Johanna Lier - Wie die Milch aus dem Schaf kommt

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Selma Einzig macht in der Hinterlassenschaft ihrer Grossmutter Pauline einen schockierenden Fund. Aus ihrem Alltag herausgerissen macht sich die 35-jährige Protagonistin auf die Suche nach verdrängten Teilen ihrer Familiengeschichte. Sie führt sie in die Ukraine und nach Israel.
Wer waren die papier- und mittellosen Vagabunden, die aus dem Gebiet der heutigen Ukraine in den Thurgau flüchteten und im kleinen Weiler Donzhausen die erste Nudelfabrik in der Ostschweiz gründeten?
Die Reise führt aus dem Vergessen und Verdrängen zu Orten der Selbstentdeckung. Das Erfinden von Erinnerungen, das Fabulieren, aber auch das Erforschen der Gegenwart und Zufallsbekanntschaften erweisen sich als überraschende Mittel, um Lücken zu füllen. Eine Suche nach der eigenen Herkunft, die höchst ambivalent bleibt und mitunter auch von einem verstörenden Unbehagen begleitet wird.
Mit der Erkenntnis, dass sich im Grunde nichts ändert, man lediglich ein Stück seines Wegs gegangen ist, lässt Selma Einzig ihr Vorhaben am Rand eines Kraters in der Wüste Negev in Rauch aufgehen.
Der Bericht einer abenteuerlichen Reise in einer globalen Gegenwart. Und ein Stück überraschender Industrie- und Migrationsgeschichte aus der Schweiz des 19. Jahrhunderts.
Der Roman bekam 2020 die kulturelle Auszeichnung der Stadt Zürich.

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Selma läuft ins Bad und übergibt sich. Sie spürt ätzende Säure im Hals, riecht den scharfen Geruch, Kühle steigt an den weissen Porzellanwänden der Kloschüssel hoch, in der braunen Flüssigkeit schwimmen rote Schlieren. Was hab ich gegessen, ich weiss nicht mehr, was ich gegessen hab … Eine Zikade ruft, eine Frauenstimme lacht, eine Tür fällt ins Schloss. Selma hört ihren eigenen Atem.

In den Müll. Nichts und niemanden behelligen!

Erstickende Enge.

Übelkeit.

Ein heisser Tag kündet sich an. Selma lädt Paulines Kiste in ihr Auto und fährt zur Wohnung von Janika Weissbrod, bei der sie im Gästezimmer Unterschlupf gefunden hat und bei der sie die nächsten Monate verbringen wird. Bei Janika, der Freundin, der Schwester, der Schwesterfreundin oder der Freundinschwester, bei Janika, die sie auch ihren bernsteinfarbenen Cowboy oder ihren Amy Winehouse-Engel nennt, bei Janika, die ebenfalls einen Brief bekommen hat, der ihr das Ende ihrer Aufenthaltsbewilligung ankündigt – und dass sie innerhalb dreier Monate Zürich und die Schweiz zu verlassen hat.

Janika will nicht. Der Gedanke, nach Israel zurückzukehren, ist ihr verhasst. Und so verbringen Selma und Janika ihre Nächte mit dem Formulieren von Rekursen und Einsprachen, zerlegen Janikas Leben in Einzelteile und setzen es neu zusammen – und zum ersten Mal ist Selma dankbar für das, was sie von ihrer Grossmutter gelernt, ja von ihr instinktiv übernommen hat, und über das ihre Freunde – vor allem auch Diogo und Joel – spotten und lachen: das Erfinden von Mythen und Geschichten. Ja, wer nimmt schon das Geschichtenerzählen, das Dramatisieren und Verdichten ernst, wer liebt schon die Lüge und die berechnende Manipulation?

Und so weben sie am Stoff von Janikas Biografie, erfinden unzählige Motive, Varianten von den Motiven und von diesen wiederum neue Versionen, wobei am Ende die Wahl nicht auf diejenige Version fällt, die ein wunschgerechtes Leben ermöglicht, sondern auf diejenige, die am ehesten den Erfordernissen der Einwanderungsbehörde entspricht.

«Wenn du die Schweiz verlassen musst, komme ich mit. Wir suchen uns in Tel Aviv eine Wohnung. Wir amüsieren uns, tun, was uns gefällt, für immer, für drei Tage oder nur für eine Nacht», beschwichtigt Selma. Doch Janika flitzt durch die enge Küche, setzt Teewasser auf und berichtigt mit ihrer kräftigen Stimme: «NOCH bin ich hier!»

«Gut, dann fahre ich nach Valparaiso oder in die Atacama-Wüste zu meiner Mutter», gibt Selma zurück. «Oder ich ziehe endgültig zu Diogo und Joel.»

Was Janika in kehliges Lachen ausbrechen lässt: «Ohne zu fragen, ob die Mutter überhaupt in diesem paradiesischen Tal oder dieser Man-ist-ans-Bett-gefesselt-Wüste lebt, ohne zu fragen, ob Diogo und Joel dich überhaupt noch wollen», sie richtet ihren rotblonden Haarturm und zieht gleichzeitig an einem Joint, wirft sich in den Rattansessel und streckt alle Glieder von sich. «Und was ist mit Sami? Was wirst du mit deinem Sami Berri tun? Lässt er dich gehen? Einfach so?»

Sami.

Sami und Selma.

Die Umgebung weicht vor ihr zurück und ein unbestimmter Raum tut sich auf. Sie starrt auf Paulines Kiste, das hölzerne Unding, das auf Janikas grob geknüpftem Wohnzimmerteppich steht, mitten in der Leerstelle, die Marielouise, Pauline, Joel – und bald auch Janika – hinterlassen. Sie starrt auf den Deckel. Drei goldene Elefanten. Zwei Augen, eine Nase.

Das Gesicht von Pauline, scharf gezeichnet, durch den Lichteinfall gerahmt, die knochigen Schultern in ein selbstgestricktes Tuch gehüllt, das Kinn vorgereckt, die Zigarette in der Hand, brüchig und verwundbar.

Sie schaute aus dem Fenster und sagte mit diesem herrschsüchtigen Ton in der Stimme: «Ich bin vom Stamm der Rosa Luxemburg.»

Selma wühlte ihre Finger in das krause, immer noch pechschwarze Haar und drückte ihre Lippen flüchtig auf den Kopf der alten Frau: «Das ist eine deiner Geschichten. Warum lügst du?»

«Ich bin vom Stamm der Rosa Luxemburg!»

«Was willst du? Was soll ich tun?» Selma setzte sich vor Pauline auf einen Schemel, rollte ihr die Strümpfe von den Füssen, drückte Salbe aus der Tube, legte die Hände um die Fussknöchel ihrer Grossmutter und strich mit kräftigen und kreisenden Bewegungen die Haut auseinander, massierte die von der Arthrose verkrümmten Füsse und spöttelte freundlich: «Du bist von einem jüdischen Stamm?»

«Das habe ich nicht gesagt! Das hast du gesagt!» Paulines grüne Augen, schmale Frühlingsblätter im alten Gesicht. Die schweren Brüste hatten sich in ihrem Schoss hingelegt. Sie drückte die Zigarette aus und zupfte das gestrickte Tuch zurecht: «Wer will denn ein Paria sein? Willst du ein schwarzer Paria sein?»

«Bin ich schwarz? Und Joel? Sieht aus wie Leonardo DiCaprio.»

«Und du? Wie Kate Winslet? Das ist ja zum Lachen! Heirate einen anständigen, erfolgreichen Mann. Joel braucht einen Vater.»

«Das sagst ausgerechnet du.»

«Einen anständigen Vater.»

«Joel hat einen Vater.»

«Ich spreche von einem richtigen Vater.»

«Und wo ist mein Vater?»

Pauline warf ihr einen verächtlichen Blick zu und kehrte zum Thema zurück: «Mein ganzes Leben wurde ich Neger genannt. Willst du ein Neger sein?»

«Wann hat es dich jemals interessiert, was ich sein will?»

«Du tust mir weh!»

Selma hielt inne, stellte die Füsse ihrer Grossmutter sorgfältig auf die Fussablage des Rollstuhls und strich mit dem Zeigefinger zärtlich über den hohen Rist: «Tee?»

«Weisst du, was schlimmer ist als die Angst vor verderblichem Einfluss und Umweltverschmutzung? Weisst du das? Zieh mir die Strümpfe über! Ich will die grauen Seidenstrümpfe. Hol sie. In der Kommode!»

«Hier. Graue Seidenstrümpfe.» Selma hob die Strümpfe hoch, die sie ihrer Grossmutter ausgezogen hatte. Pauline packte den einen Strumpf, beugte sich vor und versuchte den Fuss anzuheben, sie arbeitete Stück für Stück an der Annäherung von Hand und Fuss, ihr Atem ging heftig: «Schlimmer ist die Angst vor Auflösung und Verschwinden.»

Selma hatte sich auf ihre Hände gesetzt, um der Versuchung, Hilfe zu leisten, widerstehen zu können, denn das Eingeständnis der Schwäche und Hilflosigkeit hätte ihr Pauline nicht verziehen. Doch die alte Frau musste schliesslich erschöpft aufgeben, lehnte sich zurück und legte den Strumpf verärgert in ihren Schoss.

Das seidene Stück über Kopf und Gesicht gezogen murmelte Selma mit dumpfer Stimme: «So. Und aus der Asche des Verschwindens steigt Rosa Luxemburg als Phönix auf und kündet von der Wiederkehr des ewigen Juden.»

Pauline beobachtete ihre Enkelin, wie man es mit einem fremden Wesen tut, dessen Verhalten man zwar verurteilt, aber nicht ändern kann, beim besten Willen nicht, und nach einer Weile sagte sie mit Blick zum Fenster: «Die Farben verändern sich, bald ist der Himmel lila, ja, der Himmel ist lila, es tut gut, das Eindunkeln zu beobachten, dann weiss man, alles wird gut …» Und brach ab und schwieg.

Selma zog den Strumpf vom Kopf und wartete. Sie kannte Paulines Schweigen. Und sie fragte sich in solchen Momenten, ob Pauline wohl an Marielouise dachte, ob sie ihr Kind vermisste, und begann erneut, kraftvoll und konzentriert zu massieren. Weich, sie ist weich wie ein Baby, weich und schön … Sie spürte den bohrenden Blick auf ihrem Scheitel … Wir sind eine Horde beziehungsloser Individualisten … Wir sind verletzt … Ja, wir haben den Hang, uns stetig zu verletzen, denn im Grunde sind wir von unserer Minderwertigkeit überzeugt …

Und als hätte Pauline ihre Gedanken gelesen, entzog sie ihrer Enkelin das eingefettete Bein und sagte klar und deutlich, sie wolle nun die Strümpfe, und fügte an: «Du bist der letzte Neger in der Familie. Du bist der letzte Neger! Mein letzter Selma-Neger! Aber du hast vergessen, was ein gutes Leben ist. Wer zeigt der Welt, wenn ich tot bin, was ein gutes Leben ist? Sag es mir! Wer?»

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