Lisbeth Herger - Zwischen Sehnsucht und Schande

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Neun Kinder hat die Stickerin Anna Maria Boxler geboren, sieben von ihnen wurden ihr von den Behörden weggenommen, fremdplatziert oder verdingt. Über fünfzig Mal musste sie in ihrem Leben umziehen, wurde verurteilt wegen Ungehorsam, Abtreibung und Prostitution, war zwischenzeitlich administrativ versorgt. Lisbeth Herger und Heinz Looser verfolgen die Spuren von Anna Maria Boxler, der lange tabuisierten Grossmutter des Historikers Looser. Dieser recherchierte in Kirchen-, Dorf- und Staatsarchiven in den Kantonen St. Gallen, Thurgau und Zürich sowie in den Akten der Armenfürsorge, wo eindrückliche Bittschriften der Grossmutter auftauchten. Die persönlichen Briefe zeigen eine widerständige Stickerin im Kampf ums Überleben und geben – ergänzend zu den Behördendokumenten – einen einzigartigen Einblick in ein Frauenleben aus der Unterschicht. Dramatisch schildert die Autorin Lisbeth Herger die Recherche des Enkels und das Leben seiner Grossmutter. Dabei entsteht das Bild eines zwischen Sehnsucht und Schande verkeilten Lebens in einer Gesellschaft, die Armut als moralisches Versagen verurteilt. Ein historisches Glossar erlaubt eine vertiefte Einbettung dieses Lebens in die Geschichte der Schweiz dieser Zeit.

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Anna Maria und ihre Familie schaffen es also auch im Vorarlberg nicht aus dem Steuerschlamassel heraus. Im Dezember tritt der Exekutor erneut auf den Plan, an der örtlichen Gemeindetafel lädt er zum vorweihnachtlichen Einkauf in ihr Stickerhaus ein: Bregenz k k B.H.M.Gericht A 9609 2 Versteigerungs[…] zur Anschlagung an der Gemeindetafel, laut welcher am 20. 12. 1909 um 9 Uhr vormittags im Hause No. 365 in Hard mehrere dem Adolf Loser gehörende Gegenstände versteigert werden . Wie es in Hard mit dieser angekündigten Versteigerung dann weiterging, ist im Gemeindepostbuch nicht nachzulesen. Es bleibt dem Enkel nur die Fantasie. Offenbar hat es Adolf verstanden, der amtlich angesetzten Versteigerung durch eine Schliche zu entgehen. Vielleicht ermutigt von seiner bereits wieder schwangeren Frau, die wohl wenig Lust verspürte, das ganze Dorf zum Billigeinkauf im eigenen Haus zu begrüssen. Und von ihrer kärglichen Habe das, was noch ein bisschen Wert besass – die günstig erworbene Zinkbadewanne, der Reisekorb –, unter den eigenen Augen verhökern zu lassen. Zu einem lächerlichen Spottpreis noch dazu. Es könnte durchaus sein, überlegt der Enkel, dass seine Grosseltern just in der Nacht vor der angekündigten Versteigerung ihren Hausrat samt den drei Kindern gepackt haben und zurück in die Schweiz gefahren sind. Denn nur wenige Tage später meldet die Familie ihren Zuzug in St. Gallen, und im Mai wird dort das vierte Kind geboren, ein Mädchen, es heisst Klara, wie Anna Marias Mutter mit ihrem zweiten Namen.

Schon einen Monat später registriert das Melderegister einen erneuten Umzug. Im Juni 1910 geht es nach Gossau an die Haldenstrasse. Im Archiv dort findet sich aber nichts über die nur für wenige Monate zugezogene Familie. Eine ergebnislose Recherche, was den Enkel nicht weiter erstaunt. Die Spuren seiner verarmenden Grosseltern sind andernorts zuverlässiger abgelagert als an den ständig wechselnden Wohnorten der Familie, da ist er sich gewiss. Nämlich dort, wo der Grossvater herkommt, wo er Bürgerrechte besitzt, wo man sich – so will es das Gesetz – um in Not geratene Bürger, auch solche auf Steuerflucht, zu kümmern hat: in seinem → Heimatort, im toggenburgischen Nesslau. Der Enkel, als Nachfahre ebenfalls heimatberechtigter Nesslauer, wenn auch noch nie dort gewesen, meldet sich telefonisch auf der Kanzlei und lässt sich zusichern, dass er Zugang bekommt zum gemeindeeigenen Archiv.

Er nimmt sich dann später einen freien Tag, fährt dem Zürichsee entlang nach Wattwil, steigt in die kleine Regionalbahn und trifft voller Erwartung in Nesslau, das inzwischen zu Nesslau-Krummenau fusioniert hat, ein. Eine freundliche Beamtin unterstützt ihn bei der ersten Orientierung im Archiv, zeigt ihm die Ordnung der Bestände. Seine Hoffnung auf eine schön geordnete Personenakte zu Grossvater Adolf und seiner Familie zerschlägt sich schnell. Schliesslich wurde der Mann ja auch nicht bevormundet. Nun heisst es die Jahrbücher durchforsten, in den Protokollen des Gemeinderats mit der darin integrierten Armenpflege müsste etwas zu finden sein.

Glücklicherweise gibt es im Anhang der Folianten ein Personenverzeichnis mit Seitenverweisen, das führt den forschenden Nachfahren zuverlässig durch die Hunderte von Seiten. Nachdem er sich mit der Systematik und der schwer zu entziffernden Kurrentschrift angefreundet hat, kann es losgehen. Und tatsächlich fangen die Quellen zu sprudeln an, und zwar weit kräftiger, als er es sich je erträumt hätte. Der Enkel blättert, liest, schreibt ab, Eintrag um Eintrag, jeder mit Datum und Nummer versehen, es will kein Ende nehmen. Und als er nach einem ersten Tag das Archiv verlässt, müde und zufrieden, überschlägt er im Kopf die Anzahl Tage, die es noch brauchen wird, um den Schatz zu heben. Es wird ihn einige Ferientage kosten.

Der allererste Eintrag in den Nesslauer Gemeinderatsprotokollen zur Familie Looser findet sich am 12. Juli 1910: Looser Adolf, Schifflisticker, Gossau. Nachdem Looser Adolf zur Rückzahlung aufgefordert worden ist, erklärt derselbe momentan nicht zahlen zu können. Derselbe wird aufgefordert die Schulden frs.40.– in monatlichen Raten à 10.– zurückzuzahlen, womit auch seine Rehabilitierung erfolgen werde . Um welche Schulden es hier genau geht, ob die Bütschwiler noch immer versuchen, die seit vier Jahren offenen Steuern einzufordern, ob allenfalls die Vorarlberger hinter dem Exekutionsvereitler her sind oder ob neue Schulden angefallen sind, ist unklar. Der nächste Eintrag hält fest, dass sich bereits eine neue Gläubigerin in Nesslau gemeldet hat, und zwar Adolfs Schwiegermutter, Frau Bauer, aus St. Gallen: In einem längeren Schreiben schildert die Schwiegermutter dieses der Gemeinde zur Last gefallenen Mannes dessen Verhältnisse. Dieselbe ersucht die Gemeinde, ihr an die gehabten Einbussen etwas zu vergüten . Es scheint, dass Anna Maria mit ihrer Mutter in dieser Zeit Kontakt gehabt hat, vermutlich ist sie mit ihrer Familie nach der überstürzten Abreise von Hard für ein paar Tage bei ihr untergeschlüpft. Und diese, inzwischen selber armengenössig, versucht, aus der erzwungenen Gastfreundschaft ein paar Rappen für sich selbst herauszuschlagen. Vergeblich, wie ihr postwendend mitgeteilt wird: Der Gemeinderat dagegen erklärt auf solche Sachen sich nicht einlassen zu können .

Auch Anna Maria hat sich bei den Nesslauer Behörden gemeldet, auch sie trifft mit ihrem Begehren auf taube Ohren: Für das Guthaben der Gemeinde dagegen wird Looser, trotz Gesuchs der Frau, die um längere Frist nachsucht, nur noch bis 25. September Zeit gegeben, die Sache zu ordnen . Die Uhr tickt, und schliesslich kommt vom Departement des Inneren grünes Licht für eine Betreibung: Betreibung von Looser-Boxler Gossau. 142. In Sachen der Angelegenheit Looser-Boxler in Gossau, scheint das Departement des Innern belehrt zu sein, derselbe gibt in Schreiben vom 4. Oktober der Behörde das Recht der Eintreibung zu. Später werden die Nesslauer vom Departement zwar noch einmal zurückgepfiffen, weil sie monatlich zehn statt der rechtlich zulässigen fünf Franken zurückerstattet haben wollen. Aber am grundsätzlichen Entscheid ändert sich nichts, und nichts an der Drohung, die die Gemeinde dem verschuldeten Sticker zukommen lässt. Looser-Boxler. Androhung betr. Anstaltsversorgung. Das Gemeindeamt Gossau in Sachen Adolf Looser-Boxler. Looser wird bezichtigt seine Familie ganz zu vernachlässigen, sodass die Kinder gerade zu darben müssen, während er sein Geld in die Wirtshäuser trage. Gestützt hierauf wird Looser eröffnet, dass wenn weitere derartige Klagen erfolgen, der Gemeinderat eine Anstaltsversorgung anstrengen werde.

Nesslau droht dem verschuldeten Sticker Adolf also gleich nach seiner ersten Betreibung mit einer Anstaltsversorgung. Das muss schwere Kost gewesen sein für einen wie ihn, der sich mit seiner wachsenden Kinderschar irgendwie durchzuhangeln versucht, und offenbar, wie viele andern auch, sein Elend öfters im Alkohol ertränkt. Aber Verarmung galt damals bei den Behörden schnell einmal als selbstverschuldetes Versagen, die Drohung mit Arbeitserziehung in einer Anstalt war gängige Antwort. Mit ihrer Betreibung geraten Anna Maria und ihr Mann Adolf erstmals ins Mahlwerk dieser Armutsverwaltung. Was sie damals nicht wissen können, ist, dass dies erst ein ganz harmloser Anfang davon ist.

Das Loch im Geldbeutel der sechsköpfigen Familie wird mit der Drohung nicht gestopft. Die geschuldeten Rückzahlungsraten belasten den Haushalt, und der Tröster Alkohol bezieht seinen Lohn weiterhin in harter Währung. Man kann den Zins nicht mehr bezahlen, man muss umziehen, mehrmals innert Jahresfrist. Für Anna Maria bleibt kaum Zeit für ein paar Tage im Kindbett.

Denn in den Kissen liegt ihr fünftes Kind. Ein Sohn. Noch ein Hungerleider, wie Anna Maria mit Bedauern denkt. Ihn hätte es – wäre es nach ihrem Willen gegangen – gar nicht geben sollen. Dies erfährt ihr Enkel knapp hundert Jahre später in einem herrschaftlichen Altbau in der Stadt St. Gallen, im modern ausgebauten, mit Sicherheitsbarrieren ausgestatteten Staatsarchiv. Vor sich hat er jenen Stapel von Gerichtsurteilen liegen, den der Staatsarchivar auf seine Nachfrage hin zusammengetragen hat und dessen beachtlicher Umfang den umsichtigen Beamten doch ziemlich erschreckt haben muss. Jedenfalls hat er sich beim im Lesesaal wartenden Nachfahren erst vorsichtig erkundigt, ob dieser bereits etwas wisse vom Leben seiner Grossmutter. Der Enkel antwortet mit einem zögerlichen Nein, beruhigt den besorgten Kollegen jedoch sogleich mit dem Hinweis auf seine eigene Professionalität als Historiker. Er sei sozusagen bereits gewarnt, erklärt er diesem, es gebe einige Indizien, dass da eine schwierige Geschichte in den Akten schlummere, und zudem sei er von seiner Familie so einiges gewohnt. Der Archivar nickt, ein wenig skeptisch, überlässt ihm aber den Aktenstoss. Sieben Urteile, auf grosse A3-Bogen kopiert, im Umfang von bis zu zehn Seiten.

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