Es ist also eher die Dauer einer körperlichen Aktivität als die Intensität, die sich darauf auswirkt, wie viel Energie verbraucht wird. Als Extrembeispiele seien Ranulph Fiennes und Mike Stroud genannt, die die Antarktis überquerten, dafür bis zu 14 Stunden täglich schwer beladene Schlitten über Berge und Gletscherspalten zogen und dabei Schätzungen zufolge täglich 11 500 Kalorien verbrannten! Trotz ihrer in gewisser Weise masochistischen Ader wären Fiennes und Stroud nicht in der Lage gewesen, auch nur annähernd ähnliche Mengen in kürzeren intensiven Trainingseinheiten zu verbrennen.
Abbildung 2.4: Anzahl der an einem Samstagvormittag verbrannten Kalorien und der Grund, warum Fred nicht abnahm.
Wenn es Ihr Ziel ist, nicht zuzunehmen, ist eine mehrstündige Aktivität mittlerer Intensität wirksamer als ein kurzes intensives Training im Sportstudio. Sie müssen nicht schweißtreibend trainieren – wenn es allerdings Ihr Ziel ist, Ihre Herzfunktion und Fitness maximal zu verbessern, dann sind zusätzliche intensive Trainingseinheiten wichtig. Ratschläge von Fitnessexperten oder Ärzten verweisen tendenziell nicht auf den wichtigen Unterschied, der zwischen den ganz verschiedenen Zielsetzungen von kardiovaskulärer Fitness und Gewichtsregulierung besteht. Durch seine Squash-Runden ist Freds Herz wahrscheinlich besser in Form als Bills – aber das war ja nicht sein Ziel. Er begann wieder zu spielen, weil er ein paar Kilos verlieren wollte.
Nicht weiter zuzunehmen, ist wohl eines der größten Probleme unserer heutigen Gesellschaft – und eines, bei dem eine Veränderung der Verkehrspolitik beispielsweise hilfreich sein könnte, indem sie die Menschen dabei unterstützt, wieder aktiver zu werden und mehr zu laufen oder mit dem Rad zu fahren. Flankiert werden könnte das von entsprechenden gesetzlichen Maßnahmen in der Ernährungspolitik. Doch eine Gewichtszunahme zu vermeiden, ist nicht dasselbe wie Gewicht abzunehmen. Übermäßiges Fett loszuwerden, das sich über einen langen Zeitraum angesammelt hat, erfordert einen anderen Ansatz, wie wir noch sehen werden.
Einstweilen möge der Hinweis genügen, dass heute das Gleichgewicht zwischen der bei einem Training verbrannten Energie – welche Art von Aktivität das bei Ihnen auch sein mag – und der Energie, die über die Ernährung zugeführt wird, ganz und gar nicht stimmt. Und für Menschen, die abnehmen wollen, muss die Einschränkung bei der Nahrungsaufnahme sowie bei kalorienhaltigen Getränken an allererster Stelle stehen.
Sparen für schlechte Zeiten
Im Laufe unserer langen Entwicklung mussten wir Menschen mit häufigen Perioden von Nahrungsknappheit zurechtkommen. Wir mussten Zeiten von Missernten oder Pechsträhnen bei der Jagd überleben. Infolgedessen haben wir sehr kluge Mechanismen zur Speicherung von Nahrungsenergie entwickelt.
Wir beziehen unsere gesamte Energie aus dem, was wir essen oder trinken. Das ist zwar eine Binsenweisheit, doch sie eignet sich gut als Ausgangspunkt, um sich mit der Lebensenergie zu befassen. Nachdem die Nahrung verzehrt ist, wird sie durch die Verdauung zu einfacheren Stoffen abgebaut. Die Leber ist eine Fabrik, die verwertbare Formen daraus herstellt. Es gibt nur wenige Quellen von Nahrungskalorien: Fett, Protein und Alkohol. Der Weg von Ihrem Teller in Ihren Körper funktioniert folgendermaßen:
• Kohlenhydrate: Kartoffeln, Nudeln, Reis, Brot und alle Zuckerarten werden zu Glukose abgebaut.
• Fett: Butter, Öle, Milch und Milchprodukte, Fett im Fleisch werden zu einfacheren Fetten abgebaut.
• Protein: Fleisch, Linsen, Nüsse, Milch und Milchprodukte werden zu den Grundbausteinen (den Aminosäuren) abgebaut und für Muskeln und andere Gewebe verwendet. Jeder Überschuss wird in Glukose umgewandelt.
• Alkohol: wird abgebaut und als Fett gespeichert.
Wenn Sie nochmal einen Blick auf die Liste werfen, können Sie feststellen, dass Ihre gesamte Nahrung entweder zu Glukose oder zu Fett umgewandelt wird. Und diese „Treibstoffe“ sind die Quelle der gesamten Energie für Ihren Körper.
Jetzt können Sie Ihren Teller also in einem ganz neuen Licht betrachten. Kohlenhydrate sind im Endeffekt Zucker, und Fett ist Fett. Glukose kann als Glykogen in der Leber sowie in Muskeln und Fett unter der Haut (Unterhautfettgewebe) gespeichert werden. Jedes überschüssige Protein wird zu Glukose. Entgegen der landläufigen, durch die Werbung für Proteine als Nahrungsergänzungen geförderten Meinung, führt eine übermäßige Proteinzufuhr nicht zur Bildung von großen Muskelpaketen. Produkte mit exotisch klingenden Bezeichnungen wie „verzweigtkettige“ Aminosäuren oder Rinderprotein beflügeln nichts weiter als das Wunschdenken. Aminosäuren sind lediglich die Grundbausteine für Proteine. Sind sie im Übermaß vorhanden, trennt der Körper die Atome, durch die sie sich voneinander unterscheiden, kurzerhand ab und ihre Kohlenstoffgerüste wandern in den Pool zur Umwandlung in Glukose.
Und was geschieht mit dem Alkohol – hierbei handelt es sich doch sicherlich um einen speziellen „Treibstoff“? Ganz und gar nicht. Alkohol ist im Wesentlichen flüssiges Fett. Er enthält fast so viel Energie wie Fett – sieben Kalorien pro Gramm, im Vergleich zu neun Kalorien, die in jedem Gramm Fett enthalten sind. Die Leber entfernt die speziellen Atome, durch die sich der Alkohol als solcher auszeichnet, und er wird einfach verbrannt oder als Fett gespeichert.
Was also die Energiespeicherung im Körper und den Energieverbrauch betrifft, sprechen wir nur von Glukose und Fett. Darin zeigt sich die wunderbare Sparsamkeit der Natur.
DER ENERGIESTOFFWECHSEL IST EINFACH
• Der Körper verbrennt nur zwei „Treibstoffe“ zur Energiegewinnung – Glukose und Fett. Beide können gespeichert und bei Bedarf genutzt werden.
• Protein wird zu den Bausteinen abgebaut, die der Körper für das Wachstum und zur Instandhaltung braucht. Doch in der westlichen Welt neigen wir dazu, mehr Protein als benötigt zu verzehren, und jeder Überschuss wird vom Körper in Glukose umgewandelt.
• Alkohol? Da der Körper immer effizient arbeitet, baut er Alkohol einfach ab und verbrennt ihn, als handele es sich um Fett.
• Der Stoffwechsel ist nichts anderes als die koordinierte Handhabung von Glukose und Fett.
Energiespeicherung in Form von Glukose
Die Speicherung von Glukose ist kompliziert. Sie zieht Wasser an, daher würden Gewebe, die Glukose speichern, schnell anschwellen und geschädigt werden. Aus diesem Grund hat der Körper eine unglaubliche Notlösung entwickelt. Durch Verknüpfen der Glukosemoleküle zu einer Kette oder, fachsprachlich, einem Polymer (ungefähr wie eine Perlenschnur), werden sie unbeweglich und können zur Nutzung bereitgehalten werden, ohne dass lokale Probleme entstehen. Die Glukose kann kein Wasser mehr anziehen und problemlos in Muskel- oder Leberzellen gespeichert werden. Diese konzentrierte Form von Glukose ist als Glykogen bekannt.
In Zusammenhang mit Langstreckenläufen steht Glykogen sehr oft im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit. Bei den Nudelpartys vor Marathonläufen geht es nur um die Versorgung mit viel Glykogen, also darum, große Mengen Kohlenhydrate zu sich zu nehmen und den „Tank“ bis zum Rand aufzufüllen. Im täglichen Leben besteht die Aufgabe der Glykogenspeicher jedoch darin, den Körper nach den Mahlzeiten darin zu unterstützen, dass der Blutzuckerspiegel unter Kontrolle bleibt. Und so funktioniert das: Nach dem Essen steigt der Blutzuckerspiegel und der Körper beginnt, die aus dem Blut aufgenommene Glukose zu entfernen und als Glykogen in Leber und Muskeln zu speichern. In der Nacht kann er diese Glukosespeicher nutzen; die Leber gibt Tag und Nacht in aller Stille genau die richtige Menge Glukose an das Blut ab, damit der ganze Körper – in jeder Minute – mit Energie versorgt wird, egal, ob Sie etwas essen oder nicht.
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