So wie jede Krankheit ein Hinweis auf eine Disharmonie im Gesamtsystem ist, so sind auch unsere großen Krankheiten und Seuchen Hinweise für uns alle. Jede große Seuche, die besiegt wurde, zog auch ein verändertes Bewusstsein nach sich. So trat zum Beispiel nach der Pest ein anderes Hygienebewusstsein auf. Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass eine große Seuche unserer Zeit den gleichen Namen hat wie das englische Wort für Hilfe, nämlich Aids.
Jede Krankheit, jede Katastrophe hat aber ihren tieferen Sinn, den es zu entschlüsseln und zu verstehen gilt. Warten wir es ab, was uns die Vogelgrippe bringt, durch die wir ja erleben, wie eng wir weltweit miteinander verwoben sind und dass sich niemand wirklich abgrenzen kann. Der Himmel entzieht sich noch unserer Kontrolle. Es kann wohl schon als Ironie bezeichnet werden, wenn am 20. Oktober 2005 ein Professor im Fernsehen vor Panikmache warnte mit dem Hinweis, dass die Vogelgrippe ja weit weg sei, und am 25. Oktober in Deutschland die ersten verendeten Zugvögel gefunden wurden.
In der Regel sehen wir in Krankheiten etwas Feindliches, das es zu bekämpfen gilt. Zwei Behandlungsmethoden stehen sich gegenüber.
Die eine behandelt das Symptom und lehnt einen Zusammenhang zwischen psychischem Verhalten, der Lebenssituation und -einstellung des Kranken ab. Die Krankheit ist hinderlich und muss so schnell wie möglich weg. Davon lebt eine ganze Industrie sehr gut. Die Errungenschaften und Entwicklungen unserer modernen Medizin haben vielen Menschen das Leben gerettet und verlängert, doch das Bewusstsein vieler Mediziner ist nicht mitgewachsen. (Ich weiß, dass es Ausnahmen gibt.) Der Fortschritt der Technik ist sehr gut, doch er wird nicht viel nutzen, wenn der Geist sich nicht mitentwickelt.
Die andere Methode beruht auf der Ansicht, dass der Mensch selbst die Ursache seines Leids ist und dass die Krankheit ihm lediglich etwas aufzeigen möchte. Sie sieht die Krankheit als einen Freund und Wegbegleiter. Immer, wenn man seinen Weg verlässt, wird sich dieser Freund melden. Dadurch wird man wieder an seine Verantwortung erinnert. Der erleuchtete Mensch wird die Verantwortung für sein Leben nicht in die Hände eines fremden Arztes geben, mag er noch so einen guten Ruf haben, sondern er wird sie selber nehmen.
Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, dass wir in einem Kosmos leben. Kosmos bedeutet Ordnung. Wir sind lediglich ein Teil dieser Ordnung. Der Begriff Ordnung kann hier allerdings in die Irre führen, wenn Sie darunter ›aufgeräumt‹ verstehen. Ordnung meint hier eine Gesetzmäßigkeit, nach der sich die Existenz richtet.
Dieser Kosmos, oder anders ausgedrückt: diese Existenz, wird dafür sorgen, dass alles in seinem Gleichgewicht bleibt. Genau das, was für den Kosmos gilt, gilt auch für den kleinen Kosmos, nämlich für Sie. Jeder Mensch ist ein eigenes Universum, ja sogar jede Zelle ist ein eigenes Universum. Sie sind der Schöpfer Ihres Universums. Im Kleinen wie im Großen. Im Grunde ist es ganz einfach, weil die Gesetzmäßigkeit immer und überall die gleiche ist.
Das, was nicht immer das gleiche ist, ist unser Erkennen dieser Gesetzmäßigkeiten. Darum kümmern sich diese Gesetze aber nicht. Sie sind unabhängig von den Bewertungen unseres Verstandes.
Mit zunehmendem Erkennen dieser Gesetzmäßigkeiten wird es immer weniger ›Wunder‹ in Ihrem Leben geben. Wunder sind nämlich lediglich Dinge, die wir uns nicht erklären können, oder Dinge, von denen andere nicht wollen, dass wir sie erkennen.
Unsere Aufgabe ist es, Harmonie herzustellen. Wenn wir dies nicht schaffen, müssen wir gehen. Chancen hatten wir genug.
Das Spiel, das Adam und Eva im Paradies begonnen haben, nämlich das der Schuldzuweisung, ist, wie bereits gesagt, bis heute noch sehr aktuell. Schuld geben heißt Verantwortung abgeben. Auch in den eindrucksvollsten Begegnungen unseres Lebens, in unseren Liebesbeziehungen, geben wir die Schuld für das Nichtfunktionieren gerne dem Partner. Indem wir aber die Verantwortung abgeben, nehmen wir uns auch gleichzeitig die Möglichkeit, etwas zu verändern. Wir werden immer darauf warten müssen, dass der andere etwas ändert, und das kann sehr lange dauern.
Verantwortung abgeben heißt, das Erleben seines Lebens in die Hände eines anderen legen.
Sie sind für Ihr Erleben des Lebens verantwortlich, ob Sie das so sehen oder nicht. Natürlich sind Sie versucht, für Ihre ›schlechten‹ Gefühle andere verantwortlich zu machen, ja, sogar das Wetter muss zuweilen herhalten. Sie sind aber für all ihre Gefühle verantwortlich.
Lassen Sie es mich an einem Beispiel deutlich machen:
Sie fahren morgens mit Ihrem Auto zur Arbeit. Sie fahren auf einer Vorfahrtstraße, den Weg, den Sie immer fahren. Ihre Geschwindigkeit ist den Umständen angepasst, alles ist in Ordnung. Vielleicht freuen Sie sich sogar auf Ihre Arbeit. Bis zu dem Moment, in dem aus einer Einfahrt ein Auto herausgeschossen kommt, Ihnen direkt vor den Kühler. Sie machen eine Vollbremsung und verhindern knapp den Auffahrunfall. Wahrscheinlich werden Sie sehr schimpfen und den anderen mit allen möglichen Namen bedenken. Sie ärgern sich – und bitte –, bekommen Sie mit: Sie ärgern sich. Ihre gute Laune ist weg, der Blutdruck ist erhöht, und Sie nehmen den Ärger vielleicht noch bis zur Arbeitsstelle mit. Es dauert jedenfalls seine Zeit, bis er verraucht ist.
Sie hätten aber auch so reagieren können: Nachdem Sie durch die Vollbremsung einen Unfall verhindert haben, loben Sie sich innerlich, weil Sie so hervorragend reagiert haben, zudem noch in einem Moment, in dem Sie nicht mit so etwas gerechnet hatten. Sie bedanken sich bei sich selbst für all das, was Sie sich erspart haben: Unfallschaden, Versicherung, eventuell sogar Verletzungen. Mit dieser Reaktion werden Sie Ihren gut begonnenen Tag ungehindert fortsetzen und sogar Ihren Kollegen stolz davon berichten.
Keine Sache und kein Ding enthält Freude in sich, es sind immer Sie, der sich darüber freut. Und mit dem Ärger ist es ganz genauso.
In der Zeitschrift ›Was ist Erleuchtung‹, Ausgabe 11, sagt Dr. Goswami, ein amerikanischer Physiker, der den wissenschaftlichen Gottesbeweis antreten möchte:
»Ich hatte das Glück, durch die Quantenphysik erkennen zu können, dass alle Paradoxa der Quantenphysik gelöst werden können, sobald wir Bewusstsein als Urgrund des Seins anerkennen. Das war mein spezifischer Beitrag – hier liegt natürlich das Potenzial für einen Paradigmenwechsel, denn nun können Wissenschaft und Spiritualität einander wirklich ergänzen.«
Erinnern Sie sich an den Denker und den Beweisführer!
Am Anfang von allem muss Bewusstsein gewesen sein, denn Bewusstsein ist noch über dem Denken oder dem Verstand angesiedelt. Das Bewusstsein kann nämlich den Denker beobachten, wie Sie es in der Meditation erleben können. Dieses Bewusstsein möchte ich Allbewusstsein nennen, ein Bewusstsein, das sich seines Selbst vollkommen bewusst ist: Viele nennen dieses Bewusstsein Gott. Damit geben sie dieser Energie aber schon eine Form, obwohl man der Formlosigkeit doch keine Form geben kann. Wir versuchen, uns so das Unbegreifliche begreiflich zu machen. Dies wird aber immer eine Illusion bleiben.
Wenn Sie das Wort ›Gott‹ nicht mehr hören können, weil es bei Ihnen negativ besetzt ist, kann ich das gut verstehen. Wahrscheinlich mußte der ›liebe‹ Gott in Ihrem Leben schon für vieles herhalten. Für ein Kind ist Gott oft die wichtigste Person neben Vater und Mutter, und von vielen Eltern wird Gott oder seine Helfer, das Christkind oder der Nikolaus, als ›Supernannys‹ gründlich missbraucht: »Der liebe Gott sieht alles«, also selbst das, was den Eltern vielleicht verborgen bleibt. Auch die geheimen Wünsche und Sehnsüchte des Kindes, denn Gott hat die Fähigkeit, in uns hineinzuschauen, ja schlimmer, er weiß sogar schon, was wir denken werden.
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