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Der zeitliche Geltungsbereich bestimmt, in welchem zeitlichen Umfang die Normen des Tarifvertrages Anwendung finden sollen.
Der Beginn der Tarifgeltung tritt mit Unterzeichnung, nicht erst mit Veröffentlichung, ein, §§ 1 Abs. 2 TVG; 126 BGB.
Das Ende der normativen Wirkung eines Tarifvertrages bestimmt sich entsprechend der vertraglichen Vereinbarung.
Wurde ein befristeter Tarifvertrag geschlossen, endet dieser durch Zeitablauf (auflösende Befristung). Eine vorzeitige ordentliche Kündigung ist nur bei entsprechender Vereinbarung möglich. Wurde der Tarifvertrag stattdessen auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, ist grds. eine ordentliche Kündigung möglich. Enthält der Tarifvertrag keine Kündigungsfrist, ist er analog § 77 Abs. 5 BetrVG mit einer Frist von drei Monaten kündbar.
Um den Vertragsinhaltsschutz sicherzustellen und den Zeitraum bis zu einem neuen Tarifvertrag zu überbrücken, gelten die Rechtsnormen nach Ablauf eines Tarifvertrages weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden, sog. Nachwirkung. Ein rechtsloser Zustand und inhaltsleeres Arbeitsverhältnis wird so vermieden.
Der TVöD/TV-L gilt für Arbeitsverhältnisse, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bestanden oder danach neu abgeschlossen wurden.
Die Laufzeit des TVöD/TV-L ist unbefristet abgeschlossen worden. Die vereinbarte Kündigungsfrist beträgt gem. § 39 Abs. 2 drei Monate zum Schluss eines Kalenderjahres, wobei die Mindestlaufzeit bis zum 31.12.2009 festgesetzt wurde.
Einzelne tarifvertragliche Regelungen waren bereits zu früheren Zeitpunkten, überwiegend zum 31.12.2007 kündbar; im Einzelnen sind die entsprechenden Regelungen in § 39 Abs. 4 TVöD aufgeführt.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass neue Tarifverträge wie einzelne neue tarifvertragliche Normen sowohl die nach als auch vor ihnen abgeschlossenen Arbeitsverträge als Folge der Tarifautomatik erfassen.
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1 Wer ist nach der allgemeinen Definition Arbeitnehmer?
2 Wodurch unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis vom Dienstvertrag?
3 Welche vier verschiedenen Regelungsbereiche haben sich innerhalb des Arbeitsrechts entwickelt?
4 Wodurch unterscheidet sich das Individualarbeitsrecht vom Kollektivarbeitsrecht?
5 Was ist der Nachteil der derzeitigen Ausgestaltung des deutschen Arbeitsrechts?
6 Geben Sie überblicksartig die Arten der arbeitsrechtlichen Rechtsquellen wieder!
7 Können die Normen des Grundgesetzes im Arbeitsverhältnis zur Anwendung gelangen?
8 Was versteht man unter einseitig zwingendem Gesetzesrecht?
9 Was versteht man unter „Direktions- oder Weisungsrecht“ des Arbeitgebers? Benennen Sie die rechtliche Grundlage!
10 Was bedeutet „Rangprinzip“? Was bedeutet „Günstigkeitsprinzip“?
11 Wie wird das Verhältnis der Rechtsquellen bei Konkurrenzen auf derselben Rangstufe geregelt?
12 Anhand welcher Methode wird festgestellt, ob eine Bestimmung für den Arbeitnehmer günstig oder ungünstig ist. Erläutern Sie diese Methode!
13 Was versteht man unter Tarifgebundenheit?
14 Können die Regelungen eines Tarifvertrags auch ohne Vorliegen der beiderseitigen Tarifbindung zur Anwendung gelangen?
15 Erläutern Sie die „Rechtsnatur“ eines Tarifvertrags?
16 Was regelt der schuldrechtliche Teil eines Tarifvertrags?
17 Was regelt der normative Teil eines Tarifvertrags?
18 Wodurch unterscheiden sich der normative und der schuldrechtliche Teil eines Tarifvertrags?
19 Wie wirkt sich der normative Teil eines Tarifvertrags auf die ihm unterfallenden Arbeitsverhältnisse aus?
20 Wer ist Tarifvertragspartei des TVöD für den Bundesbereich?
21 Welche Arbeitsvertragsparteien werden vom Geltungsbereich des TVöD unmittelbar erfasst?
Kapitel BArbeitsverhältnis
I.Grundfragen zum Abschluss des Arbeitsverhältnisses
1.Allgemeines: Beschäftigte im öffentlichen Dienst
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Die Organisation, Verwaltung sowie die Bewältigung aller damit zusammenhängenden öffentlichen Aufgabenobliegt den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Dabei werden diese Aufgaben sowohl von Beamten als auch von Arbeitnehmern bewältigt. Die Dualität des öffentlichen Dienstes ist dabei schon grundgesetzlich verankert. Nach Art. 33 Abs. 4 GG ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Beamtenzu übertragen. Daraus ist jedoch gleichzeitig zu entnehmen, dass im öffentlichen Dienst neben den Beamten auch Arbeitnehmer tätig sind.
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Beide Statusgruppenarbeiten in der Regel eng und vielfach unter gleichen Bedingungen zusammen. Häufig erledigen sie einzeln für sich oder in Teamwork gleiche Aufgabengebiete, sodass aus rein natürlichem Blickfeld die jeweils anders gearteten Rechtsgrundlagen unterliegenden verschiedenen Beschäftigungsverhältnisse als solche, ohne hiermit Art. 33 Abs. 4 GG einschränken zu wollen, zunächst nicht zu unterscheiden sind. Dass dies in Teilen auch problematisch ist, soll dabei nicht verschwiegen werden. Führt dies doch dazu, dass diese Zweiteilung dann hinterfragt werden kann, wenn die Unterschiede zwischen den Statusgruppen zunehmend verwischen.
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Die anfallenden Arbeiten sind nach Art und Inhalt vielfältig. Sie erstrecken sich von einfachen Tätigkeiten ohne Ausbildungserfordernis bis hin zu einer Vielzahl von Berufen, deren Ausübung im Regelfall einen erfolgreichen Hochschulabschluss, zumindest aber gleichwertige Kenntnisse erforderlich machen. Angefangen von den verschiedensten Tätigkeiten im „reinen“ Verwaltungsdienst über die große Vielzahl technischer bis hin zu medizinischen Berufen sind im öffentlichen Dienst nahezu alle Berufsbilder in mannigfaltigen Erscheinungsformen unter teilweise unterschiedlichsten praktischen Arbeitsbedingungen vertreten.
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Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers unterscheidet sich jedoch schon vom Zustandekommen her wesentlich vom Dienstverhältnis des Beamten. Während der Beamte durch Ernennung– Verwaltungsakt auf Unterwerfung – in ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis berufen wird, kommt das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers durch Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages – Arbeitsvertrag–zustande.
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Das Arbeitsverhältniswird durch den Arbeitsvertragbegründet. Aus ihm ergeben sich für die vertragschließenden Parteien also den Arbeitgeberund den Arbeitnehmer,eine Vielzahl gegenseitiger Rechte und Pflichten. Dabei ist der Arbeitsvertrag nunmehr seit dem 1.4.2017 auch ausdrücklich im Gesetz in § 611a BGBdefiniert und geregelt. Der Arbeitsvertrag ist ein privatrechtlicher, schuldrechtlicher, gegenseitiger Austauschvertrag, durch den sich der Arbeitnehmer zur Leistung abhängiger Arbeit und der Arbeitgeber zur Zahlung einer Arbeitsvergütung verpflichtet (§ 611a Abs. 1 BGB). Geht es um die Beschäftigung im öffentlichen Dienst, so sind Besonderheiten zu berücksichtigen. Insbesondere geht es dabei darum, dass das Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst in den meisten Fällen durch die Tarifverträge,also soweit es um Beschäftigte des Bundes und der Kommunen geht, durch den TVöD bzw. für die Länder durch den TV-L, geprägt wird. Dies führt in der Praxis dazu, dass nahezu ausschließlich Vertragsmuster verwendet werden, die nur wenig Spielraum für eigene Regelungen enthalten und auf den Tarifvertrag verweisen.
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