Eigentlich sollte die Technisierung des Industriezeitalters bewirken, dass Produkte günstiger, schneller und effizienter gestaltet werden können, aber auch dass Tätigkeiten, die der Mensch sonst selbst machen müsste, von Maschinen übernommen werden können. Das hat nicht nur zur Entlastung des Menschen geführt. Vielmehr sehen wir uns heute in vielen Bereichen gerade durch die Technisierung gezwungen, mit der Leistung und der Geschwindigkeit beispielsweise von Computern mitzuhalten. Inzwischen zwingen uns die maschinellen Produktionsbedingungen ihr Tempo auf.
Eine weitere Veränderung betrifft unsere Lebenserwartung. Schon bis zum Jahr 2050 könnte mithilfe von Stammzellentherapie und Genreparaturen die Verlangsamung des Altersprozesses gelungen sein. Für die Kohorte der jetzt Studierenden hieße das eine Verlängerung des Lebens bis zu 150 Lebensjahren, so die Prognosen mancher Forscher. Man muss nicht darauf hinweisen, was das für das Renteneintrittsalter bedeuten würde. Wie werden sich die Jobs dadurch verändern? Wenn das Lebenserwerbsalter zunimmt, wird es wahrscheinlich, dass wir nicht nur eine Ausbildung und eine Berufsrichtung einschlagen können – Polyerwerbsbiographien mit zwei oder sogar drei ganz unterschiedlichen Karrieren könnten der Normalfall werden. Wahrscheinlich werden diejenigen Arbeitnehmer Gewinner sein, die nichtrepetitive und kreative Aufgaben erfüllen, weil Computer diese Dinge nur schlecht können. Also beispielsweise Künstler, Softwareingenieure, Führungskräfte oder auch Wissenschaftler. Dagegen wird es zunehmend einfacher werden, einfache Tätigkeiten durch elektronische Algorithmen zu ersetzen.
Zunehmende Globalisierung, erhöhte Geschwindigkeit auf den Märkten und das Erfordernis ständiger Erreichbarkeit sind nur einige Faktoren, welche in den virtuellen Arbeitsmärkten der Zukunft die Anforderung nach Mobilität vergangener Tage ersetzen. Das 21. Jahrhundert wird möglicherweise maßgeblich durch die Ausbildung virtueller Strukturen gekennzeichnet sein und auch die Arbeit im Personalmanagement revolutionieren. Digitalisierung bis hin zu künstlicher Intelligenz wird uns Menschen aber selbst in hochqualifizierten Tätigkeiten keine Konkurrenz machen. Maschinen und Roboter bleiben von uns programmiert, und selbst wenn sie höhere Kognitionsniveaus erreichen, bleiben sie Mittel zu dem Zweck, den der Mensch ihnen gibt. Die Zwecksetzung selbst bleibt das Vorrecht von uns Menschen, denn nur wir können definieren, wie wir leben wollen. Im Personalbereich kommt hinzu, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen, unsere Gefühle und Motivation wesentlicher Bestandteil auch unserer beruflichen Tätigkeiten sind. Für Human Resources Management bedeutet dies, dass Kompetenzen, die sich auf das Wissen vom Menschen, der professionellen Kommunikation und des produktiven Umgangs miteinander beziehen, nicht veralten werden. Die Arbeit im Personalmanagement hat Zukunft! Eine gute Nachricht für Lisa.
• Der BWL- Student Tim interessiert sich für die Arbeit im Personalwesen und kann sich vorstellen, später dort zu arbeiten. Allerdings fragt er sich, was die Arbeit einer modernen HRM-Abteilung heute im Gegensatz zu früher ausmacht, und wie diese sich in der Zukunft aufgrund der schon heute absehbaren gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen verändert. Bitte geben Sie ihm auf seine Fragen eine Antwort.
• Nennen Sie mindestens drei Variablen, welche einen »War for Talents« aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland abschwächen könnten.
• Erläutern Sie das »Eisbergmodell«, insbesondere in seiner Relevanz für das Personalmanagement.
• Nennen Sie fünf personalpolitische Instrumente zur Beantwortung konjunkturbedingter Krisen. Welche personalpolitischen Instrumente können Sie zur Bewältigung struktureller Krisen einsetzen?
Becker, M., Personalwirtschaft. Lehrbuch für Studium und Praxis. Schäffer-Poeschel, Stuttgart (2010)
Böhmer, N. et al., Fallstudien im Personalmanagement. Entscheidungen treffen, Konzepte entwickeln, Strategien aufbauen. Pearson, München (2012)
Bourdieu, P., Die feinen Unterschiede, Suhrkamp, Frankfurt a. M. (1987)
Brinkmann, R., Angewandte Wirtschaftspsychologie. Pearson, Hallbergmoos (2018)
Bühl. A., Die virtuelle Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Sozialer Wandel im digitalen Zeitalter. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden (2000)
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Corsten, H., Unternehmungsnetzwerke. Formen unternehmensübergreifender Zusammenarbeit. Oldenbourg, München (2001)
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Märtin, D., Habitus. Sind Sie bereit für den Sprung nach ganz oben? Campus, Frankfurt a. M. (2019)
Moser, K., Wirtschaftspsychologie. Springer, Heidelberg (2015)
Nerdinger, F.W. et al., Arbeits- und Organisationspsychologie. Springer, Heidelberg (2019)
Picot, A., Reichwald, R., & Wigand, R., Die Grenzenlose Unternehmung. Gabler, Wiesbaden (2003)
Pribilla, P., Reichwald, R., & Goecke, R., Telekommunikation im Management. Schäffer-Poeschel, Stuttgart (1996)
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Veblen, T., Theorie der feinen Leute. Eine ökonomische Untersuchung der Institutionen. Fischer, Frankfurt a. M. (2015).
• Sie wissen, was Kompetenzen sind und wie sie in der Personalauswahl berücksichtigt werden.
• Sie können Arbeitsfelder und Instrumente der Personalbeschaffung benennen und verstehen, wie und wann sie eingesetzt werden.
• Sie wissen, was Sie hinsichtlich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Recruiting zu beachten haben und können die rechtlichen Kriterien auf Praxisbeispiele anwenden.
Abb. 1: Lisa
Für Lisa ist klar: Sie möchte als Personalmanagerin in einem internationalen Unternehmen arbeiten. Deswegen hat sie bereits ein Praktikum im Personalwesen absolviert, und auch ihre Vertiefungsrichtung im Studium war thematisch auf Human Resources ausgerichtet. Da Lisa ahnt, dass ein Direkteinstieg in das Personalmanagement eines internationalen Unternehmens direkt nach der Hochschule schwer zu realisieren ist, hat sie vor, sich zunächst bei einer renommierten Personalberatung zu bewerben. So kann sie Erfahrung sammeln und möglicherweise später zu einem Unternehmen ihrer Wahl wechseln. Lisas Plan geht auf. Eine ihrer Bewerbungen ist erfolgreich. Die Personalberatung ist spezialisiert auf Personalauswahlverfahren. Sie berät kleinere und mittlere Unternehmen, indem sie an den Kunden angepasste Auswahlmethoden konzipiert oder gleich den gesamten Bewerbungsprozess begleitet. Dies bietet Lisa die praktische Möglichkeit, Expertin für Auswahlinstrumente und deren Anwendung zu werden.
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