, er hatte Zeit, viel Zeit.

Sein Blick wanderte zu den Wolken am Himmel. Schwer und grau hingen sie dort. Die Sonne bemühte sich, die graue Schicht zu durchdringen, schaffte es aber kaum. Graugelbes Licht strahlte auf ihn und seine Umgebung herab und ließ alles etwas unscharf erscheinen.

Behutsam sammelte er eine haarige Raupe auf und ließ sie über seinen Handrücken kriechen. Unermüdlich begann sie immer erneut mit ihrem Aufstieg zu seinen Fingerspitzen, nachdem er sie wieder auf sein Handgelenk zurückgesetzt hatte. Mit kleinen Wellenbewegungen bewegte sie sich vorwärts und richtete ihren Körper auch hin und wieder auf. Dabei sah er ihre sechs Bein. Sie waren an der Spitze mit kleinen Krallen versehen und saßen am vorderen Teil ihres Körpers.

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