Margrith Lin - Ein Bruder lebenslänglich

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Im Jahr 1952 erkrankte der Bruder von Margrith Lin an einer tuberkulösen Meningitis, er war zweieinhalb Jahre alt. Bereits totgesagt, überlebte er seine schwere Krankheit, nach zwei Jahren Spital- und Kuraufenthalt kehrte der Bruder wieder nach Hause zurück: «körperlich geheilt dank neuzeitlichen Heilmitteln», wie es im Austrittsbericht des Arztes hiess. Über seine geistigen und seelischen Schädigungen wurden die Eltern nicht informiert.
Margrith Lin erzählt die Lebensgeschichte ihres Bruders, und sie erzählt gleichzeitig ihre eigene Geschichte als Schwester dieses Bruders. Sie erzählt von der Kindheit in den Fünfziger- und Sechzigerjahren, vom Familienalltag, der sich stark veränderte, von Prägungen auch für den eigenen Werdegang, von der Verantwortung, die den Angehörigen ein Leben lang bleibt. Und sie erzählt von den Erfahrungen mit Behörden, Institutionen und dem Wandel im Umgang mit behinderten Menschen in den letzten siebzig Jahren. Dabei erzählt Margrith Lin immer aus der Doppelperspektive als Betroffene und als Fachfrau zugleich, hat sie doch als Heilpädagogin und Psychologin gearbeitet.
"Ein Bruder lebenslänglich" ist ein zärtlicher Erfahrungsbericht und eine wichtige Dokumentation für sozialgeschichtlich Interessierte, betroffene Angehörige und Fachpersonen zugleich.
"Das Buch stellt sowohl für professionell Tätige wie sozial-historisch Interessierte eine wichtige Dokumentation dar." Jury Dr. Hedwig Stauffer-Stiftung

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Familiäre Frühförderung

Im Schuleignungsbericht ist von einem «schwachbegabten, jedoch gut geförderten Knaben» zu lesen.

Es gab damals noch keine heilpädagogische Frühförderung. Es war unsere Familie, welche die Förderung in ihren Alltag einbaute. Grossmutter war oft mit ihrem Enkel unterwegs. Der liebte das Spazieren und Herumreisen und zeigte reges Interesse an allem, was er sah. Grossmutter besuchte mit ihm auch verschiedene Wallfahrtsorte in der Hoffnung auf eine Besserung seines Zustandes.

Nach seiner Krankheit musste der Bruder das Gehen und Sprechen wieder neu erlernen. Beim Gehen blieb er unsicher. Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, hielt er beim Rennen seine beiden Arme ausgespreizt wie zwei Flügel. Er fiel oft hin, hatte meist zerschundene Knie und überall blaue Flecken. Mit viel Mühe versuchten wir Schwestern dem Bruder auf dem roten Dreirad – ein ­Geschenk seines Patenonkels – das Radfahren beizubringen. Auf ­ei­nem Schwarz-weiss-Foto trägt er einen grossen Verband um den Kopf, da er mit seinem Dreirad über eine Mauer hinunterfuhr. Wir Geschwister hätten auf ihn aufpassen müssen, aber es ging alles so blitzartig!

Beim Sprechenlernen machte der Bruder hingegen rasche Fortschritte. Aufgrund seines guten Gedächtnisses nahm er die sprachlichen Anregungen seines Umfeldes schnell auf und sein Wortschatz vergrösserte sich in kurzer Zeit rasant. Mag es sich bei abstrakteren Dingen um reine Worthülsen gehandelt haben, so konnte er sich doch bald adäquat ausdrücken. Sein Mitteilungsbedürfnis war gross. Sein pausenloses Fragen war durch sein Interesse an seiner Umwelt gesteuert. Bis heute dauert seine Fragerei an. Sie scheint auch seine Form zu sein, die Kontrolle über die Welt zu halten; sein Versuch, sich zu vergewissern, ob die eigenen Wahrnehmungen stimmen.

Wir Geschwister hatten grossen Anteil an der Förderung unseres Bruders. Es gab dafür ganz praktische Gründe: Seine neu- oder wiedererworbenen Fertigkeiten erleichterten manches, wenn wir mit ihm unterwegs waren. Deshalb versuchten wir, ihm Alltagsverrichtungen beizubringen: seine Jacke zuzuknöpfen, Hände waschen, Schuhe richtig anziehen. Beim Binden die Schlaufe zu ziehen, war für ihn sehr schwierig. Seine Finger verkrampften sich. Diese grosse manuelle Ungeschicklichkeit ärgerte ihn. Er versuchte vieles, was er bei uns abschaute, selbst zu machen, und wurde wütend, wenn es ihm nicht gelang.

Schon früh fiel seine besondere Freude an der Musik auf. Der Bruder hörte gerne Musik jeglicher Gattung und sang aus voller Kehle mit, wenn ihm ein Musikstück oder Lied bekannt war.

Diese Musikalität wurde im wohl väterlicherseits vererbt. Bereits der Urgrossvater und Grossvater liebten die Musik. Der Urgross­vater trat mit seiner Gitarre als Bänkelsänger bei Hochzeiten auf.

Der Grossvater leistete sich von seinem ersten Lohn Klavierstunden, als er als junger Mann vom Lande in die Grossstadt kam. Mit seiner sonoren Stimme war er später ein treues Mitglied des Männerchors.

Unser Vater erlernte in seiner Jugend das Geigenspiel. Das Spielen weiterer Instrumente brachte er sich selbst bei. Als junger Mann gründete er zusammen mit Kameraden eine Tanzkapelle. Er war am Bass, wenn die Kapelle an Festen wie Fasnacht und Kilbi öffentlich zum Tanz aufspielte. Später, wenn der Vater auf seiner Handharmonika spielte, stand unser Bruder daneben und schwang mit seiner kleinen Fahne voll Freude den Takt dazu.

Die beiden älteren Schwestern hatten jeweils an Weihnacht mit mir zusammen ein Krippenspiel improvisiert. Nun hatten sie keine Lust mehr dazu. So beschloss ich, das weihnachtliche Singspiel von der Herbergssuche, welches wir gerade in der Schule eingeübt hatten, mit meinen beiden jüngeren Geschwistern zu Hause aufzu­führen. Der Bruder sollte den Part des Josefs übernehmen, die kleine Schwester war die Maria, ich spielte die Rollen der verschiedenen Gastwirte. Die grosse musikalische Begabung unseres Bruders war durch seine Krankheit unbeeinträchtigt. Eine einmal gehörte Melo­die konnte er sich sofort merken und wiedergeben. Wenn auch die Melodie stimmte, den Text gab er undeutlich und manchmal etwas entstellt wieder. Die kleine Schwester hingegen war gut im Aus­wen­diglernen und sehr ausdrucksvoll im Aufsagen. So ergänzten sich die beiden: Josef intonierte die Melodie, während Maria die Worte deutlich aussprach. Da der Bruder sehr leicht ablenkbar war, löschte ich das Licht und wir übten im Dunkeln. Das war meine erste heilpäda­gogische Förderlektion!

Der Bruder war nun sechs Jahre alt. Wir fanden es an der Zeit, dass er lernte, kleine Botengänge auszuführen. Zuerst ging er zu­sam­men mit seiner kleinen Schwester zum Einkaufen. Wir älteren Schwestern schlichen wie Detektive hinter den beiden her. Sie machten ihre Sache gut.

Dann schickten wir den Bruder alleine mit einem Einkaufszettel los. Er machte das gerne, beeilte sich immer sehr und kam dann ausser Atem nach Hause.

Als ich an einem Freitagnachmittag von der Schule nach Hause kam, erwartete mich eine besorgte Mutter. Der Bruder war noch nicht von seiner Einkaufstour zurück. Ich wurde auf die Suche geschickt.

Der Bruder war wohl in den verschiedenen Geschäften vorbeigekommen und hatte seine Einkäufe getätigt, wurde mir versichert, doch nirgends fand sich eine Spur von ihm. Erfolglos kehrte ich nach Hause zurück.

Inzwischen hatte sich der Suchtrupp vergrössert. Nicht nur die älteren Geschwister machten mit, Freunde, Verwandte und Bekannte halfen – mittlerweile war die ganze Nachbarschaft unterwegs. Die Polizei war auch benachrichtigt.

Der Vater kam früher als sonst nach Hause. Er holte sein altes klappriges Militärvelo aus dem Keller hervor. Nie hatte ich ihn darauf fahren sehen. Wir Kinder schauten ihm ängstlich zu, wie er sich unsicher auf sein Fahrrad schwang und schwankend davonfuhr. Uns war mulmig zumute.

Von der Mutter wurden wir zum Nachtessen gedrängt. Doch niemand brachte einen Bissen herunter. Es wurde langsam dunkel draussen, und wir Mädchen wurden ins Bett geschickt, wie sehr wir uns auch dagegen sträubten. Wir waren zu aufgeregt, um einschlafen zu können. Wenn ihm nur nichts passiert war!

Da plötzlich hörten wir fremde Stimmen im Wohnzimmer. Wir spähten durch den Türspalt und sahen zwei Jugendliche und zwischen ihnen unseren kleinen Bruder. Er war wieder da! Aber wer ­waren diese Burschen? Am anderen Morgen erfuhren wir, dass sie zwei entfernte Verwandte von uns waren. Am Abend in der Stadt unterwegs, trafen sie auf den Präses ihrer Jugendgruppe – unseren Onkel Pfarrer, der auch auf der Suche nach dem Bruder war. Von ihm erfuhren sie von dem vermissten Buben. Auf dem Heimweg fiel ­ihnen dann ein kleiner Junge auf, der bei einbrechender Dunkelheit ganz allein über die lange Eisenbahnbrücke schlenderte. Als sie ihn ansprachen, wollte er davonrennen. Er war jedoch zu müde nach dieser langen Wanderung und liess sich widerstandslos auf eines der Fahrräder hieven und nach Hause chauffieren, die volle Einkaufs­tasche fest an sich gedrückt.

Da der Bruder immer so abgehetzt nach Hause zurückkehrte, hatte die Mutter diesmal zu ihm gesagt, er müsse sich nicht so beei­len, er könne schön spazieren. Das hatte er offensichtlich zu wörtlich ­genommen. In der Stadt fand gerade der internationale Rotary-­Kongress statt, und die Strassen waren beflaggt. Der Bruder mochte die Fahnen gerne. Er war diesen Fahnen kilometerweit bis ans ­andere Ende der Stadt gefolgt.

Im Kindergarten

Nach einem weiteren Kuraufenthalt war es nun höchste Zeit, dass der Bruder mehr Förderung und Beschäftigung erhielt. Er war inzwi­schen sieben Jahre alt geworden.

Schwester Maria Leo, bei der wir drei älteren Mädchen den Kindergarten besuchten, war bereit, unseren Bruder bei sich aufzunehmen. Sie bereitete die anderen Kinder darauf vor, dass nun ein spezieller Junge in ihre Gruppe komme, der sehr krank gewesen sei, und dass die Kinder besonders lieb zu ihm sein sollten. Die Kinder nahmen sich diese Aufforderung sehr zu Herzen und ertrugen mit grosser Toleranz seine unberechenbaren Stimmungen, auch wenn sie manchmal im wörtlichen Sinn etwas «Haare lassen» mussten.

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