Roberta Rio:
Der Topophilia-Effekt
Alle Rechte vorbehalten
© 2020 edition a, Wien
www.edition-a.at
Cover und Satz: Isabella Starowicz
Textberatung: Katharina Domiter
ISBN 978-3-99001-432-5
E-Book-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
www.brocom.de
Nicht das Licht und Scheinen der Sonne führen uns aus der Dunkelheit, sondern das Wissen um die Dinge.
Titus Lucretius Carus
(antiker römischer Dichter und Philosoph)
Ein abgelegenes Haus
Die Geheimnisse der Etrusker
Das Geisterhaus
Das Strahlen-Wissen unserer Ahnen
Mystische Kathedralen
Der rote Faden in der Geschichte von Orten
Das Haus an der Kurve
Das Mysterium der S16 und der A7
Kein Ort ohne Geist
Eine Kapelle in Südengland
Hippokrates von Kos
Das Kloster im Wald
Der vitruvianische Ort
Das rätselhafte Herrenhaus
Die Spinner
Der Bauernhof
Das Netz der roten Kreuze
Am Gemüsegartenweg
Anleitung für den Umgang mit Orten
Die goldene Regel
Die historisch-intuitive Methode
von Dr. Ruediger Dahlke
Seit vierzig Jahren versuche ich als Arzt ein Gefühl für Qualität zu vermitteln. Ein Gefühl dafür, wie Quantität und Qualität zusammenhängen und dafür, dass Qualität für unsere Seele meist bedeutsamer ist.
Wie sehr zum Beispiel das Phänomen Zeit neben Quantität auch Qualität haben kann, hat uns spätestens Stefan Zweig in seinem Werk »Sternstunden der Menschheit« gelehrt, einer Sammlung von Miniaturen über, wie Zweig selbst schrieb, »dramatisch geballte, schicksalsträchtige Stunden, in denen eine zeitüberdauernde Entscheidung auf ein einziges Datum, eine einzige Stunde und oft nur eine Minute zusammengedrängt ist« und die »selten im Leben eines Einzelnen und selten im Laufe der Geschichte« ist. Und jeder weiß, dass Sonntag eine andere Qualität hat als Montag, obwohl beide 24 Stunden haben.
Wie sehr auch Information Qualität statt Quantität haben kann, das zeigte uns der österreichische Lehrer Franz Xaver Gruber, der mit dem von ihm komponierten Weihnachtslied »Stille Nacht – heilige Nacht« mehr Gefühl für Weihnachten vermittelte als alle Predigten aller Prediger zusammen.
Der Komponist Claude Joseph Rouget de Lisle motivierte einst mit seiner »Marsaillaise« bestimmt mehr Soldaten zum Marschieren, als die Anfeuerungen ihrer Feldherren. Der amerikanische Sänger, Songwriter und Komponist Scott McKenzie erzählte die Geschichte von uns Hippies in seiner Hymne »San Francisco« mit der Zeile »a new generation with a new explanation« weit besser als jede noch so umfangreiche soziologische Studie. Oder warum stehen dem Begriff »ehrlich verdientes Geld« Begriffe wie »Blutgeld«, »Schwarzgeld«, »Spekulationsgeld« oder »Erbschaftsgeld« gegenüber, wenn es nicht selbst beim Geld, das laut einem österreichischen Sprichwort angeblich »kein Mascherl« hat, tiefer liegende Qualitätsunterschiede gäbe? Qualitätsunterschiede im Hinblick auf das, was dieses Geld mit uns macht?
Im vorliegenden Buch, Der Topophilia-Effekt, das mich aus vielen Gründen fasziniert, zeigt Roberta Rio nun, wie notwendig es ist, dass wir auch die Qualität der Orte erkennen, an denen wir uns zu leben, zu arbeiten oder Urlaub zu machen entscheiden. Sie zeigt, dass wir uns damit Leid ersparen können und Unterstützung bei unseren Vorhaben holen können, und dass jeder Ort an sich irgendetwas mit uns macht, das wir als Herausforderung erkennen müssen, um bewusst damit umgehen zu können.
Roberta Rio liefert wundervolle Hinweise und Anleitungen dazu, als Historikerin, gleichzeitig aber auch als Frau mit viel Gefühl für die Qualität von Raum und Zeit. Lesend spüren wir, wie sehr sie sich für die Geschichte von Orten interessiert und sind gefesselt von der Welt, die sich da auftut.
Als jemand, der sich drei Jahrzehnte lang in der Rolle eines Psychotherapeuten mit der Geschichte von Menschen und der Qualität ihrer vergangenen Tage beschäftigte, kann ich ihr Interesse an der Geschichte von Orten umso besser nachvollziehen. Ich verstehe auch ihren Wunsch, ihr Wissen darüber zu teilen. Denn wer sich nur noch nach trivialen Faktoren wie Quadratmetern, Preisen und Verkehrsanbindungen für einen Ort entscheidet, wird diese Unbewusstheit später vielleicht bezahlen. Roberta Rio bezieht sich dabei immer auf historische und naturwissenschaftliche Evidenz und geht der Faktenlage immer wieder nüchtern auf den Grund.
Ich nehme trotzdem auch das aus diesem Buch mit: Es gibt unter den Dingen, mit denen ich mich beschäftige, die sogenannten »Schicksalsgesetze«, über die ich das Buch mit dem gleichnamigen Titel und dem Untertitel Die Spielregeln des Lebens geschrieben habe. Eines der wichtigsten dieser Gesetze ist das Resonanzgesetz, das lautet: Jeder Mensch bekommt, was er (zum Lernen) braucht. Was bedeutet, dass wir uns vielleicht aus den falschen Gründen aber nie zufällig für die Orte entscheiden, an denen wir uns aufhalten. Doch auch damit bleibt es gut zu wissen, worauf wir uns einlassen.
Dafür bietet die Autorin wertvolle und praktische Anhaltspunkte und macht Mut, der eigenen Intuition, unserem Bauchgefühl, zu vertrauen. Sie spannt einen Bogen von energetisch geladenen Hohlwegen der Etrusker und geheimnisvollen gotischen Kathedralen über moderne elektromagnetische Felder bis zum neuen Mobilfunkstandard 5G.
Wir begegnen lesend einigen interessanten und einigen großen Namen, etwa dem Arzt Otto Bergsmann, der die erste Studie zur Qualität von Orten durchführte, dem Architekten Frank Lloyd Wright, der wie viele andere Architekten um diese Zusammenhänge wusste und danach baute, oder dem Psychiater C. G. Jung, der wie schon die alten Griechen und Römer davon ausging, dass Orte eine Seele haben, dass sie von verschiedenen »Göttern« und »Geistern« bewohnt und von Gedanken-Mustern und Traditionen der Menschen, die dort lebten, geprägt sind.
Einfühlsam bringt uns Roberta Rio diesen »genius loci«, den »Geist des Ortes«, näher und macht uns die wahre Bedeutung der Schreine in Thailand oder etwa unserer christlichen »Marterl« deutlich. Wir verstehen, warum viele von uns so gern Reisen und an besondere Orte pilgern, und warum wir Lieblingsorte haben, an denen wir besonders gut Kraft tanken können.
Ich wünsche diesem wunder- und wertvollen Buch, dass es viele Menschen erreicht, denn es schafft ein neues, auf Fakten und Intuition basierendes Bewusstsein für die wahren Dimensionen von Raum und Zeit.
Ruediger Dahlke
TamanGa, im August 2020
Dr. Ruediger Dahlke wirkt seit 1979 als Arzt mit Zusatzausbildung für Naturheilweisen und einem Studium der Homöopathie und als Seminarleiter. Seine Bücher zu Themen wie der ganzheitlichen Psychosomatik, zur veganen Ernährung und zu einem spirituellen Weltbild erreichen im deutschen Raum Millionen Leser und liegen in mehr als 280 Übersetzungen in 28 Sprachen vor.
Weitere Infos: www.dahlke.at– www.taman-ga.at
Die Sonne schien und es war für Oktober noch ziemlich warm. Die Luft roch sauber und frisch. Das Laub, das noch an den Bäumen hing, leuchtete in freundlichen Rot- und Brauntönen. Ich freute mich. Erstens über das gute Wetter und zweitens auf meinen bevorstehenden Arbeitstag.
Ich war im Norden des Friaul mit einem Kunden verabredet, der mich beauftragt hatte, ein Haus zu begutachten. Er hatte es vor kurzem gekauft.
In einer Zeitung hatte er einen Artikel mit dem Titel »Der Geist der Orte« über mich und meine Arbeit gelesen. Er handelte davon, wie ich die Geschichte von Grundstücken, Häusern, Gebäuden, aber auch Städten und Regionen recherchiere und daraus Schlussfolgerungen für deren aktuelle Bewohner ziehe. Welche Muster sind an einem Ort zu erkennen? Etwa im Hinblick auf die Gesundheit, die Beziehungen oder die wirtschaftliche Situation der bisherigen Bewohner? Was könnten diese Muster für die aktuellen Bewohner des Ortes bedeuten?
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