Gemäß den Evaluationsstandards (vgl. Sanders 2006) reicht es für ein Evaluationsinstrument, welches auf umfassende Weise dazu beitragen soll, den universitären Fremdsprachenunterricht zu verbessern, nicht aus, wenn dieses nur eine solide theoretische Basis aufweist. Vielmehr muss auch der direkte Praxisbezug hergestellt werden, was bedeutet, dass neben theoretischen Überlegungen auch die am Unterrichtsgeschehen Beteiligten – die Lehrenden und Studierenden – bei der Konzeption miteinbezogen werden müssen. Vereinfacht kann diese Annäherung an das Evaluationsinstrument (KDE) wie folgt skizziert werden:
Abb. 1: Annäherung an die KDE
Der praxisbezogene Aspekt bei der Konzeption der KDE kann aus Gründen des Umfangs im Rahmen dieses Bandes nicht berücksichtigt werden und wird für den jeweiligen Teilaspekt in den folgenden Bänden dargestellt.
1.5.3 Gliederung und Aufbau des Buches
Kapitel 2: Dieses Kapitel versteht sich als Einführung in die Themenbereiche Qualität und Evaluation im Kontext von Hochschulen . Zu Beginn wird dargestellt, welchem Wandel die zentralen Begriffe mit der Zeit unterworfen waren, bevor die Diskussion um Qualitätssicherung auf Basis von Evaluation im universitären Kontext und ganz besonders auch im Fremdsprachenunterricht Einzug gefunden hat. Im Anschluss daran werden zentrale Begriffe wie Norm , Zertifizierung , Rating und andere Termini aus dem Qualitätsmanagement erklärt und zentrale qualitätsoptimierende Verfahren vorgestellt, die im Hochschulkontext eingesetzt werden, um Qualität zu sichern.
Kapitel 3: In diesem Kapitel sollen die wesentlichen Grundzüge der Evaluation bzw. Evaluationsforschung expliziert werden. Nach einer kurzen allgemeinen Einführung in das Thema wird auf die Komplexität des Begriffs Evaluation eingegangen und dessen Abgrenzung von inhaltsähnlichen Begriffen, wie beispielsweise dem Qualitätsmanagement, erklärt. Im Anschluss daran werden zentrale Evaluationsmodelle aus der Evaluationsforschung vorgestellt, die häufig in Lehrveranstaltungsevaluationen Verwendung finden, und ihr potentieller Einsatz im universitären Fremdsprachenunterricht wird diskutiert. Diese Ausführungen sollen im Detail die unterschiedlichen Evaluationsansätze aufzeigen, da diese in der einen oder anderen Form auch bei der KDE zum Einsatz kommen, und außerdem darlegen, welches Potential Evaluation in Bezug auf Qualitätsoptimierung haben kann.
Kapitel 4: Kapitel 4 nähert sich an das zweite Kernthema der Arbeit, Qualität , an und versucht, die unterschiedlichen Aspekte, Dimensionen und Perspektiven zu diesem Begriff zu erörtern, bevor der Versuch unternommen wird, Qualität für den universitären Fremdsprachenunterricht zu definieren. Im Anschluss daran wird expliziert, warum Qualitätsverbesserung mit Hilfe von Evaluation nur erfolgen kann, wenn diese als Bestandteil eines übergeordneten Qualitätsmanagementsystems gesehen wird. Daran anschließend werden Total Quality Management (TQM) und KAIZEN , zwei sehr geeignete Ansätze aus dem Qualitätsmanagement, eingeführt und ihre Anwendung für die Qualitätsverbesserung des universitären Fremdsprachenunterrichts diskutiert.
Kapitel 5: Hier wirft man zu Beginn einen hochschuldidaktischen Blick auf das Lehren und Lernen von Sprachen, bevor im Anschluss daran die Complex Dynamic System Theory vorgestellt wird, die die komplexen Dynamiken beschreibt, die beim Lernen, Lehren und Evaluieren im universitären Fremdsprachenunterricht festgestellt werden können. Im Anschluss daran werden Anforderungen an ein Evaluationsmodell herausgearbeitet, die im Kontext eines komplexen dynamischen Unterrichtsgeschehens notwendig sind, um für dessen Verbesserung relevante Informationen zu generieren. Die Umsetzung durch die KDE wird im Anschluss daran beschrieben.
Kapitel 6: In Kapitel 6 wird zuerst aufgezeigt, wie die für die Optimierung relevanten Daten gesammelt werden und welche Grundfragen dabei zu stellen sind, bevor im Anschluss daran die theoretischen Erkenntnisse der vorangehenden Abschnitte kurz rekapituliert werden, um den theoretischen Entwurf der Komplexen Dynamischen Evaluation auszuführen, die sich aus den Komponenten Vorevaluation , Begleitende Evaluation , Endevaluation und Selektive Evaluation zusammensetzt. Danach wird das Multifaktorielle Modell der Lehrveranstaltungsqualität (Rindermann 2009) skizziert, welches den Lehrerfolg aus dem Zusammenspiel von Dozent, Studierenden und Rahmenbedingungen herleitet und als ein Aspekt bei der theoretischen Grundlage zur Itemsgenerierung der KDE herangezogen wird, bevor das Kapitel mit der Beantwortung der Forschungsfragen endet.
Kapitel 7: Dieser Abschnitt rekapituliert die zentralen Themen der Arbeit erneut und die daraus gewonnen Erkenntnisse werden diskutiert, bevor aufgezeigt wird, welche weiteren Schritte für die Fertigstellung der KDE noch unternommen werden müssen.
2 Qualität, Evaluation, Hochschule
Was aber gut ist, Phaidros, und was nicht -
müssen wir danach erst andere fragen?
(Sokrates)
Die im vorangehenden Zitat durchaus berechtigte und zugleich rhetorische Frage stammt aus Robert M. Pirsigs Buch Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten , welches in seiner Originalfassung1 erstmals 1974 erschien und sich seitdem nicht nur zu einem Welt-Bestseller entwickelte, sondern geradezu den Status eines wahren Kultbuches genießt (vgl. auch Simon 2000:15). In seiner ursprünglichen Form ist diese Aussage jedoch wesentlich älter und stammt aus dem Platon-Dialog Phaidros , in welchem der griechische Philosoph Sokrates und sein Schüler Phaidros unter anderem über das Schöne , das Wahre , das Gute philosophieren. Auf das 21. Jahrhundert umgemünzt, unterhielten sich die beiden an dieser Stelle im Wesentlichen über Qualität und indirekt auch über Evaluation , zwei Begriffe, die – damals wie heute – in enger Verbindung zueinander stehen und in fast allen Bereichen des täglichen Lebens in der einen oder anderen Weise vorkommen – nimmt man dies nun bewusst wahr oder nicht.
Im Alltag bewertet bzw. evaluiert man z.B. die Qualität eines bestimmten Produktes, wie etwa die eines PKWs oder eines Mobiltelefons, spricht über die zusehends sinkende Qualität des Fernsehprogramms, lobt das gute Essen in einem renommierten Restaurant oder entscheidet sich beim Einkauf für einen Qualitäts wein aus einer bestimmten Region. Die Aufzählung solcher Beispiele ließe sich beliebig fortsetzen. Ähnlich verhält es sich mit vergleichbaren Wertungen im universitären Kontext, wenn etwa Lehrpersonen oder Studierende von guten oder schlechten Kursen, nützlichen Lehrmaterialien, ansprechenden Übungen etc. sprechen oder man in der Forschung versucht zu ergründen, was gut er Fremdsprachenunterricht ist bzw. ob – und wenn – wie dieser durch Evaluation ver besser t werden kann.
Für die Beantwortung dieser und anderer zentraler Fragen sind nicht nur die Kapitel 3, 4 und 5 des vorliegenden Buches relevant, in welchen die einzelnen Themenbereiche Qualität, Evaluation und Fremdsprachenunterricht im Detail behandelt werden, sondern auch ein gewisses Kontextwissen, welches die Zusammenhänge zwischen diesen Begriffen herstellt und Qualität und Evaluation in den Rahmen des universitären Fremdsprachenunterrichts einbettet. Dieses Kontextwissen wird im vorliegenden Kapitel aufbereitet.
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