In manchen Sprachen ist Spezifizität eine grammatische Kategorie, die mit bestimmten Ausdrucksformen gekoppelt ist. Zum Beispiel hat das Marokkanisch-Arabische zwei indefinite Artikel: den spezifischen Indefinitartikel wahed-l und den nicht-spezifischen shi . Im Türkischen werden direkte Objekte, die definit oder indefinit spezifisch sind, mit Akkusativ markiert. (von Heusinger 2011:6f.) Dagegen ist Spezifizität im Deutschen und Chinesischen nicht durch morphologische Mittel kodiert und diese Opposition ist eher ein semantisch-pragmatisches Phänomen, das in der Textanalyse schwer operationalisierbar ist. Trotzdem gibt es sprachliche Indikatoren, die auf eine bestimmte Lesart hindeuten, z.B. der deskriptive Gehalt der NP, Erweiterung durch Relativsätze, Topikalisierung und Linksversetzung, There -Konstruktion, bestimmte Determinative oder Adjektive, Numerale usw. (Fodor & Sag 1982, Haspelmath 1997, Stark 2006, von Heusinger 2011). Zur Verdeutlichung der Lesart werden am häufigsten Determinative oder Adjektive hinzugefügt, zum Beispiel bevorzugen die Adjektive certain und particular im Englischen die spezifische Lesart:
Aber es ist anzumerken, dass a certain nicht immer eine spezifische Lesart impliziert:
In 46 hat z.B. die NP a certain woman einen engen Skopus und muss als nicht-spezifisch interpretiert werden. In diesem Fall verehren alle Engländer verschiedene Frauen. Im Deutschen kann die spezifische Lesart durch Ausdrücke wie ein bestimmter näher spezifiziert werden, die nicht-spezifische dagegen durch irgendein oder ein beliebiger (von Heusinger 2002). Im Chinesischen kann die nicht-spezifische Lesart durch das Hinzufügen von suibian/renyi ‚irgend, beliebig‘ verdeutlicht werden.3 Eine weitere Eigenschaft von nicht-spezifischen NPn, die in der Literatur vielfach beschrieben ist, besteht darin, dass sie nicht mit einem anaphorischen Pronomen wieder aufgenommen werden können, außer wenn das Pronomen in einem modalen Kontext steht (Karttunen 1976:374, von Heusinger 1997:127):
Durch diese Eigenschaft unterscheiden sich die nicht-spezifischen NPn von den nicht-referentiellen, die in allen Kontexten für einen anaphorischen Anschluss nicht zugänglich sind.
Der Begriff Generizität wird in der Literatur häufig nicht explizit definiert, sondern durch Beispiele charakterisiert. Die Subjekt-NPn folgender Sätze werden gewöhnlich als generisch bezeichnet (Gerstner-Link & Krifka 1993):
Allquantifizierte NPn sollten nicht als generisch betrachtet werden, weil sie keine Ausnahme zulassen. Wenn auch nur eine Kartoffel kein Vitamin C enthält, ist 49a immer noch wahr, 49b dagegen falsch.
In Krifka et al. 1995 wird zwischen zwei Phänomen von NPn unterschieden, die als generisch bezeichnet werden, nämlich generische NPn (auch artreferierende NPn) (48a, c-f) und generische Sätze (auch charakterisierende Sätze) (48b). Generische NPn referieren auf Arten und werden den NPn gegenübergestellt, die auf Objekte referieren (objektreferierenden NPn).
Generische Sätze treffen allgemeingültige Aussagen über Entitäten oder Situationen, wobei sich die Generizität aus dem Satz ergibt, nicht aber aus einer NP in ihm. Der Gegensatz von generischen Sätzen sind partikuläre Sätze, die Aussagen über spezielle Ereignisse, über Eigenschaften bestimmter Objekte usw. machen.
Außerdem ist zu bemerken, dass artreferierende NPn in charakterisierenden Sätzen auftreten können, z.B. 50a. Dabei drückt der Satz Regelmäßigkeiten aus, die für eine bestimmte Art gelten. Im Folgenden werden einige Tests vorgestellt, die dazu dienen, artreferierende NPn von objektreferierenden sowie charakterisierende Sätze von partikulären zu unterscheiden.
2.3.1 Generische NPn und generische Sätze
2.3.1.1 Artreferierende NPn
Nach Krifka et al. (1995) charakterisieren sich artenreferierende NPn vor allem durch zwei Eigenschaften: Zum einen sind nur artreferierende NPn mit Klassenprädikaten kompatibel, zu denen folgende Verben oder Verbalkomplexe gehören:
Argument-NPn von Prädikaten in 52a müssen auf Arten referieren, während die von Prädikaten in 52b eine artreferierende Interpretation bevorzugen.
Aus 53 ist ersichtlich, dass NPn mit definitem Artikel im Singular (53a), artikellose NPn im Plural und im Singular (53b und c) mit be extinct kompatibel sind, während NPn mit indefinitem Artikel im Singular nicht akzeptabel (53d) sind, außer wenn sie sich auf eine Unterart beziehen (53e). Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass artikellose Plurale ambig sind: Sie können auf Arten referieren, aber die definite Form the lion ist bevorzugt. Oft werden sie als objektreferierend analysiert. Zum anderen müssen artreferierende NPn semantisch mit einer konzeptuell bereits etablierten Gattung verbunden sein, auf die sie referieren:
Dass die NP the green bottle in 54b nur als objektreferierend interpretiert werden kann, lässt sich dadurch erklären, dass es für Cola-Flaschen eine bereits etablierte Gattung gibt, für grüne Flaschen jedoch nicht. Außerdem lässt sich mit diesem Test zeigen, dass artikellose NPn auch eine objektreferierende Lesart haben können, auch wenn sie in charakterisierenden Sätzen stehen. In 53b, c sind sie artreferierend, in 55b, c dagegen objektreferierend:
Zusammenfassend ist festzustellen, dass NPn mit indefinitem Artikel immer auf Objekte referieren, außer wenn sie taxonomisch verwendet werden. Artikellose NPn sind ambig zwischen der generischen und der objektreferierenden Lesart.
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