Vom inneren Krieg zur wahren Natur
Wenn wir die Buchstaben des eng. Wortes WAR (Krieg) umkehren, wird als Gegenstück das Wort RAW (unbearbeitet: hier gemeint als wahre Natur) sichtbar. Sobald wir uns mit unserer wahren Natur beschäftigen, werden die natürlichen Eigenschaften unserer Seele enthüllt. Im Gegensatz zu einer Auseinandersetzung zwischen Hell und Dunkel macht dies unsere spirituelle Entwicklung hin zur Vereinigung mit der Quelle möglich. Die Seele ist sich bereits bewusst, dass das Licht nicht dafür existiert, um die Dunkelheit zu bekämpfen. Sie wurde zur Erde gesandt, um die Dunkelheit aus ihrem Unglück zu erlösen und sie auf möglichst umsichtige und authentische Art ins Licht zurückzuführen. Sobald Spiritualität aus der Egoperspektive gelebt wird, richtet sich ihr Fokus darauf aus, die Dunkelheit loszuwerden, um Platz für das Licht zu machen. Wählen wir jedoch den Weg des Herzens, sind wir nicht länger in einem Kampf der Polaritäten gefangen, in dem sich Gut und Böse gegenüberstehen oder Licht seinen Schatten verleugnet. Stattdessen lernen wir, wie sich die Seele auf ganz natürliche Art in Zeit und Raum verhält.
Während wir uns so vom inneren Krieg hin zu unserer wahren Natur bewegen, werden wir zu Menschen, die Wohlbefinden verkörpern und Licht kultivieren, damit sich unsere Seele ausdehnen kann. Mit der Erhöhung unserer Schwingung wird jedes unbewusste Muster, jede schmerzhafte Erinnerung und jede Manifestation von Dunkelheit auf natürliche Weise umgewandelt und kann so seine Aufgabe vollenden und zur Quelle zurückkehren.
In den Erzählungen über Buddha findet sich eines der offensichtlichsten Zeugnisse der Verlagerung vom inneren Krieg hin zur wahren Natur. Die historischen Texte beschreiben, dass der Buddha unter seinem Bodhibaum von Dämonen umgeben war. Dies wurde oft dahingehend ausgelegt, dass der Buddha die Notwendigkeit verspürte, die verlockenden Qualitäten des Egos oder der menschlichen Begierden zu verleugnen und sich dadurch tief in der Reinheit der wahren Lehre zu verwurzeln. Natürlich kann der Gedanke, irgendetwas ablehnen zu wollen, nur dem Blickwinkel des Egos entspringen!
Bildliche Darstellungen Buddhas zeigen ihn mit friedlich an beiden Seiten ruhenden Händen und weit geöffneten statt geschlossenen Augen. Wären die Augen Buddhas geschlossen abgebildet, hätte der Buddhismus dadurch die Notwendigkeit betont, das Ego abzuwehren oder sich von der Dunkelheit abzuwenden, um die Erleuchtung zu erlangen. Da die Augen Buddhas aber offen dargestellt werden und seine Arme zu beiden Seiten ruhen, wird damit bekräftigt, dass die Wahrheit nicht dazu da ist, die Dunkelheit zu bekämpfen oder zu verleugnen.
Sogar, wenn er von Dämonen umgeben ist, befindet sich Buddha in einem Zustand von Gelassenheit, denn er hat sein wahres Selbst als die Kraft begriffen, die die Dunkelheit transformiert, das Ego erlöst, das Licht wiederherstellt und Wohlbefinden verkörpert.
Als ein dich entwickelnder spiritueller Meister wirst auch du deine eigenen tiefen Erleuchtungsmomente unter dem symbolischen Bodhibaum des Lebens erfahren, sobald du dich vom inneren Krieg hin zu deiner wahren Natur bewegst. Damit das gelingen kann, müssen wir die einzelnen Aspekte unserer wahren Natur besser erforschen.
Wahre Natur beginnt mit Respekt
Um unsere wahre Natur möglichst bewusst zum Ausdruck bringen zu können, benötigen wir Respekt. Die der Seele innewohnende Fähigkeit zum Respekt ist ihre Offenheit dafür, alles zu ehren, unabhängig davon, ob der ihr begegnende Mensch seine eigene Göttlichkeit mit Würde verkörpert oder nicht.
Aus Sicht der Seele dient jede Interaktion der Möglichkeiten für inneres Wachstum und spirituelle Erweiterung. Dies gibt unserem persönlichen Verhalten in Bezug auf die Umstände unseres Lebens große Bedeutung. Wie wir mit uns selbst und anderen umgehen, ist für die Entwicklung unserer Seele wichtiger als die Situationen selbst, mit denen wir konfrontiert werden.
Sobald der Wunsch in uns erwacht ist, sich des Einen im Ganzen bewusst zu werden, wird das Bestreben, jeden Moment unseres Lebens und jeden Menschen zu respektieren, zu einer unserer höchsten Prioritäten. Wir können lernen, die Evolution anderer zu ehren, unabhängig davon, ob sie selbst die große Bedeutsamkeit ihrer seelischen Entwicklungsreise verstehen oder nicht. In dieser Betrachtungsweise zeigen uns grausames oder kleinliches Verhalten lediglich an, dass ein Ego mit großer Energie dabei ist, sich aus seinen alten Mustern zu befreien.
Gleichermaßen gibt es keinen spirituellen Lohn dafür, in Situationen zu verharren, in denen wir als mentaler, emotionaler, physischer oder energetischer Sündenbock dienen. Ob du die Situation bereinigen oder verlassen möchtest – die Seele hat mehr Interesse daran, dem Gegenüber mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen als an deiner letztendlichen Entscheidung, wie du mit der Situation umgehst. Aus der Seelenperspektive kann das Leben als ein kosmisches Abenteuer unter der Überschrift »Wie werde ich darauf reagieren?« betrachtet werden. Die Antwort darauf findet sich in der bewussten Ausübung von immer noch größerem Respekt. Auch wenn wir nicht immer mögen werden, wie ein Mensch während gewaltiger innerer Wachstumsschübe spricht oder sich verhält, können wir dennoch respektieren, dass er uns aus einem wichtigen Grund begegnet ist.
Um die Schwingung von Respekt zu kultivieren, bedenke bitte die Weisheit der folgenden Fragen:
Was geschieht, wenn ich das Göttliche in anderen respektiere, egal, ob sie das Göttliche in mir wahrnehmen oder nicht?
Was geschieht, wenn ich es wage, meine eigene Göttlichkeit zu respektieren, anstelle darauf zu warten, dass andere das Licht in mir erkennen?
Wie wäre es, wenn ich die unbewussten Handlungen anderer nicht gut finden muss, um ihre Seele ehren zu können?
Was geschieht, wenn jede respektlose Situation für mich eine Gelegenheit ist, innezuhalten und mir selbst auf einer noch tieferen Ebene Wertschätzung zu geben?
Zeigen meine wichtigsten Lebensentscheidungen tiefsten Respekt für mich und andere?
Wenn ich es mir zur Aufgabe machen würde, mich Tag für Tag mehr zu respektieren, wie würde mein Leben sich dann verändern? Was müsste anders werden?
Wenn du dem Respekt die Führung übergibst, wird dir in jeder Wachstumsmöglichkeit der tiefere Sinn persönlicher Begegnungen aufgezeigt. Egal, ob die Charaktere in unserem Lebens-Spiel für uns angenehme oder unangenehme Rollen einnehmen, nichts kann unsere Seele davon abhalten, sich in jeder Szene weiter auszudehnen.
Respekt ist der Ausdruck von Anerkennung
Wenn du durch respektvolleres Verhalten das Licht kultivierst, könntest du entdecken, dass es nahezu unmöglich ist, das Leben zu ehren, ohne die Bereitschaft, es auch anzuerkennen. Aus diesem Grund stellt Anerkennung den zweiten Aspekt deines wahren Wesens dar. Anerkennung ist eine respektvolle Haltung, die es wagt, allen Dingen ein Existenzrecht zu geben – egal wie schmerzhaft, frustrierend oder unbequem sie sich für das Ego darstellen.
Auch dann, wenn wir von anderen respektlos behandelt werden, gibt uns dies für uns die Möglichkeit, Schmerz, Stress, Abwehr, Trauer oder Wut als einen tiefen Heilungsprozess anzuerkennen. Ob uns jemand auf der Straße eilig den Weg abschneidet, wir von Familienmitgliedern kritisiert oder gar von einem geliebten Menschen betrogen werden, es ist immer faszinierend wahrzunehmen, welche große seelische Erweiterung dies für das Leben der Betroffenen bewirkt. Dies gilt auch für die Menschen, die noch nicht wahrgenommen haben, dass sie sich auf einem spirituellen Entwicklungsweg befinden. Oft wird geglaubt, dass mystische Erfahrungen nur von Menschen erlebt werden können, die an derartigen Themen interessiert sind. Ein zeitgemäßes spirituelles Abenteuer besteht jedoch bereits darin, allen tiefreichenden und transformierenden Erfahrungen, die sich als Unwägbarkeiten des Lebens tarnen, einen tieferen Sinn zu geben. Als Menschen sind wir aktive Teilnehmer unseres seelischen Ausdehnungsprozesses, auch wenn wir uns die meiste Zeit davon in der Inkubationsphase des Egos befinden.
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